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Psalm 130,6

Psalm 130,6

Andachten

Meine Seele wartet auf den Herrn von einer Morgenwache zur andern. Israel hoffe auf den Herrn: denn bei dem Herrn ist die Gnade, und viel Erlösung bei ihm. Und er wird Israel erlösen aus allen seinen Sünden.
Gott hat seine Zeiten und Stunden, und lässt sich von uns nichts, gar nichts vorschreiben. Er lässt uns auf seinen Trost und Frieden manchmal lange warten, um uns die Sünde mehr und mehr zu verleiden, um die Aufrichtigkeit und Beständigkeit unserer Buße zu prüfen, um uns im Glauben und in der Geduld zu üben, oder um uns recht hungrig und durstig nach seiner Gnade zu machen. Und ehe er dieses Ziel an uns und mit uns erreicht hat, kann das Wasser der Trübsal nicht in Freudenwein verwandelt werden. Er spricht, wie dort sein Sohn auf der Hochzeit zu Kana: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“! Darum warte nur mit Geduld! Sprich mit unserm Psalm: „Meine Seele wartet auf den Herrn“. Und wenn eine Nacht nach der andern kommt, und wenn ein Morgen nach dem andern erscheint, und keinen Trost, kein Licht, keinen Frieden, kein neues Leben mit sich bringt, so sprich: „Meine Seele wartet auf den Herrn von einer Morgenwache bis zur andern“. Warte nur, liebes Herz, in Hoffnung und Geduld! Es steht geschrieben: „Das Warten des Gerechten wird Freude werden“, und abermals: „Durch Stillesein und Hoffen werdet ihr stark sein“. Dann kommst du immer wieder aus der Tiefe in die Höhe. Aber wir sollen nicht bloß hoffen und warten, und dabei die Hände müßig in den Schoß legen. Es gilt auch zu ringen. Hier steht es geschrieben: Israel hoffe auf den Herrn„. Nur Israel darf hoffen. Wer ist solch ein Israel? Wer mit seinem Gott kämpft und ringt, wie Jakob in jener Nacht mit ihm gekämpft und gerungen hat, als er den Namen: Israel, der Gottesstreiter, empfangen hat. Nur wer mit seinem Gott im Gebet, in der Geduld und im Glauben ringt, ob auch das Gelenk seiner Hüfte darüber verrenkt wird; nur wer betend, glaubend und ringend mit Jakob sprechen kann: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“ nur wer mit der Welt kämpft und ringt, und nicht eher ab- und nachlässt, bis dass er sie mit aller ihrer Lust, mit all ihrem Hass und mit aller ihrer Verführung zu Boden und unter die Füße getreten hat nur wer mit seinem eigenen Fleisch und Blut immer und immer wieder glaubend, betend und hoffend kämpft und ringt und mit allem Ernste darauf sinnt und daran arbeitet, seinen Leib zu betäuben und zu zähmen, und sein Fleisch zu kreuzigen samt den Lüften und Begierden - nur der darf auf den Herrn hoffen. Und warum dürfen wir fröhlich glauben, wenn wir also hoffen, warten und ringen? Es steht hier geschrieben: „Bei dem Herrn ist die Gnade, und viel Erlösung bei ihm“. Wir haben euern Christus, der da lebt und regieret in Ewigkeit. Er tröstet uns nicht bloß in unserer Not. Er hilft nicht bloß hier und da ein wenig nach. Nein, er hat das Lösegeld ganz und voll bezahlt. Er hat uns völlig erlöst und will uns völlig erlösen. Darum steht hier zum seligen Schluss: „Und er wird Israel erlösen aus allen seinen Sünden“. (Friedrich Ziethe.)


Meine Seele wartet auf den Herrn von einer Morgenwache bis zur andern.
Der Herr nimmt uns aus einer Schule in die andere. Auf ein kürzeres Warten folgt ein längeres; eine Schulzeit bereitet immer vor auf eine andere, und der Herr will nicht, dass wir beim ABC stehen bleiben. Der Psalmist harrt zuerst, und durch dieses Harren lernt er warten von einer Morgenwache auf die andere. Das geistige Schildwachenstehen lernt man nicht so leicht; und doch ist es ein köstliches Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des Herrn hoffen. Die leidenden Tugenden sind uns nötiger, als die tätigen, denn es gibt vielleicht hier auf Erden mehr zu leiden, als zu tun. Unser Tun geht oft gar nahe zusammen, aber was wir tragen müssen, wiegt schwerer. Warten von einer Morgenwache zur andern führt zur inneren Gediegenheit. Wenn eine gläubige, harrende Seele warten kann bis zur Ablösestunde, so ist sie dann auch zu des Herrn Dienst zu gebrauchen. Sie kommt in dieser Probezeit recht ins Reine mit sich selber und mit der Beschaffenheit ihres Glaubens. Es gibt sogar christliche Zustände, auf die man warten muss bis zur Stunde, wo man ans Sterben geht. Dahin gehört für Manche die selige Gewissheit ihrer Gotteskindschaft. Man sieht oft Christen, die in ihrer ganzen Richtung etwas Gedrücktes haben, und die der Herr so bis gegen ihr Ende gehen lässt, ohne sie von dieser gesetzlichen Ängstlichkeit zu befreien. Es wäre ihnen vielleicht nicht gut gewesen, ein allzu triumphierendes Christentum zu führen; sie werden später erkennen, dass sie der Herr doch an der Hand geführt und bis ans Ende bewahrt hat. Wem es ernstlich darum zu tun ist, für den Herrn zu leben, der kann sicher sein, der Herr hat ihn angenommen, und des Gerechten Warten wird Freude werden.

Manche müssen aber auch von einer Morgenwache bis zur andern warten, ohne abgelöst zu werden, weil sie auf sich selber warten und nicht auf den Herrn. Das Festalten an der Eigenheit macht einen schweren Schildwachendienst. Ein Kirchenvater betete: Nimm hin, was mein ist, und gib mir, was dein ist, so bin ich der Sünde los und des ewigen Lebens gewiss. (Friedrich Lobstein)

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