Römer 8,5
Andachten
Denn die da fleischlich gesinnt sind, die sind fleischlich gesinnt; die aber geistlich gesinnt sind, die sind geistlich gesinnt. Aber fleischlich gesinnt sein ist der Tod, und geistlich gesinnt sein ist Leben und Frieden.
Ein Jedes unter uns hat seine Lieblingssünde, und nach diesen Lieblingssünden gestalten sich die Bilder und Phantasien, mit welchen wir am meisten umgehen, an welchen unser Herz am meisten Freude findet. Ein geiler Mensch hat geile, schändliche Bilder und Vorstellungen in seiner Seele, und kann auch durch sich selber immer wieder neue Bilder dieser Art in sich erwecken und zu seiner schändlichen Ergötzung schaffen; ein Geiziger hat Bilder vom Haben, Besitzen, Gewinnen, Erwerben, Erben, Reichwerden; eines Jeden Einbildungskraft ist geschäftig nach seiner Hauptleidenschaft. In unbewachten Augenblicken kommt unser armes Herz gern in Träumereien hinein, die sich auf unsere Lieblingssünden beziehen; da kann man so dasitzen und sich in ganze Sündenfelder hineinträumen, und das Herz weidet sich darin und ist ihm wohl darin, wenn es nichts von etwas Besserem, vom Heiland, weiß und erfährt. Wie nun von Natur in uns sich Sündenbilder erzeugen, so muss das Bild Christi in uns lebendig werden: er muss eine Gestalt gewinnen in uns; er muss uns zum Hauptgegenstand der Sehnsucht unseres Herzens, zum einzigen Lieblingsbilde werden, das uns überall begleitet, außer welchem die Seele keine Ruhe, keinen Genuss hat, auf welche sie jedes Mal wieder zurückkommt, wenn sie sich verirrt hat, wo sie alle Freude, alle Nahrung findet. Das heißt Christum sehen, und darin besteht eben die neutestamentliche Seligkeit, die wir hienieden im Lande des Glaubens genießen können.
Christus, das Lamm Gottes, muss in das Herz, vor die Augen des Geistes; sein Geist muss ihn verklären unserem Geist; sonst lieben wir ihn gewiss nicht; wer: ihn aber nicht liebt, der ist auch sein Jünger nicht. Ist es so bei uns? Sehen wir ihn? (Ludwig Hofacker)