Lukas 23,8
Andachten
Da aber Herodes Jesum sah, ward er sehr froh; denn er hätte ihn längst gerne gesehen; denn er hatte viel von ihm gehört, und hoffte, er würde ein Zeichen von ihm sehen. Und er fragte ihn Mancherlei; er aber antwortete ihm nichts.
Dem Herodes war es nicht um seiner Seele Seligkeit, noch um die Befreiung eines Gerechten zu tun, sondern er hätte, da er viel von Christo gehört hatte, nur gern ein Zeichen von ihm, irgend ein Meerwunder oder Hokuspokusspiel gesehen. Die großen Herren dieser Welt ennuyieren1) sich so leicht, und wenn Christus ihr Hofnarr werden wollte, würden sie ihm alle Ehre antun. Vor solch einem Menschen aber wie Herodes konnte Christus nur schweigen. Einem Profanen wie diesem predigen, der gar keine geistigen Bedürfnisse hat, das hieße die Perlen vor die Säue werfen. Aber das Schweigen Christi ist auch eine Predigt, eine gewaltige. Ein Mensch, dem Christus gar nichts sagt, muss viel auf dem Gewissen haben. Wie Christus reden kann, so kann er auch schweigen, und sein Schweigen trifft oft nicht nur Den oder Jenen, sondern ganze Familien, Städte und Länderstriche. Da wo Christus nichts gilt, da wo höchstens Schiller und Goethe predigen, da schweigt er. Es ist dies Schweigen der Windstille zu vergleichen vor schweren Orkanen. Hätten wir doch ebenfalls stets die Kunst, an dem rechten Ort zu schweigen oder zu reden! In der Schule Christi lernt man Beides. Aber das innere Schweigen ist noch ein schwereres, als das Schweigen mit dem Mund. Man kann einen Groll oder ein Leid in sich fressen, und so schweigt dann doch das Herz nicht; nur wer Alles hingeben kann an Gottes Willen, kommt in jene tiefe, heilige Stille, von der das Schweigen Christi ebenfalls ein Bild und Ausdruck ist. (Friedrich Lobstein)