Jesaja 53,4
Andachten
Fürwahr Er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen.
Die bedenken das Leiden Christi recht, die es also verstehen, dass sie herzlich davor erschrecken, und ihr Gewissen gleich sinket in ein Verzagen. Das Erschrecken soll daher kommen, dass du siehst den gestrengen Zorn und unwandelbaren Ernst Gottes über Sünde und Sünder, dass Er auch seinem einigen allerliebsten Sohn hat nicht wollen die Sünder losgeben, Er hätte denn für sie eine solche schwere Buße, als Er spricht durch Jesaiam (53,8): um der Sünde willen meines Volks habe ich ihn geschlagen. Was will dem Sünder begegnen, wenn das liebste Kind also geschlagen wird? Es muss ein unaussprechlicher, unträglicher Ernst da sein, dem so eine große unmäßliche Person entgegengeht und dafür leidet und stirbt; und wenn du recht tief bedenkst, dass Gottes Sohn, die ewige Weisheit des Vaters, Selbst leidet, so wirst du wohl erschrecken, und je mehr je tiefer. Dabei ist nötig, dass du dir tief einbildest und gar nicht zweifelst, du feist es, der also Christum martert; denn deine Sünde habens gewiss getan. Also schlug und erschreckte St. Petrus (Apostelgesch. 2, 36. 37) die Juden gleichwie ein Donnerschlag, da er zu ihnen sprach allen insgemein: Ihr habt Ihn gekreuzigt; dass 3000 denselben Tag erschreckt und geängstigt zu den Aposteln sprachen: O lieben Brüder, was sollen wir nun tun? -
In diesem Punkte muss man sich gar wohl üben; denn fast der ganze Nutz des Leidens Christi daran gelegen ist, dass der Mensch zu seiner Selbsterkenntnis komme und vor ihm selbst erschreckt und zerschlagen werde. Und wo der Mensch nicht dahin kommt, ist ihm das Leiden Christi noch nicht recht nütze worden. Denn das einige natürliche Weck des Leidens Christi ist, dass es Ihm den Menschen gleichförmig mache, dass, wie Christus jämmerlich an Leib und Seele in unsern Sünden gemartert wird, muffen wir auch, Ihm nach, gemartert werden im Gewissen von unsern Sünden. Es geht auch hier nicht zu mit vielen Worten, sondern mit tiefen Gedanken und Großachtung der Sünden. Nimm ein Gleichnis: Wenn ein Übeltäter würde gerichtet darum, dass er eines Königs oder Fürsten Kind erwürgt hätte, und du sicher wärest und sängest und spielest, als wärest du ganz unschuldig, bis man dich ganz schrecklich angriffe und dich überführte, du hättest den Übeltäter dazu vermocht: siehe, hier würde dir die Welt zu enge werden, sonderlich wenn dir das Gewissen auch abfiele. Also viel ängstlicher soll dir werden, wenn du Christi Leiden bedenkst. Denn die Übeltäter, die Juden, wiewohl sie nun Gott gerichtet und vertrieben hat, sind sie doch deiner Sünden Diener gewesen, und du bist's wahrhaftig, der durch seine Sünde Gottes Sohn erwürgt und gekreuzigt hat. Wer aber sich so hart und dürre empfindet, dass ihn Christus Leiden nicht also erschrecket und in sein Erkenntnis führt, der soll sich fürchten. Denn da wird nichts Anders aus; dem Bilde und Leiden Christi musst du gleichförmig werden, es geschehe in diesem Leben oder in der Hölle, zum wenigsten musst du im Sterben in das Erschrecken fallen und zittern, beben und Alles fühlen, was Christus am Kreuze leidet. Nun ist es grausam, am Totenbett des zu warten; darum sollst du Gott bitten, dass Er dein Herz erweiche und lasse dich fruchtbar Christi Leiden bedenken. Denn es auch nicht möglich ist, dass Christus Leiden von uns selber möge bedacht werden gründlich, Gott senke es denn in unser Herz. (Martin Luther)
Fürwahr, Er trug unsere Krankheit. Die Strafe lag auf Ihm, auf dass wir Frieden hätten und durch Seine Wunden sind wir geheilt.
