Kolosser 3,11
Andachten
Alles und in Allen Christus.
Zur Zeit Pauli bestand die christliche Kirche aus ungleichen Nationen, die einander vorher zu verachten gewohnt waren. Es gab nämlich damals Griechen, das ist gesittete Heiden, welche des römischen Kaisers Untertanen waren, und viele Künste und Wissenschaften unter sich hatten, unter diese rechnete Paulus auch die Römer, Röm. 1,14.16. Es gab Juden, und diese waren nebst den jüdischen Proselyten beschnitten: da hingegen alle Heiden Vorhaut hatten. Es gab ferner Ungriechen oder Barbaren, das ist Leute, welche noch eine ordentliche Polizei und Wohnplätze hatten, den Griechen aber in der Wissenschaft nicht gleich waren: es gab endlich auch Skythen, welche auf dem Erdboden herumschweiften, und eine wüste, fast tierische Lebensart führten. Von allen diesen Nationen wurden einige der christlichen Kirche einverleibt, und hierdurch wurde erfüllt, was Ps. 87,4.5. geweissagt worden war: Ich will predigen lassen Rahab (das ist den Ägyptern, welche zur Zeit Pauli Griechen waren), und Babel, (welches aus Barbaren bestand) dass sie Mich kennen sollen: die Philister und Tyrer samt den Mohren (welche alle Barbaren waren) werden daselbst geboren. Man wird zu Zion sagen, dass allerlei Leute darinnen geboren werden, und dass Er der Höchste sie baue. Der HErr wird predigen lassen in allerlei Sprachen, dass deren etliche auch daselbst geboren werden. Neben dieser verschiedenen Abstammung gab es aber auch damals Knechte, das ist Sklaven, und freie Leute, und von beiden Gattungen wurden Viele an Christum gläubig. Wie nun? Sollte der getaufte Jude noch immer den getauften Griechen verabscheuen, und sollte der getaufte Grieche den getauften Ungriechen und Skythen verachten, und durften die gläubigen freien Leute sich immer über die gläubigen Sklaven erheben? Oder durfte man sogar dafür halten, dass Gott selber die Menschen nach dem Unterschied ihrer Abstammung und ihres Standes schätze? Paulus sagte: Nein, und lehrte, im Reich Gottes sei nicht Grieche, Jude, Beschneidung, Vorhaut, Ungrieche, Skythe, Knecht, Freier, d.i. diese Namen machen Niemand wert oder unwert, sondern Alles und in Allen sei Christus. Das ist, bei einem Jeden komme es nur darauf an, dass er Christi teilhaftig sei, und in Ihm erfunden werde. Christus mache Alle ehrlich. Durch Christum werden sie alle gerecht, und Gottes Kinder. Alle bekommen gleiche Rechte durch Ihn in Seinem Reich. Auch jetzt wird das Evangelium Leuten gepredigt, welche Barbaren und Skythen heißen können, oder wirkliche Sklaven sind, zu geschweigen, dass das Christenvolk von sehr verschiedenen Nationen abstammt. Ein Christ sieht aber auch in der Nähe Reiche und Arme, Vornehme und Geringe, Gelehrte und Ungelehrte, ehelich und unehelich erzeugte Menschen. Hier soll er nun denken: Alles und in Allem Christus. Das Wohlgefallen, das der himmlische Vater an Seinem Sohn Christo hat, fließt auf alle diejenigen, aber auch nur auf alle diejenigen, die an Seinen Sohn glauben, und Seinen Geist und Sinn haben. Wer’s im Reich Gottes hoch bringen will, muss es in dem Glauben an Christum und in der Gleichförmigkeit mit Ihm weit bringen; und dieses kann der Arme wie der Reiche, der Ungelehrte wie der Gelehrte. So sei denn auch mein tägliches Bestreben, Christum zu gewinnen, und in Ihm erfunden zu werden. (Magnus Friedrich Roos)
Alles und in allem Christus.
