Offenbarung 2,11
Andachten
Eine dreifache Bedeutung liegt wohl in dem: „Wer überwindet“, das wir am Schluss von jedem der sieben Sendschreiben finden: 1. eine Mahnung; 2. eine Ermutigung; 3. eine Verheißung.
1. Eine Mahnung. Mit diesem „wer überwindet“ ist nicht nur gemeint eine Überwindung der Sünde und der Welt im allgemeinen Sinn. Es soll nicht den Gegensatz bezeichnen zu dem früheren Weltleben, denn es richtet sich ja an die Gemeinde des Herrn. Es richtet sich an einzelne in der Gemeinde. Überwinder ist, wer die Trägheit, Gleichgültigkeit, das Abweichen und Zurückbleiben in den Gemeinden überwindet, wer da, wo andre hängen- und stehengeblieben sind, durchbricht, wer trotz aller Veräußerlichung um sich her in den göttlichen Linien bleibt und dem göttlichen Ziel zueilt, wer nicht wie Orpa umkehrt, wenn sie von Bitterkeit und Entsagung hört, sondern wie Ruth durchbricht und ihr Leben wagt (Ruth 1,6-14). Der erste und engste Kreis, wo wir Überwinder werden sollen, ist nächst der Familie die Gemeinde, der wir angehören und die ja auch nur eine Familie ist im weitem Sinn des Wortes. In der Familie, Mann gegen Frau und Frau gegen Mann, gab es die erste Niederlage, und hier ist auch der Platz, wo der Überwinder die erste Probe machen muss; hier sollen die Überwinder erzogen und gebildet werden. Manche verlassen den Familienkreis, weil der Übungen hier so viele sind und weil ihnen dieselben so alltäglich und wertlos erscheinen, und treten in den Missionskreis, um dort in den Linien der Überwinder zu kämpfen; andre verlassen ihren Gemeindekreis und schließen sich einem andern an, in der Meinung, dort eher ein Überwinder werden zu können. Aber das ist nicht der Weg, auf dem man ein Überwinder wird. Der Herr hat die Treuen nicht aus der Gemeinde weggerufen, sondern sie ermahnt, da ein Überwinder zu werden, wo sie stehen. Erst wenn wir uns in dem engen Kreis der Familie, der Gemeinde ausgewiesen haben als Überwinder, kann uns der Herr in weitere Kreise führen. Mancher will ein „Zeuge“ sein, bevor er ein „Zeugnis“ gewesen ist. Die Art und Weise aber, wie Gott seine Zeugen bereitet, ist, erst ein Zeugnis, dann ein Zeuge.
2. Eine Ermutigung. Gewiss muss dieses Wort noch mehr sagen als bloß die Hindernisse überwinden, an welchen andre in der Gemeinde hängengeblieben sind; denn diese Aufforderung wird von dem Herrn ja auch an diejenigen Gemeinden gerichtet, für die der Herr keinen Tadel, sondern nur Lob und Ermutigung hat. Hier muss es also heißen: Wer vorwärts schreitet, wer Schritt hält mit dem Geist, wer bis zum Ziel durchdringt. Denn wenn wir auch momentan so stehen würden, dass der Herr nichts an uns zu tadeln hätte, wenn er auch nicht als der Strafende und Korrigierende vor uns stehen müsste, so steht er doch allezeit vor uns als der Winkende, der uns winkt, dem Ziel zuzueilen, ihm nachzukommen. Denn wir sind ja doch auf keiner Linie bis zum letzten Punkt gekommen. Es ist noch nicht erfüllt an uns, was von den Überwindern geschrieben steht (Off. 12, 11): „Sie haben ihn (den Satan) überwunden.“ Der Mensch wurde geschaffen und in das Paradies gesetzt, um ein Überwinder des Satans zu sein, um das Böse, das schon vor dem Menschen auf der Erde war, zu verdrängen. Der Mensch sollte der Rivale des Satans sein. Aber statt dessen ist er unter die Herrschaft des Satans gekommen, bis Christus kam, der uns aus der Obrigkeit der Finsternis und aus der Gewalt Satans befreite und kraft seines Blutes uns wieder zu Königen und Priestern gemacht hat, die über die Erde herrschen. Denn es muss ein Augenblick kommen, wo die Überwinder kraft des Blutes des Lammes den Satan verdrängen werden aus seinen bis jetzt behaupteten Stellungen.
3. Eine Verheißung. Auch will der Herr durch dieses: „Wer überwindet!“ eine neue Disposition schaffen in uns für größere Segnungen. Er sagt: „Wer überwindet, dem will ich geben. .. den will ich machen. .. den will ich kleiden. .. den will ich setzen usw. Jedes neue Überwinden schafft in uns eine Disposition, bringt uns auf einen Boden, wo wir neue und größere Segnungen empfangen können. Die in gegenwärtigen, geringen Dingen sich ausgewiesen haben als solche, die Geduld und Tragkraft haben, die will er zur Säule machen in seines Gottes Haus. Hier geht es nach dem Grundsatz „Gnade für Gnade“ (Joh. 1, 16), d. h. wir empfangen eine Gnade, leben sie aus und bringen sie zurück und empfangen dafür eine weitere und tiefere Gnade. Und so muss es auch sein. Wir können ja nicht Kinder bleiben, sondern sollen Überwinder werden, wie auch die Offenbarung, das letzte Buch der Bibel, uns nicht mehr „Kinder“, sondern „Überwinder“ nennt. (Georg Steinberger)
Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem andren Tode.
