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Matthäus 27,45

Matthäus 27,45

Andachten

Und von der sechsten Stunde an ward eine Finsternis über das ganze Land bis zu der neunten Stunde. Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut, und sprach: Eli, Eli, lama asabthani? das ist: mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

So ruft aus grauenvoller Finsternis des Sterbenden Mund über die dunkle Erde hin. Ist denn Keiner hier, dessen begnadigte, errettete Seele mit Danken und Jauchzen ihm Antwort gibt? O lasst uns die Knie beugen und anbeten vor solcher unendlichen Liebe und Gnade, und antworten mit demütigem Dank und Preis: Darum, o Herr, bist du verlassen worden, damit wir nie mehr von Gott verlassen würden. Darum hast du dich von Gott verlassen gefühlt, damit wir nun allezeit Gottes Vaterherz offen fänden. O Herr, lass uns diese deine Angst und Not alle Tage vor Augen sein, dass wir recht erschrecken vor unserer Sünde, die dich so leiden gemacht. Lass uns aber auch den seligen Trost erfahren, dass du solche Angst für uns getragen, auf dass wir nun nimmermehr zu verzagen brauchen. Ja, Herr, kraft deiner Angst und Pein reiß uns aus all unsern Ängsten. Verlass uns nicht, wenn unsere Seele in Anfechtung und Versuchung fällt, und uns um Trost und Kraft bange ist. Verlass uns nicht in den Stunden, da die Wasser der Trübsal hoch gehen. Verlass uns nicht, wenn Vater und Mutter uns verlassen und sich Alle von uns wenden und kein Helfer da ist. Verlass uns nicht im letzten, schwersten Kampfe, da hilf uns zum Siege und zum Leben, kraft deiner Angst und Pein. Amen. (Adolf Clemen)


Und von der sechsten Stunde an ward eine Finsternis über das ganze Land, bis zu der neunten Stunde. Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut und sprach: Eli, Eli, lama asabthani? Das ist: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Tiefer und tiefer ist unser Hoherpriester in das Meer des Jammers gesunken. Seit drei Stunden hat sich der Himmel verfinstert. Die Natur klagt mit; sie hat einen riesigen Trauervorhang um das Kreuz gezogen. Was aber der tiefste Kern in dem Kreuzesleiden war, das wird uns enthüllt in dem Schrei des gemarterten Lammes: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

Nicht mehr zu Menschen, auch nicht mehr für Menschen ruft Jesus diese Worte. Entschwunden ist ihm alle Kreatur. Er fühlt sich in seinem Jammer ganz allein mit Gott. Doch nein, das ist noch zu viel gesagt. Gott ist ja auch nicht mehr da. Er schreit zu Dem, der nicht mehr da ist. Und eben dies, dass Gott für Ihn nicht mehr da ist, ist das Kreuz des Kreuzes Jesu. Denn, von Gott verlassen sein, das heißt auch von allem und jedem Licht und Trost und Hoffnung und Kraft verlassen sein.

Was er je und je von der beglückenden Vaterliebe Gottes gespürt hatte, das scheint in sein Gegenteil verwandelt. Dass das so sein müsse, versteht er nicht, dass hieraus das Heil der Welt erwachsen werde, ist ihm entschwunden. Darum fragt Er: „Warum?“ O, über diesem „Warum?“ werden wohl alle Engel des Himmels den Odem angehalten und angstvoll fragend den Vater aller Geister angeblickt haben. Und wir sollten dies „Warum“ zu beantworten wagen? Und, verzeihe Herr, wenn wir ein wenig stammeln! Aber gestern noch, heute noch, verließen wir dich, und daher nur verstehen wir etwas von diesen Nöten. Denn da wir in die Sünde wiligten, die dir ein Gräuel ist, und da wir dich verließen, war uns innerlich nicht verborgen, dass du uns nun billiger Weise verlassen müsstest. Und ob du uns auch im Tode den Sold unserer Sünde schmecken lässt, so wissen wir doch, dass du uns auch da nicht gar verlässt. Ja, unser Tod wäre eine trostlose und endlose Gottverlassenheit, wenn nicht dieser Eine, dessen Speise es war, deinen Willen zu erfüllen, wenn nicht dieser eine Heilige allein von allen Lebenden die ganze Last unserer Sünden auf sich genommen und des Todes volle Bitterkeit geschmeckt hätte für uns. Da hat Er unsere Gottverlassenheit durchringen müssen!

