1. Thessalonicher 4,17
Andachten
„Wir werden bei dem HErrn sein allezeit. So tröstet euch nun mit diesen Worten untereinander.“
Bei diesen Worten des Paulus ist zu bemerken, dass er von der Wiederkunft Christi redet: Da werden dann die Toten in Christus zuerst auferstehen und mit dem HErrn kommen, und die Seinen auf Erden, die noch leben, werden verwandelt und Ihm entgegengerückt werden in der Luft. Diese beiden wird der HErr mit sich führen, um sie dann allezeit bei Sich sein zu lassen. Drum sagt der Apostel am Schluss: „Wir werden bei dem HErrn sein allezeit.“
Das „Sein bei dem HErrn“ geht in seiner vollen Wirklichkeit erst dann an, wenn der HErr erschienen sein wird. Den Entschlafenen, sofern sie in dem HErrn entschlafen sind, wird's bis dahin schon wohl gehen. Sie bedürfen keines Trostes mehr. Sie werden getröstet wie Lazarus in Abrahams Schoß. Wir aber bedürfen des Trostes unter den schweren Kämpfen und Anfechtungen, die wir in dieser Welt durchzumachen haben. Da, so meint nun Paulus, sollten wir uns untereinander trösten.
Die Thessalonicher übrigens bedurften zunächst um der Entschlafenen willen eines Trostes; denn sie meinten, diese werden - weil sie vor der Zukunft Christi gestorben seien - bei Seiner Wiederkehr zu kurz kommen. Das machte sie um so trauriger, weil sie denken konnten, sie müssten etwa auch noch sterben, ehe der HErr käme; und dann würden sie in gleicher Weise Schaden leiden! Statt dessen spricht Paulus ein tröstliches Wort sowohl mit Bezug auf die Verstorbenen als mit Bezug auf die Lebenden: der HErr werde auf gleiche Weise für beide sorgen, damit sie's ohne Unterschied erlangen würden, bei Ihm zu sein allezeit.
Unterdessen hat sich freilich die Zukunft des HErrn verzogen; und wir sind nicht mehr in solcher Weise um unsere Verstorbenen bekümmert - wenn wir diese nur im HErrn gestorben wissen! Aber des Trostes bedürfen wir doch noch zu sehr, unsretwegen. Und wie wir uns trösten sollen, das sagt Paulus auf eine jetzt noch gültige Weise.
Wir sollen uns nämlich, das liegt in den Worten des Paulus, gegenseitig unsere Hoffnungen vorhalten: Wir sollen uns die großen Dinge, die geschehen werden zur endlichen Erlösung aller Kreatur, vergegenwärtigen und unter den Mühen dieses Lebens uns miteinander in die freudige Zeit versetzen, da wir ausgeweint haben und bei dem HErrn allezeit und unverrückt sein werden. Es genügt nicht, wenn wir uns nur so im Allgemeinen die himmlische Seligkeit vergegenwärtigen, ohne uns dabei die Art, wie sich diese endlich gestaltet, vorzustellen. Wir können uns viel besser trösten, wenn wir's uns recht deutlich sagen: wie unser lieber HErr Jesus Christus wiederkommen werde vom Himmel und wie Er dann zuerst die Entschlafenen - soweit sie in Christus sind - aus den Gräbern holen werde; wie er hierauf auch uns, falls wir noch leben würden, rufen werde als solche, die Er nun nicht mehr von Seiner Seite lassen wolle!
Ach, lernten wir uns so miteinander trösten! Wie würde uns dies auch zu einer Ermunterung dienen, um das Kommen des HErrn, das zur Vollendung des Ganzen so nötig ist, zu bitten! Es würde uns stärken, auszuharren in Geduld und Glauben, wenn namentlich die entscheidenden Zeiten näher rücken! (Christoph Blumhardt)
„Wir werden also bei dem Herrn sein allezeit.“
Wie kurz sind doch die lieblichsten und zärtlichsten Heimsuchungen, die wir von Christo erfahren, und wie bald gehen sie vorüber! Unser Auge schaut auf Ihn einen Augenblick, und wir freuen uns mit einer unaussprechlichen und herrlichen Freude; doch aber über ein kleines, so sehen wir Ihn nicht mehr, denn unser Freund entzieht sich uns wieder; gleich einem Reh oder jungen Hirsch hüpft Er auf den Bergen und springt auf den Hügeln; Er ist auf die Würzberge gegangen, und weidet nicht mehr unter den Rosen.