Den ersten Tod müssen wir erdulden, falls nicht der Herr plötzlich zu Seinem Tempel kommen sollte. Lasst uns in Bereitschaft bleiben und ihn ohne Furcht erwarten, da Jesus den Tod aus einer finsteren Höhle in einen Durchgang zur Herrlichkeit verwandelt hat.
Das, was zu fürchten ist, ist nicht der erste, sondern der zweite Tod; nicht das Scheiden der Seele vom Körper, sondern die endgültige Trennung des ganzen Menschen von Gott. Dies ist der wahre Tod. Dieser Tod tötet Frieden, Freude, Glück und Hoffnung. Wenn Gott geschwunden ist, so ist alles geschwunden. Solch ein Tod ist weit schlimmer als aufhören zu sein: er ist Dasein ohne das Leben, das doch erst das Dasein lebenswert macht.
Nun, wenn wir durch Gottes Gnade bis zum Ende streiten und überwinden in dem glorreichen Kampf, so kann kein zweiter Tod seinen kalten Finger auf uns legen. Wir werden keine Furcht vor Tod und Hölle haben, denn wir sollen die ewige Krone des Lebens empfangen. Wie stählt uns dies für den Streit! Das ewige Leben ist des Kampfes eines ganzen Lebens würdig. Dem Leid des zweiten Todes entgehen ist etwas, das wert ist, eine Lebenszeit hindurch darum zu ringen.
Herr, gib uns Glauben, auf dass wir überwinden, und dann gewähre uns Gnade, unverletzt zu bleiben, ob Sünde und Satan auch unseren Fersen folgen! (Charles Haddon Spurgeon)
Wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem andern Tod.
Sei getreu bis an den Tod, sagte der HErr V. 10. zu dem Bischof zu Smyrna, so will Ich dir die Krone des Lebens geben. Die Treue des Bischofs sollte also unbeweglich bleiben, wenn er auch den Tod darüber leiden müsste. Er sollte bei derselben nichts fürchten, das er leiden würde, und sich durch nicht zum Rückfall bewegen lassen, wenn es auch der Tod wäre. Würde er diese Treue beweisen, so wolle ihm der HErr die Krone des Lebens geben als einen überschwänglichen Ersatz des schmählichen Todes, den er habe leiden müssen. Warum heißt aber diese Krone eine Krone des Lebens? Darum, weil derjenige, dem sie gegeben wird, mit derselben das Recht ewiglich zu leben empfängt. Eben dieses Recht empfängt auch ein jeder Überwinder; denn Christus sagte: wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem andern Tod. Der sel. Dr. Bengel sagt bei diesen Worten in den Reden über die Offenbarung Johannis, S. 81.82., Folgendes: „der zweite Tod ist der Feuersee, in welchen diejenigen geworfen werden, die nicht im Buch des Lebens stehen“ Off. 20,14.15. Es ist um den Tod selbst, wie er insgemein genannt wird, und den man im Gegensatz gegen den zweiten Tod den ersten nennen möchte, schon etwas Fürchterliches, wenn ein Mensch, der in seinem Leben so vielerlei muntere, anständige Dinge ausgerichtet hat, endlich dahinfällt, dass der Leib starr, kalt und blass daliegt, ohne sinnen und Regung, wie ein Stück Holz oder Stein, und noch dazu in die Verwesung eilet, dass über eine Weile Staub und Knochen überbleiben. Dieses ist eine grausame Zerstörung, aber es kommt in keine Vergleichung gegen den zweiten Tod, der ein unaussprechlicher Jammer ist, ohne Leben, ohne Kraft, ohne Erquickung in einer schrecklichen Qual. Dieser zweite Tod hat keine Macht über die Genossen der ersten Auferstehung, Kap. 20,6., und er hat zwar auch keine Macht über diejenigen, die hernach noch am jüngsten Tag im Buch des Lebens geschrieben erfunden werden, aber bei diesen wird solches viel später bekannt, und bei jenen kommt ihre Freiheit vom zweiten Tod gar bald heraus.
Der Überwindende, sagt Christus, wird nicht beleidigt werden von dem zweiten Tod. Derjenige wird beleidigt, der ein Recht hat an etwas, das gut ist, und dem doch dass entgegengesetzte Übel zugefügt wird. Wer nun überwinden soll, muss gerechtfertigt sein, und diese Rechtfertigung wird Röm. 5,18. eine Rechtfertigung des Lebens genannt, weil man dadurch ein Recht bekommt ewiglich zu leben, wie die Heilige Schrift vielmal bezeugt. Wenn nun ein Gerechtfertigter von dem zweiten Tod sollte verschlungen werden, so würde dieser Tod ihn beleidigen, und dieses wird Gott, der bei der Rechtfertigung den Ausspruch getan hat: du sollst nicht sterben, sondern leben, nach Seiner Barmherzigkeit und Treue nicht zugeben.
Weil nach Offenb. 21,8. die Verzagten und Ungläubigen und Gräulichen und Totschläger und Hurer und Zauberer und Abgöttischen und alle Lügner unter die Gewalt des zweiten Todes kommen, so kann ein Jeder daraus erkennen, was er zu überwinden habe, wenn er ihm entrinnen soll. Jesu, hilf siegen! (Magnus Friedrich Roos)