Psalm 24,7
Andachten
Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!
Als Jesus in Jerusalem einzog, erhob sich in der ganzen Stadt die Frage: Wer ist der? Auch wir wollen durch das ganze folgende Jahr alle Stunden und Augenblicke fragen: Wer ist der, welcher in unserm Herzen will wohnen und uns erhalten zum ewigen Leben? Wer ist derselbige König der Ehren? Auch wir wollen mit Freuden die Antwort hören: Es ist der Herr Zebaot, der große Himmelskönig, damit wir die Tore unserer Ohren und Herzen Ihm öffnen. Denn der Held von zwei Naturen muss eine hohe Tür haben, und weil er viel mitbringt, muss ihm ein weites, breites Tor geöffnet werden. Es gibt aber eine dreifache Zukunft Christi, einen dreifachen Advent: ein Kommen ins Fleisch, ein Kommen im Geiste und ein Kommen zum Gericht. Er kam, Er kommt, Er wird kommen: das sagt, der da war, der da ist und der da kommen wird. Er kam vor 1800 Jahren bei seiner Menschwerdung und Geburt in die Welt, und erschien damals im Fleische für die Menschen. Er kommt täglich und will täglich kommen in uns durch den Glauben und die Wiedergeburt, und wohnen und leben allezeit in unserm Herzen. Er wird endlich kommen am Tage seiner Offenbarung wider die Welt, um die Ungläubigen zu strafen und zu richten und die Gläubigen selig zu machen und zu belohnen. Die erste Ankunft hilft uns nichts und die dritte wird uns fürchterlich sein, wenn wir uns der zweiten nicht teilhaftig machen. Kommt Christus nicht in uns, so ist Er auch nicht für uns gekommen, und wird dereinst wider uns kommen. An seinem Kommen in uns ist daher Alles gelegen, wie das Lied sagt: „Wäre Christus tausendmal geboren und nicht in euch, so seid ihr ewiglich verloren!“ Da wir nun nicht wissen, wann die dritte Ankunft des Herrn eintreten wird, so sollen wir vor allem uns um seine zweite Ankunft in unsere Herzen bestreben. Wer wird bestehen vor Seinem Zorn, wenn er Ihn nicht selbst in sich wohnend hat? Wer Ihn nicht in sich hat, wird als Spreu ohne Kern zu leicht erfunden und ins Feuer geworfen. Wer Ihn nicht in sich hat, kann nicht sagen: Komm, komm, Herr Jesu! Oder er ruft Feuerflammen, dass sie ihn verzehren. - O Herr Jesu, komm denn in unser Herz, damit wir Dich einst mit Freuden können kommen sehen zum Gericht und zur Vergeltung. Komm! Ich will Dein geschworener Untertan bleiben, bleib Du mein geschworener König und Seligmacher, bestätige und erneuere meinem Herzen im neuen Kirchenjahre die alten Privilegien: so genügt mir zeitlich und ewiglich. (Friedrich Arndt)
Dein König kommt zu dir, dein König! Der König, dessen Thron wohl jetzt noch vor unsern Augen verborgen ist, dessen Reich aber ewig währt, unter dem ein seliges Wohnen und Leben ist und dessen wahre Untertanen die glücklichsten aller Menschen sind. Und dieser König kommt zu dir sanftmütig, nicht als ein Schreckenskönig, sondern als ein Friedefürst, nicht um zu richten, sondern um zu begnadigen! (Alwill Müthel)
Macht die Tore weit, und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe.
Mit diesen Worten werden alle Könige und Obrigkeiten der Welt ernstlich ermahnt, dass sie Christum mit Seinem Evangelio uns mit Seiner Kirche in ihre Länder aufnehmen und demselben Herberge geben sollen. Und wird hier zum Grund angeführt, weil Christus der König der Ehren sei. Er wird aber so genannt: 1) Wegen Seiner herrlichen Person, weil Er ein allmächtiger Gott ist, der Glanz der Herrlichkeit Gottes, welchen alle Kreaturen als ihren Schöpfer zu ehren schuldig sind. 2) Ist Er ein König der Ehren wegen Seines herrlichen Amts und großen Wohltaten; denn Ihm gebührt alle Ehre im Himmel und auf Erden, wie die Heiligen und Auserwählten singen: Offenb. 5,12.13. So will Gott der himmlische Vater 3) nicht anders denn in Seinem lieben Sohn und durch denselben geehrt werden. Er ist auch 4) ein König der Ehren und der Herrlichkeit, weil ohne und außer Ihm niemand zum Vater in die Herrlichkeit kommen kann.
Macht hoch die Tür, die Tor macht weit: Es kommt der HErr der Herrlichkeit, ein König aller Königreich, ein Heiland aller Welt zugleich, der Heil und Leben mit Sich bringt; derhalben jauchzt, mit Freuden singt: Gelobet sei mein Gott, mein Schöpfer, reich von Rat! (Johann Arnd)
Macht die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe.
