Matthäus 15,21
Andachten
Und Jesus ging aus von dannen und entwich in die Gegend von Tyrus und Sidon. Und siehe ein cananäisches Weib ging aus derselben Grenze und schrie ihm nach.
Ein cananäisches Weib ging aus den Grenzen von Tyrus und Sidon, um Jesum zu suchen. Das war eine rechte Seltenheit. Sie gehörte ja zu den alten Cananiterstämmen, die dem Volke Gottes seit mehr denn tausend Jahren feind waren. Was trieb nun dieses Weib heraus aus seinen Grenzen? Die Zuchtrute Gottes. Sie mag hin- und hergefragt haben nach Hilfe für ihre kranke Tochter. Da kommt ihr denn die Botschaft von Jesu von Nazareth zu, von den Taten, die er an den Kranken tat. So eilt dies Weib vor das Angesicht, zu den Füßen des Herrn. Du Menschenkind, du hast dir auch ein kleines Tyrus oder Sidon in deinem Herzen gebaut. Du hast dir dein kleines Lebensgebiet abgerundet und eine Mauer darum gezogen. Du hast deinen Kreis der Freuden; du hast deine Interessen, denen du dienst; du hast deine Hoffnungen, an die du deine Seele gehängt hast; du hast deine Sünden, die durch jahrelange Sitte Mitbewohner dieser deiner Herzensstadt geworden sind. Sie haben Bürgerrecht darin erlangt. In dieser deiner Stadt wohnst du. Wohnt Gott auch mit darin? „Ja wohl,“ sagst du. Und du sagst recht. Er hat ein Haus darinnen neben den übrigen Häusern. soll es aber nicht sein. Er soll nicht zwischen deinen Interessen stehen, wie ein Gleicher unter Gleichen, oder allenfalls wie der Erste unter Gleichen. Aus dieser Todesstadt, aus diesem Sündentyrus will er uns heraus haben. Wie fängt er's an? Auf gute Worte hören wir so selten; er braucht das Kreuz.
Aus dem Leben ohne dich, o Herr, ruft uns jeder Sonntag hin zu dir. Da möge denn dieser Sonntag in der Passionszeit, wo wir dich als die duldende Liebe sehen, uns doppelt laut rufen. Aus der Gleichgültigkeit und Kälte gegen dich will uns jedes Kreuz locken, das du uns auferlegst, da möge denn dein Kreuz, das du für uns getragen, und dem wir jetzt wieder mit zueilen, doppelt ernst mahnen: Kommt her zu mir! Herr, wir wollen kommen; gib selbst dazu den rechten Ernst. Segne dein Wort, das heute der Gemeinde verkündigt wird, an uns und allen Menschen, dass wir keinen Anderen suchen, als dich allein! Amen. (Friedrich Ahlfeld)