O, lieblich ist doch die Aussicht auf die Zeit, wo wir Ihn nicht mehr werden von fern erblicken, sondern wo wir Ihn schauen dürfen von Angesicht zu Angesicht, und uns dürfen weiden an seinem Anblick; wo Er uns nicht nur wie ein flüchtiger Gast begegnet, der nur eine Nacht bei uns zubringt, sondern uns ewiglich umarmt und an dem Busen seiner Herrlichkeit ruhen lässt. Wir werden Ihn nicht bloß für wenige Augenblicke sehen, sondern wir dürfen uns in Ihm freuen ohne Aufhören.
„Dann wird seiner Liebe Sonne
Auf uns strahlen ew‘ge Wonne.“
Im Himmel werden weder Sorgen noch Sünden störende Unterbrechungen unsrer Wonne veranlassen; keine Träne wird unsre Augen umdüstern; kein irdisches Geschäft wird uns abziehen von unsern seligen, wonneerfüllten Gedanken, nichts wird uns hindern, unaufhörlich, mit unermüdeten Augen, in die Sonne der Gerechtigkeit zu schauen. O, wenn es schon so süß und köstlich ist, dass wir Ihn hienieden von Zeit zu Zeit einmal für wenige Augenblicke betrachten können, wie herrlich wird‘s erst sein, wenn wir ewiglich in dies liebe Antlitz blicken dürfen, wenn sich nie eine trübende Wolke zwischen Ihn und uns lagert, wenn wir nie mehr unsre Augen wegzuwenden brauchen auf eine Welt voll Schwachheit und Schmerzen! O, seliger Tag, wann brichst du endlich an? Erhebe dich, stehe auf, du Sonne, die nie wieder untergeht! Die sinnlichen Freuden mögen uns verlassen, so bald sie nur immer wollen, denn wir werden reichlich dafür entschädigt. Wenn das Sterben nur der Eingang zur unsterblichen Gemeinschaft mit unserem lieben Heiland ist, dann wahrlich ist Sterben Gewinn, und dieser trübe Tropfen wird verschlungen von einem unendlichen Meere des Triumphes. (Charles Haddon Spurgeon)
„Und wir werden also bei dem Herrn sein allezeit.“
Während wir hier sind, ist der Herr bei uns, und wenn wir hinweggerufen werden, sind wir bei Ihm. Es gibt keine Scheidung des Heiligen von seinem Heiland. Sie sind eins und müssen immer eins sein. Jesus kann ohne die Seinen nicht sein, denn dann wäre Er ein Haupt ohne einen Leib. Ob wir hingerückt werden in den Wolken, oder im Paradies ruhen oder hier weilen, wir sind bei Jesus; und wer soll uns von Ihm scheiden?
Was für eine Freude ist dies! Unsre höchste Ehre, Ruhe, Tröstung, Wonne ist, bei dem Herrn zu sein. Wir vermögen uns nichts vorzustellen, was diese göttliche Gesellschaft übertreffen oder auch nur ihr gleichkommen könnte. Durch heilige Gemeinschaft müssen wir mit Ihm in seiner Erniedrigung, Verwerfung und Mühe und Arbeit sein, und dann werden wir mit Ihm in seiner Herrlichkeit sein. Nicht lange, so sollen wir mit Ihm in seiner Ruhe und seinem Königtum, in seiner Erwartung und in seiner Erscheinung sein. Uns soll es ergehen, wie es Ihm ergeht, und wir sollen triumphieren, wie Er triumphiert.
O mein Herr, wenn ich allezeit bei Dir sein soll, so habe ich eine unvergleichliche Bestimmung. Ich will keinen Erzengel beneiden. Allezeit bei dem Herrn sein, ist meine schönste Vorstellung von dem Himmel. Nicht die goldenen Harfen, nicht die unverwelklichen Kronen, nicht das unumwölkte Licht ist für mich Herrlichkeit, sondern Jesus, Jesus selber, und ich auf ewig bei Ihm in nächster und teuerster Gemeinschaft. (Charles Haddon Spurgeon)
Und wir werden also bei dem HErrn sein allezeit.
