2. Mose 33,12
Andachten
Und Mose sprach zu dem Herrn: Siehe, du sprichst zu mir: Führe das Volk hinauf; und lässt mich nicht wissen, wen du mit mir senden willst; so du doch gesagt hast: Ich kenne dich mit Namen, und hast Gnade vor meinen Augen gefunden. Habe ich denn Gnade vor deinen Augen gefunden, so lass mich deinen Weg wissen, damit ich dich kenne und Gnade vor deinen Augen finde. Und siehe doch, dass dies Volk dein Volk ist. Er sprach: Mein Angesicht soll gehen, damit will ich dich leiten. Er aber sprach zu ihm: Wo nicht dein Angesicht geht, so führe uns nicht von dannen hinauf.
Wer unter uns braucht einen Führer durchs Leben! Das kommt darauf an, ob wir ein Ziel haben, das über dies Leben hinaus liegt. Haben wir kein solches, ist das Reisen des Lebens selbst unser Ziel mit seinen Genüssen: geht man darum noch so eben nur lustwandeln, bald hierhin, bald dorthin, so braucht man ja keinen Führer. Gehören wir aber zu dem auserwählten Volk des Herrn, das seine Augen über dies Leben hinaus gen Kanaan richtet und es schon weiß, dass ihre Namen angeschrieben sind in der Zahl der Bürger Jerusalems droben, ja, dann ist's uns wohl klar, dass wir einen Führer brauchen, um von dannen bis hinauf zu ziehen; denn wir können dann dies Leben als eine Wüste, nicht nur voll Ungemach, sondern so gar leer an allem, was Seelen satt machen kann, und so gar unfähig, eine Ruhestatt und Heimat der für die Ewigkeit geschaffenen Geister zu sein; und dazu so gefährlich, dass wohl viele, die schon weit gen Kanaan gewandert sind, doch in der Wüste noch liegen bleiben und nicht einkommen zur ewigen Ruhe!
Ein Mensch kann uns wohl auch, wenn der Herr ihn segnet, Wegweiser sein; aber Führer, der mit uns zieht und Schritt für Schritt uns bewacht und leitet, kann er nicht sein; denn wie irren auch die treuesten Männer Gottes so gar leicht: Und ein Engel, der vor uns herzieht, oder der starke Arm des Herrn, der alle Welt regiert, ist uns auch nicht genug als Führer: so führt der Herr am Ende auch alle Menschen, denn jedes Menschen Herz schlägt seinen Weg an, der Herr aber allein gibt, dass er fort gehe. Sie müssen zum Schluss alle, gern oder nicht gern, zum Segen oder zum Fluch, sich nach seinem Willen richten. Nein, wir wollen einen anderen Führer haben, einen solchen, der wohl allmächtig ist und allweise, der aber auch uns mit Namen bekannt ist, vor dem wir Gnade gefunden haben, und er kennt auch uns mit Namen und hat uns lieb als sein Eigentum; einen solchen, mit dem wir darum auch reden können wie ein Freund mit dem andern, und können ihn fragen, und er antwortet uns auch und zeigt uns den Weg, nicht nur durch ein Verrammeln unserer Wege mit seiner starken, unbekannten Hand, sondern durch seines Wortes und Geistes Stimme, durch sein sanftes Lenken unseres ihm ergebenen Wollens und Denkens; einen solchen, wie es nur der ist, der das Angesicht Gottes heißt unser lieber Heiland Jesus Christus, Jesus groß von Rat und Tat, treu von Lieb' und Gnad'; einen solchen, wie er sich ja doch bisher an uns erwiesen hat!
O, es ist etwas, einen Heiland mit haben auf dem Wege durch die Wüste, und wissen: er hat mich lieb; er hat das Ziel fester noch im Auge, wie ich; ich rede mit ihm und er mit mir; er schlägt, er wacht, er winkt mit seinem Auge unermüdlich, dass wir nur seine Wege gehen! Ja, das ist etwas wir wissen's doch! Wir wüssten's freilich anders noch, wenn wir's nicht immer so schlecht verständen, in seiner nächsten Nähe zu bleiben! aber was wir wissen, ist doch auch längst genug, um das fest zu machen im Herzen, unwandelbar fest: einen solchen gerade, wie dieser Jesus ist, und keinen andern brauchen wir, um von dannen hinauf zu ziehen! (Theobald Wunderling)