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Matthäus 7,1

Matthäus 7,1

Andachten

Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet.

So viel erhellt auch wieder aus diesen Worten, dass es nur einen doppelten Weg gibt, den einen durch die Pforte des Todes, den andern durch die Pforte des Lebens, und dass es immer und immer wieder heißt: entweder – oder. Auch wir standen an der Pforte des Todes; aber wir haben Deine Stimme gehört, Herr Jesu, die uns so mächtig zur Pforte des Lebens rief. Hier sind wir; wir haben den Tod verdient: o erbarme Dich über uns. Du hast Dein Blut für uns vergossen; in der Kraft dieses für uns vergossenen Blutes reinige uns von unserer Sünde und sprich uns los von unserer schweren Schuld. Wir dürfen es nicht hoffen; aber Deine Gnade ist überschwänglich groß, und Du willst den Tod des Sünders nicht. Herr und Heiland, Du willst nicht unsern Tod; so ergreife uns denn, Du Fürst des Lebens, mit Deiner heiligen allmächtigen Hand, und führe uns in das Reich des Lichtes und des Lebens. Du bist der einige Mittler zwischen Gott und uns; führe uns zum Throne Gottes. In unserer Unreinheit dürften wir’s nicht wagen; schmücke uns mit Deiner vollkommenen Gerechtigkeit, dass wir bestehen können vor dem heiligen Gott und Er uns annehme als seine Kinder. Der Weg ist freilich eng, der zum Leben führt, und die Pforte schmal; Feinde lauern zur Rechten und Linken; es ist schwer, ein Christ zu sein und nach dem Sinn des rechten Geistes zu leben! Viele trachten danach, wie sie ins ewige Leben hineinkommen, und es gelingt ihnen nicht; aber es ist ein seliger Weg, auf dem uns die Engel begleiten, wo wir nie allein sind, sondern derer, die für uns sind, mehr sind als derer, die wider uns sind, und wo Du in den Schwachen mächtig bist und uns stärkst, dass wir nicht abweichen noch straucheln und fallen, sondern einen guten Kampf kämpfen, den Lauf vollenden und Glauben halten bis ans Ende. Sei und bleibe Du denn unser Führer ins freudenreiche Vaterland. (Friedrich Arndt)


Liebloses und hochmütiges Richten ist leider sehr häufig in den Reihen der Christen. Mit sehr ernsten Worten warnt der Herr davor: „Mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden. Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge? Ober wie darfst du sagen: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen? Und siehe, ein Balken ist in deinem Auge. Du Heuchler, zieh am ersten den Balken aus deinem Auge; danach besiehe, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest.“ Zuerst sollen wir uns selber richten und strafen; haben wir das getan, so sollen wir freilich den Bruder auch auf seine Fehler aufmerksam machen, denn es steht geschrieben: „Du sollst deinen Bruder nicht hassen, sondern strafen.“ Nicht alles Richten ist unrecht. Werden wir doch aufgefordert, alles zu prüfen und nur das Gute zu behalten, und nicht einem jeglichen Geist zu glauben, sondern die Geister zu prüfen, ob sie von Gott sind (1. Joh. 4,1). Wenn wir nach dem Wort des Herrn das Heiligtum nicht vor die Hunde und die Perlen nicht vor die Säue werfen sollen, so müssen wir doch die Menschen und Umstände beurteilen, damit wir wissen, ob wir es mit solchen zu tun haben, und zwar aus Liebe zu den Menschen und zum Heiligtum. So sündigt auch Paulus nicht gegen das Verbot des Richtens, wenn er 1. Kor. 5,13 sagt: „Tut von euch selbst hinaus, wer da böse ist“, so wenig wie der Herr, als er sprach: „Hört er die Gemeinde nicht, so haltet ihn als einen Heiden und Zöllner.“ (Mat. 18,17). Solches Richten entspringt nicht dem Hochmut und der Lieblosigkeit, sondern ist eine Frucht heiligen Eifers und wahrer Liebe. (Hermann Heinrich Grafe)


Die allgemeine Bußpredigt lässt man sich heut zu Tage, wie immer, wohl gefallen; von dem: „Wir sind allzumal Sünder“ schließt so leicht Keiner sich aus. Anders aber stellt sich die Sache, wenn die Schäden, die Einem besonders anhaften, hervorgehoben werden; wenn z. B. ein Prediger diesen wegen seiner ungläubigen Rede, jenen wegen seines unsittlichen Wandels geradezu und freimütig angreift. Da schreit man über Lieblosigkeit und Tadelsucht und meint im Rechte zu sein, wenn man das Wort anführt: „Richtet nicht, auf dass Ihr nicht gerichtet werdet.“ Der Herr meint jedoch keineswegs hiermit, dass Einer dem andern niemals seine Sünde vorhalten solle, er will keineswegs die Bemäntelung der sittlichen Gebrechen empfohlen haben. Was er sagen will, lehrt der Zusammenhang, in welchem diese Worte stehen. „Was siehst Du“, spricht er, „den Splitter in Deines Bruders Auge und wirst nicht gewahr den Balken in Deinem Auge“ usw. Er missbilligt also die Tadelsucht, die mit Übersehung der eignen großen Gebrechen über die kleineren Fehler des Nächsten aburteilt. Wir dürfen demnach dies Wort nicht auf jedes scharfe Urteil an sich anwenden und dasselbe als verdammlich bezeichnen. Wie stünde es dann um Christi vierfaches Wehe über die Heuchler (Matth. 23,14) und um sein tadelndes Wort: „Ihr Schlangen und Otterngezüchte (V. 33).“ Sondern die Übersehung der eigenen Gebrechen ist es, was dasselbe erst strafbar macht. Muss ich aber überzeugt sein, dass der Nächste, der mir meine Sünde vorhält, seiner eignen sich wohl bewusst ist, so habe ich in jenem Wort des Herrn durchaus keinen Grund, seine Bußpredigt zurückzuweisen. Sehr treffend heißt es in der ersterwähnten Schrift: „Darf mein Nachbar, darum weil er krank ist, mir nicht ins Gesicht sagen, dass auch ich es sei? - Menn wir an einerlei Krankheit leiden und die seinige ist tödlich, ist's die meinige nicht auch? - Sollten wir nicht aus gegenseitiger Pflicht einander alles Ernstes ermahnen, die kräftigsten Mittel noch in Zeiten zu brauchen, zumal wenn einer von Beiden die dringende Gefahr nicht einsehen wollte? - Gesetzt, wir hätten uns unsre Krankheit Beide selbst zugezogen und Keiner konnte dem Andern viel vorwerfen, wäre dies wohl ein gegründeter Trost für Einen von uns?“

