Und Jesus tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach: Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr! Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden!

Jesus, der Seligmacher, tut seinen Mund auf zum ersten Mal vor vielem Volk, und Sein erstes Wort lautet: „Selig“. Daran sollten sie es gleich merken, dass die neue Zeit herbeigekommen, und nun das Gesetz nicht mehr ein Fluch sein sollte den Übertretern. Von da an schwebt nun dieses Sein erstes „Selig“ durch die Zeiten und Jahrhunderte und hat die Menschheits-Geschichte gründlich verwandelt. Es klingt nach in all' den Seelen, die zu Seinem Frieden gekommen sind, durch alle Worte und Lieder von gesalbten Lippen, es leuchtet aus den Augen und in den Fußstapfen aller Derer, welche in Seinem Namen hingehen, ihm zu dienen an den Brüdern. Aber wen preist er selig? nicht Sein Volk, weil sie Abraham zum Vater haben, nicht die, vom königlichen Stamme Davids, nicht Seine Mutter und Seine Brüder und Seine Jünger, nicht Pharisäer oder Oberste in Israel, - nein, die geistlich Armen, und die um dieser Armut willen Leid tragen. Darin besteht aus dem Munde der ewigen Wahrheit die Grundbedingung der Seligkeit.

So ist nun hiermit eine ganz neue Heilsordnung aufgerichtet; und hier fängt der zweite und letzte Abschnitt der Weltgeschichte an. Denn wer sind sie, die geistlich Armen? es sind wahrlich nicht die Unwissenden, die Schwachsinnigen, die Beschränkten; es sind vielmehr Diejenigen, welche das wissen und erkannt haben, wozu die allerernsteste und tiefstgehende Forschung gehört, zu erforschen, was oft den gelehrtesten Forschern verborgen bleibt, nämlich das eigene Herz, das dunkle Rätsel, das Buch mit sieben Siegeln. Es sind Die, welche das erreicht haben, was das griechische Heidentum als den Gipfel aller Weisheit richtig bezeichnet hat sich selbst zu erkennen! Und wer sind die Leidtragenden? es sind nicht die Kopfhänger, die Tief- und Trübsinnigen, die an der Wahrheit Verzweifelnden, die Pessimisten; o nein, es sind Die, in deren Augen wohl Tränen stehen, aber in den Augen voll Tränen spiegelt sich der Himmel, weil diese Augen nach oben gerichtet sind!

Herr Jesu, Du Hochgelobter, so preisen wir Dich um Deines ersten Wortes willen: Holdselig sind Deine Lippen! (Nikolaus Fries)