Wie steht es mit unserm Glauben? Vertrauen wir fest den Worten des Trostes, und freuen wir uns darüber? Lieber Christ, glaubst du das? Siehst du wirklich in dem erhöhten Herrn deinen lebendigen Heiland? Hast du, wenn auch in schwachem Maße, sein Auferstehungsleben in deinem Leben verwirklicht, die freudige Gewissheit, dass du durch eine innige Verbindung mit dem Lebensfürsten teil hast an seinem Leben? Vergebens hören wir diese liebliche Geschichte in Bethanien, wenn wir nicht fühlen: Jesus spricht zu mir, und wenn wir nicht alle Tage ihn zu uns reden lassen. Der Herr hatte in einem einzigen Wort, das er zu Martha gesprochen, das ganze Evangelium hineingelegt, er hatte mit einer herrlichen Verheißung das Grabesdunkel erhellt, und nun wandte er sich an die Trauernde mit der wichtigen Frage: „Glaubst du das?“
Der zuvor noch wankende Glaube soll sich über allen Zweifel erheben und sich fest auf den lebendigen Felsen gründen. Martha bekennt: „Ja Herr, ich glaube, dass du bist Christus, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.“ Herrliches Bekenntnis! Wäre es nach des Lazarus Auferstehung gesprochen worden, so würden wir uns nicht so sehr darüber wundern. Aber jetzt, da der Herr von vielen noch verkannt wurde, und er seine Herrlichkeit noch nicht geoffenbart hatte, war es ein großer Glaube.
War es auch ein blinder Glaube? Sicherlich nicht! Dieser Glaube hatte seinen Ursprung in der geheiligten Liebe ihres Herzens. Diese Glaubenserkenntnis war die reife und reiche Frucht innigen Jüngerumgangs mit dem Meister. Auch sie konnte mit dem Lieblingsjünger des Herrn sprechen: „Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes, voller Gnade und Wahrheit“ (Joh. 1,14). Auch unser Glaube an Christum, den Sohn Gottes, ist kein blinder; nein, er hat guten Grund. In unserer Gemeinschaft mit ihm haben auch wir es mehr und mehr erkannt,
„Ich fühl's, du bist's, dich muss ich haben, Ich fühl's, ich muss für dich nur sein.“
Da haben wir es auch erfahren, dass er allein dieses Bedürfnis unseres Herzens reichlich befriedigen kann. Bei ihm fanden wir Zuflucht und Verständnis, Frieden und Freude.
So köstlich diese Hoffnung und dieses Vertrauen zu allen Zeiten ist so doch besonders tröstlich in Zeiten der Trauer. Wenn alle menschlichen Stützen brechen, wie tröstlich ist es dann, unsere Hoffnung auf den ewigen Felsen gegründet zu wissen. Bekennst du, wenn auch unter Tränen, diesen teuren Glauben, kennst du das Geheimnis dieses zwiefachen Trostes: „die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden?“ Durch sein Leiden hat er Mitleiden mit unserer Schwachheit; durch die Macht seiner Auferstehung sichert er uns die herrliche Gabe des ewigen Lebens zu. Sei nicht zufrieden mit einem nur äußerlichen Glauben und mit dem Bekenntnis, dass Jesus der Heiland ist. Du musst einen persönlichen Glauben haben. „Er ist mein Heiland, er gab sich für mich, er liebt mich.“ „Ich weiß, an wen ich glaube,“ musst du mit dem Apostel sagen, und „ich bin gewiss, dass er mir meine Beilage bewahren wird.“ Wie schmerzlich für diejenigen, welche nicht diesen Trost haben, wenn es mit ihnen aus einer Tiefe in die andere geht! Sie können im Sturm nicht bestehen, da sie in ihrer Trübsal nur nach einem unbekannten Heiland greifen. Ehe die Prüfungsstunde kommt, wollen wir uns darauf vorbereiten, kommen wird sie ja gewiss. Lasst uns jetzt schon unseren Glaubensanker auswerfen in den alleinigen Grund, Christus, damit, wenn der Sturm kommt, und alle irdische Freude untergeht, wir triumphieren können: „Nichts mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die da ist in Christo Jesu, unserm Herrn.“ (John Ross MacDuff)