So schweigt doch, ihr Unverschämten und Undankbaren, die ihr das ungerecht nennt! Betet an vor Ihm, der freiwillig euren Jammer auf sich nahm. Kann ungerecht sein, was die freie Liebe tut? So schweigt doch, Ihr, die Ihr das unsinnig nennt, dass aus dem Gehorsam des Einen Heil und Leben strömte über alle Ungehorsamen! Wisst ihr denn etwa einen andern Weg? Wahrlich, ihr werdet keinen Teil haben an dieser Gnade, bis ihr eure stolze unvernünftige „Vernunft“ verzehren lasst durch die Flammen dieser Liebe! War es denn nicht auch unsinnig, dass aus dem Ungehorsam des einen ersten Adam Sünde und Tod über alle seine Kinder kamen; ja auch über Die, die so gerne wollten gehorsam und unschuldig bleiben? Wäre diese Ordnung Gottes, die doch ohne Widerstreit vor Aller Augen ist, wäre die nicht in der Tat unsinnig, ja unbarmherzig und ungöttlich, wenn nicht diesem Todesgesetze auch ein Lebensgesetz gegenüber träte? Danke doch Gott auf den Knien, du, den der erste Adam ins Verderben zog, dass dich der zweite Adam versöhnen und in den Geist des neuen Gehorsams hineinbilden will. Trug der erste Adam die alte Menschheit ganz in sich, warum sollte Christus nicht die neue Menschheit in sich tragen? Konnte Jener durch eine Sünde alle verderben, warum sollte nicht Dieser durch en die Vollendung seines Gehorsams Alle wiederherstellen? Wehe uns! Adam schuf den Grund des Todes, darauf müssen wir treten. Aber Halleluja! Jesus schuf der Grund des Lebens, darauf können wir treten. Sieh, da ward Jesus der Christ und Retter, da Er gehorsam ward bis zum Tod. Da ward Er der Retter, da Er verlassen ward von Gott im bittersten Tod und dennoch festhielt an Gott. „Mein Gott, mein Gott!“ ruft Er und hält unerschütterlich fest an Dem, der nicht mehr hält an Ihm. „Mein Gott! mein Gott!“ ruft Er und klammert und bohrt sich hinein in das Herz des Gottes, der ihn verlassen hat. Siehe da, das exakte Gegenteil von Dem, was du täglich tatest, während Gott dich mit eitel Wohltat segnete. Siehe da, den Kelch, den du hättest trinken sollen. Nein, nicht ermessen können wir diesen Abgrund göttlicher Liebe, denn wir sind lieblose Menschen. Aber ahnen können wir, ja glauben können wir es, dass Tod und Sünde, Hölle und Welt überwundene Mächte für uns sind, wenn wir aus den Fußtapfen des ersten Adam in die Fußtapfen des zweiten treten und durch den Geist des Gehorsamen uns ziehen und umbilden lassen wollen. Wer das „Eli, Eli“ des sterbenden Mittlers versteht, der wird fühlen, dass er Grund unter die Füße bekommt.

Nun mögen die finstersten Finsternisse hereinbrechen über dein Leib und Seel, du armes Menschenkind, - nun mögen alle Wogen Gottes über sich herfluten, nun mag deine Seele in tiefen Ängsten zittern, - nun mag alles Gefühl von der Nähe Gottes schwinden, nun mag die Stimme der alten Schlange dir zuraunen: „Du hast's zu arg gemacht! für dich gilt weder Rettung noch Trost,“ dennoch darfst du nicht verzagen, darfst nicht fragen: „Wo ist nun mein Gott?“ sondern freudig und getrost sein. In Ewigkeit kannst du nicht von Gott verlassen sein, weil dein Heiland von Ihm verlassen war. In den finstersten Tälern kannst du fröhlich singen durch den Glauben: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“. Amen.

Drum soll, so lang' ein' Aber in mir schlägt,
Mein Herz dein Kreuzesbildnis in sich schließen,
Mein Mund in Lobgesängen sich ergießen,
Mein Alles sein zum Opfer dargebracht.
Die Sünde, die dir solche Zentnerlast
Hat aufgebürdet, will ich stets verfluchen,
Und was du für mich abgetragen hast
In treuer Liebe zu vergelten suchen. (Otto Funcke)

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