Sie befinden sich hier: Andachtsbibel » nt » Lukasevangelium » Lukas 2,41
Zuletzt angesehen: Lukas 2,41

Lukas 2,41

Lukas 2,41

Andachten

Und seine Eltern gingen alle Jahre gen Jerusalem auf das Osterfest. Und da er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf gen Jerusalem nach Gewohnheit des Festes.

Es mag ein fröhliches Wandern gewesen sein, jener Ostergang der heiligen Familie. Ganze Scharen, ganze Orte zogen miteinander. Und wie man weiter ging, schlossen sich neue Pilgerzüge an. Ihr Gespräch unterwegs war die alte Gnadenzeit Gottes. Fast jeder Ort war eine Gedenkstätte an Gottes Erbarmung und an die frommen Väter. Hier hatte Abraham sein Zelt aufgeschlagen, und die Engel hatten mit ihm geredet; da hatte Jakob seine Herden geweidet; dort hatte der Herr dem Josua oder einem andern Kämpfer Sieg gegeben über die Feinde. Vor allem aber war der Auszug aus Ägypten das Wandergespräch der Pilger. An den Auszug knüpfte sich ja das Fest, das Fest der süßen Brote, an. Die höchste Blüte des ganzen Wanderlebens war aber die Hoffnung auf den Messias, in dem Jerusalem zur vollen Herrlichkeit und Ehre gelangen sollte. Und er war in ihrer Mitte. Er zog mit ihnen. Sie sahen ihn, und sahen ihn nicht. Die Zeichen vor zwölf Jahren waren teils nur von Wenigen gesehen. Etliche von diesen Wenigen waren gestorben. Es waren alte, bejahrte Hoffer gewesen. Teils hatte Gott die ganzen zwölf Jahre hindurch kein Wort von diesem Kind geredet. Diese Zeit lag wie ein Schleier über dem großen Anfang. Das Licht des Sternes und die Klarheit der Engel war blass geworden, das Hosianna klang nur in wenigen Herzen nach.

Herr Jesu Christe, auch mit uns willst du ziehen hinauf gen Jerusalem, unser ganzes Leben soll ja eine Pilgerfahrt sein nach dem Jerusalem, das droben ist. O halte uns treu auf diesem Wege. Du bist bei uns, ob wir dich auch nicht mit leiblichen Augen sehen. Deine segensreiche Gegenwart aber lässt du uns spüren Tag für Tag. So stärke uns denn, dass wir fröhliche Pilger nach oben sind, die in den alten Gnadenerweisungen an deiner Christenheit und in den Gedanken an die Erlösung aus der Knechtschaft der Sünde immer erquickt und ermutigt werden, auch wenn der Weg steil und heiß wird. Ja, lass auch diesen heiligen, stillen Tag wieder solch fröhlichen Pilgertag werden, der uns rüstig ausschreiten sieht, damit wir nicht zurückbleiben und träge seien auf unserem Heilswege. Amen. (Fr. Ahlfeld)


Einmal kommt der Tag, da werden wir beides, das arme irdische Nazareth der Arbeit im Schweiße des Angesichtes und das schöne, aber doch irdische Jerusalem vorübergehender Gnadenstunden, verlassen auf Nimmerwiedersehen und ziehen nach dem hochgebauten Jerusalem, wo ewige Ruhe ist und doch alle Seine Heiligen dienen werden in Seinem Tempel Tag und Nacht! (Theobald Wunderling.)


Und seine Eltern gingen alle Jahre gen Jerusalem auf das Osterfest. Und da er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf gen Jerusalem, nach Gewohnheit des Festes.
Was das für einen israelitischen Knaben bedeutete: „Du darfst nun mit hinaufziehen nach Jerusalem!“ davon können wir uns jetzt kaum einen entfernten Begriff machen. Das hieß nicht nur mit Eltern und Verwandten eine schöne große Reise machen, das hieß nicht nur zum ersten Mal die Welt sehen, nein, alles, was es auf der ganzen Erde nur Hohes, Heiliges und Herrliches gab, alle Sehnsucht, alle Hoffnung, alle Erfüllung war für den Israeliten beschlossen in dem einen Wort: „Jerusalem“. Hier waren je und je die größten Gottesoffenbarungen geschehen, hier wohnte im Allerheiligsten des Heiligtums Jehova selbst über goldenen Cherubim, hier sammelte sich das gesamte heilige Volk. von allen Landen und Meeren der Erde her, um als eine große Gottesfamilie vor Gottes Angesicht zu erscheinen.

Wie wird auch das Herz des Jesusknaben in der Erwartung und beim Antritt dieser Reise von hoher Freude durchschauert sein! Da sehet, wie die Eltern Jesu mit ihrem Knaben mitten in der großen Pilgerschar aus Nazareths Toren herausziehen, während über den Bergen des Ostens die Sonne aufleuchtet. Mit weißen Festkleidern angetan, mit frischem Grün geschmückt, so ziehen sie dahin, eine endlose Karawane, und durch die stille Morgenluft ertönt mächtig der Stufenpsalm: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von dannen die Hilfe kommt“. Und wie man weiter zieht, schaut man von allen Höhen herab und durch alle Täler neue Pilgerzüge kommen und eine Schar jauchzt der andern ein laut frohlockendes Halleluja zu. Da finden sich Freunde und Verwandte aus allerlei Orten her zusammen; man begrüßt sich mit dem Bruderkuss und tauscht Leid und Freud' miteinander aus. Lawinenartig wächst das Pilgerheer und immer mächtiger tönen die Psalmen.

