2. Korinther 2,10
Andachten
Welchem ihr etwas vergebt, dem vergebe ich auch. Denn auch ich, so ich etwas vergebe jemandem, das vergebe ich um euretwillen an Christi Statt, auf dass wir nicht übervorteilt werden vom Satan; denn uns ist nicht unbewusst, was er im Sinn hat.
Die Weise, wie man oft in der Christenheit vom Satan sprach, muss uns tief traurig machen. Man sprach von ihm, um kräftig zu hassen und wirksam zu schänden, und sah nicht, dass man eben dadurch den Willen des Satans tat. So weiß man nicht, weshalb Paulus den Satan gefürchtet hat. Wenn Satan nur seinen eigenen Feind fürchtet, dass er ihn in dem schädige, was ihm für sein Glück und Leben wertvoll ist. Dann kann er, wenn ihn ein Hass gepackt hat, den Satan auch als seinen Bundesgenossen anrufen, der ihm helfen soll, seine Feinde zu verderben. Paulus denkt, wenn er vom Satan spricht, daran, dass er Gottes Feind ist, der sich dem gnädigen Wirken Gottes widersetzt. Darum tut er das Gegenteil von dem, was Christus tut. Der Christus ist der Fürsprecher des Menschen, der Satan sein Verkläger. Der Christus ist der, der uns mit Gott versöhnt, der Satan der, der uns mit Gott entzweit. Der Christus empfängt seine Sendung von Gottes Gnade und handelt an uns in ihrem Dienst; der Satan ruft gegen uns das strafende Recht Gottes an und macht sich zum Werkzeug seines Zorns. Darum ist nicht die Natur, sondern die Christenheit der Ort, an dem sich die Wirkungen des Satans zeigen, weil Gott seine Gnade an der Christenheit offenbart. Darum sprach Paulus mit den Korinthern dann vom „Gott dieser Welt, der die Gedanken blind mache“, wenn das Evangelium für die, die sich zu Christus bekannten, ohne Wirkung blieb und ihnen die Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu nicht sichtbar machte, weil sie von ihrer eigenen Größe voll waren, und mit den Römern sprach er dann vom Satan, den Gott zertreten werde, wenn Evangelisten mit lockenden Worten den Gegensatz zwischen der Gerechtigkeit und der Sünde verwischten und die Gemeinde lehrten, im Namen der Gnade zu sündigen.
Die Lage einer Gemeinde war dann besonders gefährlich, wenn in ihrer Mitte Versündigung geschehen war, so dass sie strafen musste. Bösem durfte sie nicht freien Raum gewähren; Strafe war unentbehrlich. Heilsam strafen kann aber nur der, der vergeben kann. Nun gilt es, dass sie dem Einfluss des Satans kräftig widerstehe, und Paulus zeigt ihr, wie sie das kann, nicht durch Zauberformeln, noch weniger durch Gewalttaten, die unter dem Schein des Rechts geschehen, sondern dadurch, dass sie vergibt. Bleibt sie unversöhnlich, kann sie nicht verzeihen, so tut sie, was der Verkläger tut, dessen Macht darauf beruht, dass er die Schuld der Menschen vor Gott geltend macht. Wenn sie dagegen vergibt, so tut sie, was der Christus tut, bleibt in seinem Willen und ist das Werkzeug seiner Gnade, die den Menschen nicht verdirbt, sondern das Böse mit dem Guten besiegt. Es gibt für die Christenheit nur einen Schutz dagegen, dass sie sich am Streben und Wirken des Satans beteilige, den, dass sie den gnädigen Willen Jesu tut.
Es gibt, Herr Gott, vielerlei Mächte, die um uns werben, vielerlei Einflüsse, die uns berühren. Auch das, was Dein Werk unter uns bestreitet und verdirbt, ist uns nah. Bewahre mich und Deine ganze Schar, dass sie niemand anbete als Dich allein und keinen Willen tue als den Deiner Gnade. Amen. (Adolf Schlatter)