Wird nun das „Richtet nicht!“ dem Prediger zugerufen, so ist hierbei noch ein besonderer Irrtum. Er steht, wo er strafend auftritt, nicht als diese ober jene bestimmte Person vor uns, auf deren eigne Gebrechen wir uns berufen könnten, sondern als Diener Gottes. Bei seiner Strafpredigt würde also nur darauf zurückzugehen sein, ob was er straft und rügt, auch im göttlichen Worte gerügt werde. Sein Richten ist, falls dies sich erweisen lässt, Gottes Gericht, und somit leidet das Richtet nicht! auf ihn keine Anwendung, weil man in dieser Stellung von ihm nicht sagen kann: „Auf das Ihr nicht gerichtet werdet.“ Demnach haben wir denen gegenüber, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen wollen, die sauer süß und süß sauer heißen, die: Friede! Friede! rufen, da doch kein Friede ist (Jes. 5,20. Ez. 13,10), diesen gegenüber haben wir die göttlichen Gebote hervorzuheben: 3 Mos. 19,17. Du sollst Deinen Bruder nicht hassen in Deinem Herzen; sondern Du sollst Deinen Nächsten strafen, auf dass Du nicht seinethalben Schuld tragen musst. Eph. 5,11. Habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, straft sie aber vielmehr. 2. Tim. 4,2: Strafe, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre; denn es wird eine Zeit sein, da sie die heilsame Lehre nicht leiden werden, sondern nach ihren eigenen Lüsten werden sie ihnen selbst Lehrer aufladen, nachdem ihnen die Ohren jucken. (Heinrich Matthias_Sengelmann)


Das ist ein besonderes süßes Stück des Evangeliums. Denn richten ist eine schwere Sache. Wer richten will, sollte wissen, das geschah. Wie kann ich das aber wissen? Was sichtbar ist, kommt aus dem Herzen des Menschen heraus; ich aber bin nicht Herzenskenner. Wer richten will, muss wissen, was die Gerechtigkeit verlangt, damit der Schuld das widerfahre, was sie verdient, und der Guttat der Lohn zuteil werde, der ihr gebührt. Wer kann vergelten? Wie verkehrt verfahren wir in der Weise, wie wir einander die Ehre und die Schande zuteilen und den Lohn und die Strafe verwalten! Du kannst nicht richten, sagte Jesus, du sollst es aber auch nicht. Können wir aber auf das Gericht verzichten? Eifrig sagte die jüdische Schar: gerichtet muss werden; das ist ein Teil unseres Gottesdienstes; das Gericht unterlassen heißt Gott verleugnen. Wie kann ich mit dem Sünder Gemeinschaft haben, ohne dass ich mich selbst zum Sünder mache, wie Bosheit dulden, ohne dass ich zum Widersacher Gottes werde? Wenn wir nicht richten, meinten sie, werden wir gerichtet. Nein, sagt mir Jesus; wenn du richtest, dann wirst auch du gerichtet. Dann hast du dich aus der vergebenden Gnade herausgestellt und unter Gottes Recht begeben. Dieses lässt dir aber nicht zu, dass du nur die anderen richtest und dich selber nicht. Das Gericht ist die Enthüllung der Wahrheit und ihre fehllose Verwirklichung. Daher duldet das Gericht keine Heuchelei und lässt mir nicht zu, dass ich mich freispreche, dagegen die anderen richte, und weil ich Gottes Gericht gegen mich habe, so weiß ich, dass ich mit meinem Urteil, das den anderen trifft, mich selbst verdamme. Was soll ich denn tun? Jedes Verbot kann nur dadurch erfüllt werden, dass ich anstelle des Bösen das Gute tue. Vergeben sollst du, sagt mir Jesus. Wir müssen richten, sagten die Juden, und können nicht vergeben; denn vergeben kann Gott allein. Die Antwort Jesu war: Gott kann nicht nur vergeben, sondern hat euch vergeben, und weil er euch vergeben hat, vergebt auch ihr. Sein Vergeben bringt nicht Unfug und Wirrwarr in der Welt hervor; denn es richtet den Schuldigen auf und macht seiner Bosheit ein Ende. Du vermehrst, sagt mir Jesus, mit deinem Richten die Sünde und belädst dich selbst mit ihr. Vergib, so überwindest du das Böse mit Gutem, und das ist der einzige Weg, wie es überwunden werden kann.
Ich bete Deine Gnade an, die meine Sünde nicht richtet, weil sie mir in Deinem lieben Sohn den Versöhner gegeben hat. Nun rüste mich mit der Waffe aus, die mich stärker als die Sünde macht und die Bosheit zu überwinden vermag, mit dem heilenden Vergeben, das aus Deinem Vergeben stammt. Amen. (Adolf Schlatter)

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nt/40/matthaeus_7_1.txt · Zuletzt geändert: von aj
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