Haggai 1,2
Andachten
So spricht der Herr Zebaoth: Dies Volk spricht: Die Zeit ist noch nicht da, dass man des Herrn Haus baue. Und des Herrn Wort geschah durch den Propheten Haggai: Aber eure Zeit ist da, dass ihr in getäfelten Häusern wohnt? Und dies Haus muss wüste stehen.
Wie es ein Warten gibt, das verdrießt, so gibt es ein anderes, das man aus fleischlichen Rücksichten verlängern möchte. Die Juden zu Haggais Zeit, als sie kräftig Hand anlegen sollten an dem neuen Tempelbau, schützten vor: Es ist noch nicht an der Zeit; die Umstände seien noch nicht reif zu solch einem Unternehmen. Unterdessen aber suchten sie für sich selber sich recht bequeme Häuser zu bauen; das ging vor; mit des Herrn Sache hatte es keine Eile. Eben so gibt es auch heut noch gar manche christliche Vorwände, eine Arbeit abzulehnen, wozu man in des Herrn Sache aufgefordert wird. Da heißt es: Man müsse nicht eilen; solch ein Werk bedürfe der Überlegung; Zeit und Umstände seien dazu noch nicht reif, auch fühle man sich innerlich hiezu nicht genug aufgefordert. Das klingt gar christlich, aber die Frage ist die: Will der Herr das Werk? entspricht es einem fühlbaren Bedürfnis? kann man, ehrlich gesprochen, länger warten, um im Glauben die Sache anzugreifen? Handelte es sich um eine Gelderbschaft, um eine Konkurrenzsache, oder um eine Gelegenheit, behaglicher zu wohnen, oder ein gutes Handelsgeschäft zu machen, flugs sind alle Mittel da, um die etwaigen Schwierigkeiten zu überwinden. Nur der Herr muss warten; die Zeit will immer noch nicht kommen für ihn; und der gräuliche Undank, den man so christlich bemäntelt, wird immer noch nicht gerichtet. Wie ganz anders David, der ausruft: Siehe, ich wohne in einem Zedernhause, und die Lade Gottes wohnt unter den Teppichen. Man frage sich doch redlich: Kann ich mir nicht etwas mehr abbrechen, und auch persönlich mehr tun für das Reich Gottes, besonders wenn es Anforderungen sind, die mir sollten zu Herzen gehen? Ist es nicht die größte Ehre, wenn wir ein wenig Kalk, oder einige Steine herbei tragen dürfen im Dienste des Herrn? Geben ist seliger, denn nehmen, und welchen Gewinn bringt uns Alles, was wir haben, wenn es nicht ein Gewinn ist für den Herrn? (Friedrich Lobstein)