Da kam er in eine Stadt Samarias, die heißt Sichar, nahe bei dem Dörflein, das Jakob seinem Sohn Joseph gab. Es war aber daselbst Jakobs Brunnen. Da nun Jesus müde war von der Reise, setzte er sich also auf den Brunnen; und es war um die sechste Stunde.

Jesus weiß an jedem Ort Menschenherzen zu suchen. Nicht bloß in der Kirche, auch am Brunnen. Bald beim Hochzeitsmahle, bald an dem Krankenbett; bald auf der Bergeshöh, bald im Fischerkahn. Jesus hat am Brunnen dort eine Menschenseele für sein Reich geworben. Auch heute noch tritt uns seine suchende Liebe überall entgegen. Nicht bloß in der Kirche, auch am Brunnen. Grade an Orten so oft, wo wir an ihn am wenigsten dachten. Vielleicht auf der Reise, in der Fremde ist seine Liebe den Verirrten entgegengetreten, in einer gläubigen Seele, mit der sie zusammentrafen. Vielleicht auf dem Wege nach Damaskus, auf den bösen Wegen frevler Lust, im Kreise der Spötter hat des Herrn Hand sie erfasst, und sie zu Boden geworfen, und hat seine Stimme ihr innerstes Herz getroffen: „Saul, Saul, was verfolgst du mich? Ich bin Jesus, den du verfolgst.“ Vielleicht in einer Kinderstube, im Blick in ein Kindesauge, in einer Frage aus einem Kindesmunde hat uns der Herr die Tiefe unsres Verderbens aufgetan, und die Herrlichkeit seines Reiches. O dass wir nur Augen und Ohren hätten für seine suchende Liebe! Wir würden auf so vielen Wegen, an so vielen Orten Jakobsbrunnen finden, wo Jesus uns seine Herrlichkeit offenbart. Lasst uns bedenken zu dieser unserer Zeit, was zu unsrem Frieden dient. Lasst uns Gottes Geduld nicht verachten als hätten wir noch immer Zeit. (Adolf Clemen)