Der HErr Jesus ist bei den Seinigen alle Tage bis an der Welt Ende. Er ist mitten unter ihnen, wenn sie in Seinem Namen versammelt sind. Er wandelt mitten unter den goldenen Leuchtern, das ist unter den christlichen Gemeinden. Hingegen sagte Paulus: ich habe Lust abzuscheiden und bei Christo zu sein, wir haben Lust außer dem Leibe zu wallen und daheim zu sein bei dem HErrn, und: nach der Auferstehung werden wir dem HErrn entgegen gerückt werden in der Lust, und also bei dem HErrn sein allezeit. Wenn man sagt, dass man bei Jemand sei, so hat es seinen Bezug auf die Wohnung des Anderen. Wenn ich nämlich in meines Freundes Wohnung bin, so bin ich bei meinem Freund, und wenn er in meiner Wohnung ist, so ist er bei mir. Wenn wir also bei dem HErrn sein werden, so werden wir sein, wo Er wohnt, wo Sein Thron ist, wir werden in Seinem Haus oder Tempel sein: wenn Er aber bei uns ist, so ist Er da, wo wir als Pilgrime wohnen und wallen. Sehr merkwürdig sind aber die Worte, die Offenb. Joh. 21,3. stehen, wo gesagt wird: siehe da eine Hütte Gottes bei den Menschen, und Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Er selbst, Gott bei ihnen, wird ihr Gott sein. Hier wird gesagt, dass Gott und die Menschen gleichsam so nahe zusammen rücken werden, dass Gott bei den Menschen Seine Hütte haben und wohnen werde. Das neue Jerusalem ist eine Stadt, die den auserwählten Menschen bereitet ist, Hebr. 11,16. In dieser Stadt oder Wohnung der Menschen aber wird auch Gott Seine Hütte haben. Er wird selbst auch darin wohnen. Der Thron Gottes und des Lammes wird drinnen sein. Die Menschen werden da allezeit bei Ihm, und Er selbst Gott wird bei ihnen sein. Unbegreifliche Herablassung Gottes! Ungemeine Vertraulichkeit, deren Er die Menschen würdigen wird! Neue und innige Verbindung, in die Er mit ihnen treten wird!
Aber wie? ist nicht unser Gott ein verzehrendes Feuer? Hebr. 12,29. Wer ist unter uns, der bei einem verzehrenden Feuer wohnen möge? Wer ist unter uns, der bei der ewigen Glut wohne? Aber ach, so sagen nur die Sünder und Heuchler Jes. 33,14., welche die Versöhnung, die Christus am Kreuz gestiftet, durch den Glauben nicht empfangen haben. Wer sie aber empfangen hat, wer mit der Gerechtigkeit Christi bekleidet, wer in Ihm ist, dem ist Gott ein liebliches Licht, und kein verzehrendes Feuer, und Seine Herrlichkeit ein erquickendes Gut, und keine brennende Glut. Christus ist der Weg zum Vater. Niemand wage es anders als auf diesem Weg zu Gott zu nahen. Freilich werden am jüngsten Tag, wenn Christus auf dem Thron Seiner Herrlichkeit sein wird, alle Völker vor Ihm versammelt werden: allein denjenigen, welche Seine Gerechtigkeit und Sein Bild nicht haben, wird das Stehen vor ihm eine große Pein sein. Freilich wird auch bei den Gerechten eine Verherrlichung ihrer Natur vorgehen müssen, um die Herrlichkeit Gottes nicht nur zu ertragen, sondern auch als das höchste Gut zu genießen; denn die sterbliche Natur gerät in ein Entsetzen, ja in eine Ohnmacht, wenn ihr Gott in Seiner Herrlichkeit erscheint, wie die Beispiele des Jesaias, Ezechiels, Johannis und Anderer beweisen. Der HErr erfülle auch an mir und den Meiningen, was Er Joh. 14,3. Seinen Jüngern verheißen hat: Ich will wieder kommen, und euch zu mir nehmen, dass ihr seid, wo ich bin. (Magnus Friedrich Roos)