Dieses Psalmwort sei unsere Losung für das neue Kirchenjahr, in welchem der König der Ehren, unser Heiland, aufs Neue durch sein Evangelium bei uns Einzug halten will. Er will immer aufs Neue Einzug halten in unsere Kirchen; o dass die Tore derselben weit geöffnet wären einzulassen ein großes Volk, eine größere Gemeinde als bisher, die bereit wäre dem Herrn zu dienen in heiligem Schmuck. Er will Einzug halten in unsere Häuser und Familien, o dass die Türen ihm offen ständen, dass man auch dort hörte die Stimme des Dankes und predigte alle seine Wunder. Aber nicht nur in Kirche und Haus will der Herr zu uns kommen; es soll das Ziel erreicht werden, dass Himmel und Erde den Herrn verkündigen und er auch durch ihre Predigt Einzug bei uns hält, dass es an jedem Orte heißt: hier ist wahrlich Gottes Haus, hier ist die Pforte des Himmels, wie es entspricht dem Worte: die Himmel erzählen die Ehre Gottes (Psalm 19, 2) und die Erde ist des Herrn und was darinnen ist (Psalm 24, 1). Damit es aber dazu komme, dass wir dieses Zeugnis vernehmen, damit wir auch in Kirche und Haus mit hörenden Ohren das Evangelium aufnehmen, bedarf es vor Allem dessen, dass unsere Herzen bereitet würden den Herrn zu empfangen und er in dieselben einziehen könnte. Darum sollten die vorstehenden Psalmworte zu allererst an unseren Herzen sich erfüllen. Freilich steht es nicht in unserer Macht, die Herzenstore weit und hoch zu machen, aber der Herr ist ja auch schon am Anfang unseres Lebens bei uns eingekehrt, und hat schon vielfach an uns sein Werk getrieben und ist uns auch im verflossenen Kirchenjahre nahe getreten und will auch im neuen Kirchenjahre in den Schwachen mächtig sein; daher heißts: macht die Tore weit und die Türen hoch: lasst den Herrn in euch die Herzen weit und hoch machen. Darnach wollen wir trachten in dem neuen Lebensabschnitt, der vor uns liegt, dass wir empfangen je mehr und mehr ein Herz weit in der Buße, im Glauben und in der Liebe und ein Herz, hoch erhoben in der Hoffnung. Wo der Christ in der Buße immer mehr mit göttlicher Traurigkeit die Wurzel der Sünde und die einzelnen Sünden in immer größerem Umkreise erkennt, wo er im Glauben dem Ziele sich nähert, die Tiefe und die Höhe, die Breite und die Länge der Liebe Gottes in Christo zu begreifen, wo er in der Liebe wachsend, sich immer erschließt gegenüber den Mitmenschen, die Gott auch also geliebt, dass er seinen Sohn für sie gegeben hat, wo er in der Hoffnung der nichtigen Welt gekreuzigt, trachtet nach dem, was droben ist, der empfängt durch die Gnade des Herrn ein Herz, das sich auftut dem König der Ehren, da geschieht es, was der Psalmist ersehnt: macht die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe. Ja, dann wird er im neuen Kirchenjahre auch bei uns einziehen, um seine Herrlichkeit uns zu offenbaren und das gute Werk, das er in uns angefangen, der Vollendung entgegenzuführen. (Thomas Girgensohn)
Predigten
Gedichte und Lieder
„Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!“
Du kehrest wieder, wunderbare Zeit,
Und willst der Welt von Neuem Jesum bringen.
Ach, könnt' ich doch dem Herrn der Herrlichkeit
Ein triumphierend Hosianna singen!
Ach, könnt' ich ihm ein Lied der Engel weih'n
Und wie ein Kind mich seiner kindlich freu'n!
Von Zion her frohlockt der Feierklang -
Könnt' ich mit ihm nun auch mein Lied vereinen!
Doch, ach! es wird zur Klage mein Gesang,
Ich will dir jauchzen, und ich möchte weinen!
Verhüllen möcht' ich dir mein Angesicht,
Du Heiligster! - Doch jauchzen kann ich nicht!
Und dennoch kann ich's, bebet auch mein Herz;
Soll eigne Freud' ja nicht den Herrn erheben,
Und trägt doch eigne Kraft nicht himmelwärts:
Er will den Seinen seine Freude geben!
Drum freut mein Herz sich, ob mein Auge weint,
Denn Jesus kommt, es kommt der Sünder Freund!
Es kommt der Held, der Schmerz und Tod bezwang.
Durch seinen Tod bezwang und seine Schmerzen;
Drum tönt auch ihm der Weinenden Gesang,
Drum jauchzen ihm die tiefbetrübten Herzen,
Drum freut sich das betrübte Zion sein.
Drum kann auch ich ihm Freudenpsalmen weih'n!
Mein Heiland kommt! So komm' denn, Jesu, komm'
Auch in mein Herz, das Finsternis umnachtet;
Komm' in mein Herz und mach' es selig, fromm,
Und gib du ihm, wonach es dürstend schmachtet;
Mach' es von Sünd' und Sündenschmerzen rein,
Zeuch in mein Herz, o lieber Heiland, ein!
Triumph! du kommst und lässt dein Heil mich seh'n;
Drum will ich dir mein Hosianna singen!
Ach hält' ich Flügel, zu des Himmels Höh'n,
Zu deinem Throne mich empor zu schwingen!
Zu wem du kommst, dem ist die Welt zu klein,
Er möcht' schon heut' in deinem Himmel sein!
Sei denn gegrüßt, du wunderbare Zeit,
Seid mir willkommen, ihr geweih'ten Tage!
In Freude wandelt ihr der Seele Leid,
In Hosianna meines Herzens Klage!
Es zieht mein Heiland in sein Zion ein:
O, freu' dich, Herz, du sollst sein Zion sein! (Christian Wilhelm Spieker)