Matthäus 14,31
Andachten
JEsus aber reckte bald die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: O du Kleingläubiger, warum zweifeltest du?
Der Glaube kann wohl sinken, aber er versinkt nicht. Mit ihm ist Der, der aus der Finsternis den Morgen und aus dem Tage die finstere Nacht macht, der dem Sturm Stille und dem wilden Meer Ruhe gebieten kann in jedem Augenblick. Durch welche Nächte und Tiefen Er die Seinen auch führt: in Gnade und Macht wird Er doch auch an dem Geringsten der Seinen Sich verherrlichen! Nur getrost und getreu, demütig und mutig, um Seinetwillen, um des Gottessohnes willen, der in die Welt gekommen ist! Was wir hienieden von Ihm erkennen und erfahren, ist nicht viel mehr, als der Saum Seines Gewandes, der Genesung gab allen, die ihn anrührten. Was wird es sein dort droben, wenn des irdischen Glaubens: Du bist wahrlich Gottes Sohn! sich verwandelt in des Himmlischen Schauens: Mein HErr und Mein Gott! (Gottfried Menken)
“Du Kleingläubiger, warum zweifeltest du?“
Der kurzsichtige Mensch hält oft nicht für möglich, was Gott in seiner Allmacht tun kann. Der Unglaube ist oft schwer zu heilen und lehnt sich auf in Ungehorsam, statt sich zu unterwerfen und gehorsam dem Wort zu trauen „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ Auch in dem Herzen Marthas, wo der Glaube vor kurzem noch triumphiert hatte, tauchen wieder Zweifel und Unglaube auf. - Sie hatte ihn als den Lebensfürsten erkannt und ihn als ihren Heiland gepriesen; und doch beginnt sie wieder zu zweifeln. Sie spricht es aus: Die Verwesung habe bereits begonnen und ihre Hoffnung zerstört. Es dünkt ihr nutzlos, den Stein wegzunehmen, da Lazarus doch keine Stimme mehr hören könne. Vor wenigen Augenblicken hatte sie zu seinen Füßen das köstliche Bekenntnis abgelegt: „Ich glaube, dass Du bist Christus, der Sohn Gottes.“ Nun aber angesichts des Grabes und der Verwesung vergisst sie, dass, was bei den Menschen unmöglich, bei Gott möglich ist!
Wie oft geht es uns ähnlich! Wie leicht ist es, unsern Glauben zu bekennen, wenn uns alles nach Wunsch geht, und kein Dunkel auf unserm Wege sich zeigt! Kommt aber die Stunde der Prüfung, so wankt unser Glaube gerade dann, wenn er uns stützen sollte. Die frühere Zuversicht ist geschwunden, wenn die Wellen unserem Lebensschifflein sich nähern. Der Unglaube fragt dann: „Wo ist nun dein Gott?“
Aber wird Martha durch ihren Zweifel die Hilfe des Herrn aufhalten, so dass der Stein liegen bleibt, und das Grab den Lazarus behält? Nein, der Herr liebt die Seinigen zu sehr, um durch ihren Zweifel sich hindern zu lassen, sein Gnadenwerk zu vollenden. Er besiegt den Kleinglauben, und es ist, als hörten wir seine Frage: „Warum traust du mir nicht völlig?“ Hast du vergessen, welche Gnade ich dir bisher erwiesen, meine Hand ist nicht zu kurz, dass sie nicht helfen könnte. Nun so glaube doch! „Habe ich dir nicht gesagt: „So du glauben würdest, du solltest die Herrlichkeit Gottes sehen?“„ Wenn wir wie Jakob ausrufen möchten: „Es geht alles über mich!“ und Gottes Führung misstrauen, so müssen wir dieser Stimme des Unglaubens Schweigen gebieten. Gott verbirgt sich den Seinigen oft, um ihren Glauben auf die Probe zu stellen. Er führt sie in die Wüste, um freundlich mit ihnen zu reden. Er lässt es wohl bis zum Äußersten kommen, damit seine Hilfe um so herrlicher und köstlicher uns erscheine. Ja scheinbar lässt er seine Verheißungen unerfüllt, damit wir lernen sollen hoffen, wo nichts zu hoffen ist, um uns um so fester an ihn zu halten. Wenn es lange scheint, als ob unsere Gebete nicht erhört würden, so soll uns dies um so mehr treiben, uns ihm in die Arme zu werfen und nicht nachzulassen mit Beten und Ringen. Gott will, dass wir unserer völligen Abhängigkeit von ihm inne werden sollen. Er will uns zeigen, dass, wo der Menschen Hilfe aufhört, gerade seine Stunde gekommen ist. Wenn du in der Zeit der Heimsuchung deine Schwachheit fühlst und zu unterliegen meinst, so ruft er dir zu: „Habe ich dir nicht gesagt: so du glauben würdest, du solltest die Herrlichkeit Gottes sehen.“ Wir sehen so leicht nur auf uns, auf unsere Schwachheit, statt unsern Blick fest auf den treuen Bundesgott zu richten und unsern Finger auf jede seiner Verheißungen zu legen, eingedenk des Wortes: „Sollte er etwas sagen und nicht tun? Sollte er etwas reden und nicht halten?“ (4. Mos. 23,19). Mag vieles sein, das uns irre machen könnte, sehen wir gar keinen Ausweg, bricht kein Strahl der Gnade durch die dunkeln Wolken, dennoch bleibt es wahr: „Der Herr hat des Tages verheißen seine Güte und des Nachts singe ich ihm und bete zum Gott meines Lebens.“ Glauben halten wie Abraham, der Vater des Glaubens, anhalten im Beten ohne Wanken, Hoffen und Vertrauen, das ist's, was Gott auch von uns fordert. Sollten wir auch hier seine Führung nicht verstehen, so wird droben der Tag kommen, getrost wo sie ihre herrliche Lösung finden wird im Lichte der Ewigkeit, wo die Worte des Herrn in Bethanien in Wahrheit erfüllt werden: „Sagte ich dir nicht, so du glauben würdest, du solltest die Herrlichkeit Gottes sehen.“ (John Ross MacDuff)