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1. Petrus 2,2

1. Petrus 2,2

Andachten

Und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch, als die jetzt geborenen Kindlein, auf dass ihr durch dieselbe zunehmt.
Man schaue doch so ein kleines Kindlein an, mit welcher Begierde und Wonne es die Mutterbrust sucht! Wie es sich erlabt an der Lebensquelle, die ihm hier sprudelt! wie es je und dann ablässt, um seine Augen voll Dank und Wonne in die Augen der Mutter einzusenken, und dann aufs Neue mit doppeltem Eifer zu trinken! Eben also, (sagt der Apostel,) sollen „die Christen begierig sein nach der vernünftigen lauteren Milch des Gotteswortes“. Der Apostel fürchtet nicht, dass die Jünger Christi, denen er schreibt, sich beklagen und sprechen werden: „Was? wir sollen noch den jüngstgeborenen Kindern ähnlich sein? Wir? Wir haben schon tiefe Erkenntnisse und Erfahrungen in den Wegen Christi gesammelt, ja wir haben schon viel erlitten um seines Namens willen“. So haben diese Leute nicht gesprochen, obgleich sie schon dergleichen hätten vorbringen können.

Sie haben gewusst, dass auch die geförderten Jünger wohl tun, sich noch als Kinder zu fühlen, die der eben so leichten wie stärkenden Nahrung der göttlichen Milch bedürfen und noch gar weit entfernt sind von dem Ziel des vollkommenen Mannesalters, dazu sie berufen wurden.

Und weil sie sich als Kinder fühlen, so wissen sie auch, dass sie sehr oft der Nahrung benötigt sind. Unzählige „Christen“ gleichen den Kamelen, welche sich auf einmal für die lange Zeit des Wüstenweges ihren Bauch mit Wasser füllen, um dann keines weiteren Trankes zu bedürfen. Nun ist's ja ein Heil, dass Gott die Dromedare so geschaffen hat, dass sie's aushalten können. Wie sollten sie sonst in der wasserleeren Wüste erhalten bleiben? Der Christ aber kann nicht von seinem inwendigen Vorrat zehren; er muss dem Kind gleichen, das, kaum getränkt, wieder begierig nach der Mutterbrust ausschaut.

Wie ist's nun mit deiner Begierde? Bist du dem Kinde ähnlich und suchst du einfältig nur Nahrung? „Lauter“ musst du das Christuswort haben, das heißt: ohne Zumischung von allerlei Menschenweisheit, möchte sie auch noch so fromm scheinen. „Vernünftig“ muss sie sein, das heißt: deinem Stand und Bedürfnis entsprechend. Also nicht, dass du dich in allerlei Grübeleien und Spekulationen über das 1000jährige Reich, über Prädestination und Wiederbringung, Fall der Engel und Bekehrung des Teufels, Zustand der Unterwelt und Beschaffenheit des Auferstehungsleibes und dergleichen verlierst, sondern Speise suchst mit heiliger Begierde. Was muss ich tun, Leiden und Lassen, damit ich selig werde, dass ich von meinen Sünden erlöst, Frieden, Vergebung und Gewissheit meines Heiles erlange? Was muss ich tun, um zu meinen Mitmenschen in das richtige Verhältnis zu kommen und meine Stelle auf Erden nach Gottes Willen auszufüllen? Was muss mit mir geschehen, damit ich licht und stark werde nach meinem inwendigen Menschen?

Wenn solche Gedanken dich durchflammen und zur heiligen Sehnsucht in dir werden, dann kann dir Gottes Wort die Nahrung nicht versagen. An dem kleinsten Sprüchlein, z. B.: „Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden,“ - wirst du dann Stunden lang, ja Tage lang, zehren können. Nicht wie ein Gelehrter, der nur zu oft die Schrift als eine Materie betrachtet, an welcher er seinen Scharfsinn beweisen kann, nein, wie ein hungerndes Kind die Mutterbrust anschaut, so musst du solch ein Sprüchlein fassen. Bei dem „selig“ sollst du dir erst einmal klar machen, was das denn eigentlich ist, was dich jetzt so unselig macht, äußerlich und innerlich, und dir dann das Gegenteil von dem Allen, so mächtig du nur kannst, ausmalen, um etlichermaßen zu fassen, welch ein freudenreich Ding das ist: „selig sein“. Nun weiter: „Selig sein sollen alle Die, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit“. Hier musst du einmal alle die großen Exempel der Gottesmenschen, von denen dich dünkt, dass sie nach der Gerechtigkeit hungerten, in's Auge fassen und so lernen, was denn wohl unter der Gerechtigkeit verstanden sei? An ihnen sollst du dich spiegeln, untersuchen, ob auch in dir so ein lauteres Verlangen sei, aus aller Gefangenschaft und Lüge und böser Lust, Eigenwilligkeit und Unlauterkeit herausgerissen und vor dem Heiligen in der Höhe so zu werden, wie du sein sollst.

Doch wir müssen hier schon einen Punkt setzen; es schadet auch nicht, wenn nur die Kindesbegierde nach göttlicher Nahrung in dir ist, wird sich das Trinken von selber machen. Die hungrigen Kinder wissen schon die Mutterbrust recht zu fassen, ohne dass sie ein Kollegium darüber gehört, wie sie's anfangen sollen. Du aber bitte, ringe nur nach lauterem Hunger, und dann falle darüber her. Gottes Brünnlein hat Wassers die Fülle!

Lass deines Wortes Kräfte
Mich immer mehr erfreun,
Lass es mein Hauptgeschäfte
Zu allen Zeiten sein:
Dein Wort zu wiederholen,
So wird's auf's Neue süß,
Sowohl was Gott befohlen
Als was Er mir verhieß. (Otto Funcke)


Und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch, als die jetzt geborenen Kindlein, auf dass ihr durch dieselbige zunehmt; so ihr anders geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist.
Die Holdseligkeit des himmlischen Vaters in Jesu muss also zuerst geschmeckt sein, sonst haben wir weder Kraft zum Ablegen des Bösen (V. 1), noch Lust zum Wachsen und Zunehmen (V. 2). „Das heißt aber geschmeckt, (sagt Luther), wenn ich mit dem Herzen glaube, dass Christus sich mir geschenkt hat und mein Eigen geworden ist und dass mein Unglück sein und sein Leben mein geworden ist. Wem solches zu Herzen geht, dem schmeckt es.“ Ja, das muss der Anfang sein. Wir müssen erst die beglückende Christusliebe erfahren und in ihr von dem Honigseim der Ewigkeit gekostet haben, ehe wir mit Erfolg nach Reinigung und Heiligung des inneren Menschen trachten können. Anders ist im „Ablegen“ eben so wenig Drang und Trieb, wie im Suchen der Nahrung. Wer aber Jesu einmal in Auge und Herz geschaut hat, der lässt sich's gern etwas kosten, ihm ähnlicher zu werden. Das ist das Eine, was der Apostel betont: „Um zunehmen zu können, müsst ihr erst geschmeckt haben, dass der Herr freundlich ist“.'

Nicht minder aber legt er den Finger auf den andern Punkt und spricht: Eine Zunahme muss stattfinden. Wie wunderbar schnell nehmen gesunde Kinder zu, bei gesunder Nahrung! Ein Kindlein aber, das nicht zunähme, würde Jedermann mit Angst ansehen, ob auch die Abnahme der Kräfte noch nicht augenscheinlich wäre. Das Kind selbst weiß nichts von seinem Zunehmen und Wachsen, weder das leibliche Kind noch das geistliche; wo aber kein Zunehmen wäre, da wäre der Tod! Im späteren leiblichen und geistlichen Leben fällt ja das Wachstum nicht mehr so in die Augen, wie in der ersten Zeit. Bei gegebener Gelegenheit wird es aber offenbar werden, dass dafür die innere Kräftigung so viel mehr zugenommen hat.

Freilich gibt's nun, wenn die vierziger Jahre vorüber sind, in der leiblichen Natur einen Stillstand, ja allmählig einen Rückgang. Die Kräfte, die Frische, die Geschmeidigkeit, die Schönheit des Leibes welken dahin, - langsamer bei den Einen, schneller bei den Andern. Wer den alternden Leuten täglich begegnet, merkt's nicht so; dem aber, der sie lange nicht sah, fällt's erschreckend auf.

Das ist für das leibliche Leben der traurige Lauf der Natur. Nur die gewisse Hoffnung der Auferstehung kann Einen darüber trösten. Im geistlichen Leben aber soll's mitnichten also sein. Da muss das Wachsen fortgehen, falls anders der innere Mensch gesund ist. Wir müssen wachsen in der Liebe und Erkenntnis Christi, müssen freier werden vom eigenen Willen, und fester, gebundener und stiller in dem Willen des Herrn. Immer natürlicher muss es uns werden, zu dienen und zu helfen in der sanften geduldigen Liebe Christi; immer leichter zu vergeben und zu vergessen usw.; denn der innere Mensch ist nicht, wie der äußerliche, zum Abwelken und Begraben werden verdammt, sondern zum ewigen Leben und zur ewigen Verjüngung. - Wohl gibt's ein Mannesalter im christlichen Leben, wo an Stelle des oft überstürzenden Jugendeifers ernste Nüchternheit, an Stelle des Hinstürmens ein fester gleichmäßiger Schritt getreten ist. Ein geistliches Greisenalter dagegen hat im Christentum keinen Raum.

Aber ach! wie Viele sieht man, wo Feuer, Energie, Eifer und Frische total erloschen sind! Wohl sind die alten frommen Formen, Phrasen und Gewohnheiten geblieben; der schärfere Beobachter aber merkt, dass das Alles abgestandene, absterbende oder abgestorbene Dinge sind. Keine neuen Lebenszuflüsse, Kräfte, Ideen und Anregungen strömen in die Seele hinein. Selbstgericht und Selbsterziehung haben aufgehört; so hat auch der Hunger aufgehört; Kirchgehen, Hausandacht, Gebet, Teilnahme an allerlei frommen Werken sind unmerklich alle entgeistert worden. Man disputiert lieber, als dass man lernt; man urteilt und richtet viel, vergisst sich aber selber; man bildet sich ein fertig zu sein und ist gerade deswegen auf dem Weg, eine Ruine zu werden.

O lasst uns wachen und beten, dass die Begierde nach göttlichem Lebenszufluss immerdar bei uns lebendig bleibe, damit wir nicht in so ein böses Veraltern hinein kommen, sondern allewege in jugendlichem Wachstum bleiben und durch des Herrn Geist auffahren mit Flügeln wie Adler. Ja, aus den göttlichen Quellen müssen wir täglich schöpfen als die Dürstenden, bis wir dahin kommen, wo ewige Jugend in unverwelklicher Schönheit prangt.

O du reiche Quelle,
Brunnen jeder Lust,
Mache mir es helle,
Hell in Aug' und Brust!
Ziehe, süße Liebe,
Mich hinauf zum Licht
Alle meine Triebe,
All' mein Angesicht. (Otto Funcke)

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