Durch den heiligen Geist muss dieses „Fürwahr“ uns versiegelt werden, damit es eine lebendige Gewissheit sei, die uns nicht zu Schanden werden lasse, weder in den mannigfachen Anfechtungen dieser Zeit, noch einst vor dem Angesicht Gottes. Das Nachsprechen eines überlieferten Bekenntnisses, ob es gleich an sich ein richtiges ist, und die daraus im Herzen sich festsetzende tote Sicherheit, die keine Wiedergeburt ist zu einem neuen Leben in der Liebesgerechtigkeit, sie hält nicht stand gegenüber den Widersprüchen des Unglaubens, sie wird zuschanden gegenüber den Anklagen des unversöhnten Gewissens und endlich im Gericht Gottes, wo die Entscheidung davon abhängen wird, ob Christi Verdienst mir auch zugerechnet worden ist von Gott. Hat aber der Geist Gottes in meinem Gewissen mir dieses „Fürwahr“ versiegelt, so hat Gott selbst mir zugerechnet das Werk Seiner Liebesgerechtigkeit, so ist mein Gewissen versöhnt, so habe ich Frieden, der stärker ist, als alle Macht des Unglaubens und werde vor Gott bestehen an jenem Tag. O HErr JEsu, erbarme Dich über uns und schenke uns Buße und den gewissen Glauben: Fürwahr, Du hast meine Strafe getragen und durch Deine Wunden bin ich heil worden. Amen! (Nikolaus von Stackelberg)
Fürwahr, er trug unsere Krankheit, und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unserer Missetat willen verwundet, und um unserer Sünde willen zerschlagen; die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Friede hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.
Heute ist Palmsonntag, der Anfang der Karwoche. Das ist die ernsteste Woche im ganzen Jahr, in die Gott mehr als in irgend eine andere Kräfte des Heils und der Gnade gelegt hat. Gott helfe uns, dass uns ihr Segen nicht verloren gehe. Kar- oder Marterwoche heißt diese Woche. Darum sollen wir unter Jesu Kreuze mit ihm leiden und sterben der Sünde, und sprechen: „Was du, o Herr, erduldet, Ist alles meine Last. Ich, ich hab es verschuldet, Was du getragen hast.“ Gnaden- und Versöhnungswoche heißt diese Woche. Darum sollen wir heute im Glauben die Stimme hören: „Lasst euch versöhnen mit Gott,“ und sollen ihm danken für seine Liebe mit einem neuen Leben. Und stille Woche heißt diese Woche, da der Herr zum Tode geht. Darum sollen wir in diesen letzten Tagen wenigstens es still werden lassen in unserm Hause und Leben, dass die Unruhe der Welt, ihre Angst und Lust uns nicht den Segen des Kreuzes rauben. Vater unsers Herrn Jesu Christi, wir danken dir, dass du uns diese heilige Woche wieder hast erleben lassen. Lass uns unter dem Kreuze Jesu Ruhe finden für unsere Seelen, Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit. Amen. (Adolf Clemen)
. Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen.
Wenn Jesajas in diesen Worten von Krankheit und Schmerzen redet, so kann er nach dem Zusammenhang nicht nur an leibliche Krankheit und Schmerzen denken, sondern an unsere Krankheit, nach Leib und Seele. Dass aber der heilige Geist in dieser Stelle wenigstens auch auf körperliche Krankheit und Schmerzen hinweist, finden wir klar in Matth. 8,16.17, wo der Evangelist ausdrücklich in leiblichen Heilungen des Herrn eine Erfüllung dieses prophetischen Wortes findet. Haben wir aus dem herrlichen 53. Kapitel des Propheten Jesaias schon unendlich viel Trost und Erquickung für unsere Herzen gefunden, im Blick auf unseren Seelenschaden, so ist es gar lieblich, wenn der heilige Geist uns auch mit unseren leiblichen Nöten, deren es unzählige gibt, zu unserem gekreuzigten Heiland weist und zuruft: fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Wie sollen wir das verstehen? Zunächst so, dass unser Heiland auch des Menschen leibliche Not auf seinem mitleidigen Herzen trug und trägt, wie wir in seinem Verhalten zu allen Kranken, die man zu ihm brachte, finden. Der Trost geht aber doch noch viel tiefer: Wenn auch sehr viele Krankheit nicht Folge spezieller Sünde ist, was die Geschichte Hiobs und des Blindgebornen in Joh. 9,3 beweist, so ist doch alle Krankheit Folge der Sünde überhaupt, also ein Stück des Fluches der Sünde. Nun hat unser Heiland allen Fluch der Sünde getragen am Fluchholz, und eben deshalb hat er uns auf Golgatha ein Gnadenrecht erworben, nicht nur unsere Sünde, sondern auch körperliche Leiden auf ihn, das Lamm Gottes zu legen, und um seines für uns vergossenen Blutes willen Linderung und Heilung zu erwarten.
O Du mächtiger Heiland! Dank sei Dir, dass ich in Zeiten der Krankheit und Schmerzen Dich so oft erfahren habe als Erbarmer und Arzt. Amen. (Elias Schrenk)