Und es kam eine arme Witwe, die legte zwei Scherflein ein; die machen einen Heller.
Du möchtest wohl gern den Namen dieser Witwe wissen! Es ist wunderbar, wie die Heilige Schrift oft gerade mit den Leuten, die so hoch vor dem Herrn stehen, so geheimnisvoll umgeht. Kein Mensch weiß den Namen jenes barmherzigen Samariters, des Zöllners, der neben dem stolzen Pharisäer im Tempel stand; des zehnten aussätzigen Samariters, der nach seiner Heilung wiederkam und dem Herrn die Ehre gab. Den Namen des Pilatus, der das Bluturteil über den Herrn gesprochen hat, wissen alle Kinder; den Namen seines Weibes, der einzigen Seele, die eine Fürbitte für den Heiligen Gottes hatte, weiß Niemand. Alle Namen, die ihr etwa gegeben werden, gehören der späteren Sage an. So weiß auch kein Mensch den Namen unserer Witwe. Sie ist gekommen, hat ihr Scherflein eingelegt und ist wieder gegangen. Erst als sie fort war, hat der Herr die Jünger herbeigerufen und sie auf ihre Gabe aufmerksam gemacht. Er hätte um keinen Preis durch ein Aufsehen in ihrer Gegenwart diese Seele in ihrer gläubigen und demütigen Einfalt stören mögen. O, was für eine Schar der unbekannten Heiligen, deren Namen in keinem Kalender und in keiner Geschichte stehen, wird einst an jenem Tage vor Gottes Throne glänzen! Die Unbekannten und doch bekannt! Den Menschen unbekannt, aber Gott bekannt.

Herr, heiliger Gott, hilf uns, dass wir nicht hier auf Erden nach hohen, stolzen Namen trachten. Hilf, dass wir nicht unsere Taten der Barmherzigkeit durch Hochmut und Selbstlob entweihen. Lass uns vielmehr danach trachten, dass unsere Namen im Himmel angeschrieben seien. Dann mag man über kurz oder lang sie hier ausstreichen aus den Gemeinderegistern; wer nur in deinem Buch des Lebens steht, der wird nicht vergessen, und ob hier kein Mensch seinen Namen nennt. Amen. (Friedrich Ahlfeld)