Und die Väter zeigen ihren Söhnen alle die heiligen Berge und Haine, da Jehova-Gott in Gnade und Gericht seinen herrlichen Namen offenbart hatte; man zieht durch die Ebenen, wo Israel seine Heldenkämpfe mit den Heiden ausgestritten, man sieht die Orte, wo die Väter im Glauben gewandelt und gelitten haben. Da ist kein Ende des Fragens und Erzählens, und höher schlagen die Herzen, anbetend und sehnsuchtsvoll flehend, da sie so großer vergangener Tage gedenken. Auch fehlt es nicht an merkwürdigen und gewichtigen Persönlichkeiten, darauf Einer den Andern aufmerksam macht. Da der steinalte Rabbi mit weißem Haar und Bart soll das Geheimnis wissen, wann der Messias kommt; aber es ist ihm verboten davon zu reden. Jener geheimnisvolle finstere Mann aus Tiberias hat die Gabe der Teufelsaustreibung. Dort, um den jungen Schriftgelehrten, sammeln sich alle Wissensdurstigen, denn so wie er legt keiner das Gesetz aus. Dieser Mann, der so gern sein Schwert klingen lässt, ist lange in Rom gewesen, um den Pilatus, aus dessen Klauen er nur mühsam entronnen, beim Kaiser zu verklagen; jetzt murmelt er, seinen Vertrauten gegenüber, allerlei von einem großen Aufstand. So gab's des Interessanten gar viel auf so einer Wanderung. Endlich, endlich ist man auf der Höhe des Ölbergs angekommen. Da liegt sie vor den Augen der Pilger im Sonnenglanz, die heilige Stadt, der Morijah, der Tempel, der Zion!, „Jerusalem! Jerusalem!“ so fliegt es über alle Lippen, so durchschauert es alle Herzen; da senken sich die Paniere, da beugen sich die Knie, da fällt Jeder auf sein Angesicht und betet an.

Was mag bei dem Allen auch gerade durch das Herz des Jesusknaben, des einzigen vollkommenen Israeliten, geflutet sein! Und wie bewegte es ihn wohl, als seine Eltern mit ihm auf den Berg Zion gingen? „Siehe, hier hat unser großer Vater David gewohnt und alle Fürsten aus Davids Stamm!“ Wie bewegte es ihn wohl, als sie die Gräber der Könige besuchten und so viele Stätten heiliger Erinnerung, vornehmlich aber, als sie in die feierlich heiligen Marmorhallen des Tempels eintraten und in den „lieblichen Wohnungen des Herrn Zebaoth“ Teil nahmen an den schönen Gottesdiensten des Herrn? Wir werden bald hören, welche gewaltige neue Erkenntnis durch dies Alles in dem Herzen des Knaben geweckt wurde.

Für heute wollen wir nur darauf den Finger legen, dass also die Eltern Jesu mit ihrem Kind das Angesicht Gottes suchen. Ach, und wie arm ist das Leben der Eltern mit den Kindern, wo dieses fehlt! Vollends, wehe den Eltern, die ihre Kinder gar abhalten und abschrecken von dem, was des Vaters ist, statt ihnen, wozu sie gesetzt sind, durch Wort und Tat den Weg dahin zu weisen. Nicht nur den Besuch der Kirche meinen mir, der gehört auch dazu, wenn die Kinder einigermaßen fassen können, was hier vorgeht und geredet wird. Aber Maria und Joseph haben gewiss jeden Tageslauf damit begonnen, dass sie betend und Gottes Wort lesend, das Angesicht des himmlischen Vaters suchten. O, es ist ein großes Ding um eine kurze und gute Hausandacht. Nichts gibt so einen feinen Grundakkord, nichts bindet die Herzen von Eltern und Kindern, Herrschaft und Dienstboten (denn die müssen selbstverständlich dabei sein, als Träger desselben Gottesbildes, als Erben derselben Seligkeit!) nichts, sagen wir also, bindet die Herzen so zusammen, als wenn Alle miteinander sich beugen, demütigen und vereinigen vor dem einen und selben Gott, der Aller Vater ist. Alsdann mag jeder an sein Werk gehen und es wird sich finden, dass so mancherlei Trübungen, Missverständnisse, Verbitterungen, Verdrießlichkeiten, Verstimmungen und Überhebungen auf der einen und andern Seite viel seltener sind und viel leichter geschlichtet werden, wenn man das Gotteswort, das früh am Tagesanfang den Ton angab, weiter klingen lässt.

Herz und Herz vereint zusammen
Sucht in Gottes Herzen Ruh,
Lasset eure Liebesflammen
Lodern auf den Heiland zu!
Er das Haupt und wir die Glieder,
Er das Licht und wir der Schein,
Er der Meister, wir die Brüder,
Er ist unser, wir sind sein! (Otto Funcke)

Predigten

Diese Website verwendet Cookies. Durch die Nutzung der Website stimmen Sie dem Speichern von Cookies auf Ihrem Computer zu. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzbestimmungen gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
nt/42/lukas_2_41.txt · Zuletzt geändert: von aj
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain