Kolosser 3,4
Andachten
Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit Ihm in der Herrlichkeit.
Das ist der Christen Trost in diesem Leben auf Erden, da sie wohl hören von Christo, und Ihn im Glauben fassen; aber dagegen nach ihrem Fühlen und vor der Welt das Widerspiel scheinet, da sie müssen mit der Sünde und ihrer eigenen Schwachheit kämpfen, dazu allerlei Trübsal und Unglück unterworfen, dass sie nicht viel Lebens und Freude finden und fühlen, wie sie gerne wollten, sondern vielmehr Tods und Schrecken. Aber dagegen tröstet sie Paulus und zeigt, wo sie ihr Leben suchen und gewiss ergreifen sollen. Seid getrost (will er sagen), denn ihr seid ja gestorben diesem irdischen Leben, des müsst ihr euch versehen: aber ihr habt hiermit einen köstlichen Wechsel getan. Denn das ist ein herrliches, seliges Sterben, dafür ihr gar viel ein besseres Leben erlangt; denn ihr seid nun durch den Tod Christi erlöst von der Sünde und ewigen Tod, und ist euch geschenkt eine unvergängliche, ewige Herrlichkeit. Aber solch Leben habt ihr noch nicht in euch selbst durchs Fühlen, sondern in Christo durch den Glauben. Und heißt also, Christus euer Leben, das in euch selbst noch nicht offenbar, aber in Ihm gewiss ist, und also versichert, dass es auch Niemand nehmen kann, also dass ihr durch den Glauben seines Lebens auch müsst erhalten werden und den Sieg behalten wider der Sünde, des Todes und des Teufels Schrecken und Plagen, so lange, bis solch Leben auch an und in euch offenbar werde. Denn gewiss habt ihrs in Christo, und fehlet nichts mehr daran, denn dass die Decke, darunter es noch verborgen ist (weil ihr in diesem sterblichen Fleisch und Blut lebt), hinweggetan werde und sich offenbare; so wird denn alles weltliche, irdische Wesen, Sünde und Tod aufhören, und eitel Herrlichkeit in allen Christen sein. Darum sollen die Christen, so da glauben und wissen, dass Christus auferstanden ist, sich des trösten und danach warten, dass sie samt Ihm in ewiger Herrlichkeit leben sollen, so sie anders zuvor auch mit Ihm der Welt gestorben sind. (Martin Luther)
“Christus, euer Leben.“
Pauli, des Apostels, so wunderbar reicher, inhaltsvoller Ausdruck zeigt, dass Christus die Quelle unsers Lebens ist. „Da wir tot waren in den Sünden, hat Er uns samt Christo lebendig gemacht.“ Dieselbe Stimme, die den Lazarus aus dem Grabe zurückrief, hat uns auferwecket zur Erneuerung des Lebens. Es ist nun der Inhalt unsers geistlichen Lebens. Durch sein Leben haben wir das Leben; Er ist in uns die Hoffnung der Herrlichkeit, der Quell unsrer Taten, der Grundgedanke, der jeden andern Gedanken erregt und bewegt. Christus ist die Erhaltung unsers Lebens. Wovon anders kann der Christ leben, als von dem Fleisch und Blut Jesu? „Dies ist das Brot, das vom Himmel gekommen ist; wer dies Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.“ „O, ihr müden Pilger in der Wüste der Sünde, ihr erlangt nie einen Bissen, der den Hunger eurer Geister zu sättigen imstande ist, es sei denn, ihr findet ihn in Ihm!“ Christus ist der Trost unsers Lebens. Alle unsre wahrhaftigen Freuden gehen von Ihm aus; und in Zeiten der Trübsal ist seine Gegenwart unser Trost. Nichts verdient so, wie Er, die Hingabe und Widmung aller Kräfte unsers Lebens; und seine Güte ist besser, denn Leben! Christus ist das Ziel unsers Lebens. Gleichwie ein Schiff dem Hafen zueilt, so eilt der Gläubige dem Hafen im Busen seines Heilandes entgegen. Gleichwie der Pfeil dem schwarzen Kreis der Scheibe entgegenfliegt, so fliegt der Christ der Vollendung seiner Gemeinschaft mit Christo Jesu entgegen. Gleichwie der Krieger für seinen Feldherrn kämpft, und durch des Feldherrn Sieg selbst mit verherrlicht wird, so streitet der Gläubige für Christum, und pflückt seinen Triumph aus dem Siegeskranz seines Meisters und Herrn. „Christus ist sein Leben.“ Christus ist das Vorbild unsers Lebens. Wo dasselbe Leben in uns wohnt, da ist immer notwendig auch, zum großen Teil wenigstens, dieselbe Entwicklung des sichtbaren Wandels vorhanden; und wenn wir in inniger Gemeinschaft mit dem Herrn Jesu leben, so müssen wir auch zunehmen, wie Er. Wir müssen Ihn als unser erhabenes Vorbild, als unser göttliches Ebenbild, uns vor Augen halten, und wir müssen danach trachten, dass wir in seine Fußstapfen treten, bis dass Er endlich in der ewigen Herrlichkeit die Krone unsers Lebens wird. O, wie geborgen, wie geehrt, wie glückselig sind wir Christen, weil Christus unser Leben ist! (Charles Haddon Spurgeon)
“Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in der Herrlichkeit.“
Jetzt ist Christus verborgen; trotz aller Predigt von ihm, trotz seiner Taten in der Inneren und Äußeren Mission, trotz seiner Segnungen unserer Seele im Glauben - er ist für die Welt so verborgen, dass man ihn den Ungläubigen nicht zeigen kann. Und mit ihm ist unser Bestes, das Werk und die Krone unseres Christentums, verborgen. Im trauten Gemeinschaftskreise, im Kämmerlein, da glänzen die Perlen; draußen in der rauen Luft der Kritik sind sie unscheinbar. Das ist uns oft bitter, ja eine Anfechtung unseres Glaubens, solange wir noch kein durch Erfahrung fest gewordenes Herz bekommen haben. Denn er kann uns heimlich entschädigen für das, was wir draußen entbehren oder ausstehen müssen um seiner Verborgenheit willen. Außerdem tritt hier die Hoffnung in ihr Recht. Es ist noch eine große Offenbarung Christi in Herrlichkeit bereit, die alle Welt soll sehen und erleben müssen. Dann wird Christus gerechtfertigt dastehen vor jedermann. Damit wird auch unsere Liebe zu ihm gerechtfertigt und erklärt sein, so dass alle die, welche uns jetzt für Narren halten, im tiefsten Innern überführt sein werden, dass wir recht hatten und sie zu ihrem ewigen Schaden unrecht. Also warten wir, glauben wir, lieben wir, hoffen wir weiter!
Dazu aber, Herr Jesus, stärke unsere geheimen Beziehungen zu dir. Je mehr uns im öffentlichen Leben von Wundern und Zeichen fehlt, desto mehr Liebes- und Lebensbeweise senke heimlich in unser Beten und Hoffen hinein. Amen. (Samuel Keller)
Wenn aber Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in der Herrlichkeit.
Die Stillen im Lande nennt man gewöhnlich die, welche ein mit Christo in Gott verborgenes Leben führen. Diese Stillen werden aber einst offenbar werden an dem großen Tag, wo Christus selber offenbar werden wird in seiner Herrlichkeit. Es ist oft für unsere Augen schwer zu bestimmen, wo inneres Leben ist; man kann sich gewaltig irren, aber der Herr kennt die Seinen. Und was dieses kleine Häuflein innerlich stärkt und aufrichtet in allen Kämpfen des Lebens, ist der Glaubensblick auf ihre zukünftige Herrlichkeit. Sie sind zwar schon selig, aber in Hoffnung. Ihre Seligkeit ist noch eine Verhüllung; so lange sie im Leibe wallen, sind sie noch beschwert und mit manchen Gebrechen behaftet. Diese Decke wird aber abgeworfen werden, wann Christus, ihr Leben, sichtbar erscheinen wird und sie dann gleichförmig macht seinem eigenen verklärten Bild. Die Herrlichkeit, der sie entgegen gehen, bricht jetzt schon zuweilen durch manchen Schleier hindurch. Man hat Ahnungen, gewisse Taborstunden, wo der Himmel sich gleichsam aufgeschlossen hat und wir auch etwas hören von dem Unaussprechlichen, was dem Apostel Paulus einst in seiner Enthüllung ist mitgeteilt worden. Der Herr gibt schon jetzt den Seinen ein schönes Angeld ihrer ewigen Herrlichkeit. Je enger sich die Seele an Christum anschließt, je mehr kann sie auch jetzt schon von ihm empfangen. Aber wenn das ganze Meer von Licht und Wonne einst unser armes Menschenherz erfüllen wird - wie dann? Man kann solch einen Zustand nicht begreifen, aber das ist auch nicht nötig; haben wir ihn einst, so werden wir gewiss darin nicht untergehen. Unterdessen welch' eine selige Aussicht für die Stillen im Lande: Ich werde schauen sein Antlitz in Gerechtigkeit und satt werden, wenn ich erwache nach seinem Bilde. (Friedrich Lobstein)