Jakobus 1,13
Andachten
Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand; sondern ein jeglicher wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust gereizt und gelockt wird.
Die Warnung, die uns verbietet, die Schuld an unserem Fall auf Gott zu legen, ist uns dringend nötig; sie ist aber reich an heilender Kraft. Die Neigung, Gott anzuklagen, ficht uns dann an, wenn wir uns zu unserer versuchlichen Lage richtig stellen. Dann erleben wir alle, was Jakobus im ersten Wort seines Briefes sagt, dass Versuchung Freude schafft, sogar wenn sie sich immer wieder erneuert. Dann aber, wenn wir in der Versuchung gefallen sind, vielleicht auch dann, wenn wir zwar noch nicht fielen, aber in einen harten Kampf verwickelt sind, weil sich eine zähe und starke Begehrung dem Gehorsam widersetzt, sind wir rasch bei dem Gedanken, dass die Schuld unseres falschen Schritts nicht auf uns falle, sondern auf Gott. Wir haben uns ja nicht selber in jene Lage versetzt, aus der die Versuchung entstand. Wir wurden in sie hineingeführt und nun war die Versuchung da, unentrinnbar, als Macht, die uns ergriff. Daran können wir nicht zweifeln, dass Gott auch in jenen Stunden, da wir die falschen Schritte taten, mit dabei gewesen ist. Auch im Rückblick auf jene Stunden steht die Gewissheit fest, dass unser Schicksal uns von Gott bereitet ist. Wie nun? Ist nicht Gott damals unser Feind gewesen, unser Verderber, der uns ins Böse stieß? Würde sich dieser Gedanke in uns festsetzen, so hätte uns unser Fall tödlich verwundet. Dann folgte auf ihn kein Aufstehen mehr und die Türe, die zur Umkehr führt, wäre für uns verschlossen. Besinne dich, sagt mir Jakobus, ehe du Gott beschuldigst; wer schuf deine Tat? Nicht die Dinge, nicht die Menschen, auch nicht Gott, meine Begehrung schuf meine Tat. Als ich den falschen Schritt vollzog, war ich der Schreitende. Irgendeinen Gewinn wollte ich erhaschen, irgendeine Verletzung meines Wohlseins und meiner Ehre abwehren. Freilich handelte ich gestoßen und gezwungen als Gefangener. Doch das, was mich stieß und zwang, war mein eigenes Begehren. Dieses zerrte an mir und köderte mich und ich glich dem Fischlein, das gierig nach dem Köder schnappt. Aus meiner Lage kam mein Begehren; das war es ja, was sie versuchlich machte. Ich konnte damals nicht hindern, dass der lockende Wunsch in mir entstand. Kam er aber deshalb zu mir, damit ich ihn erfülle? War er mir nicht deshalb gegeben, damit ich ihn entkräfte, entwurzle und zerstöre? Es bewegt sich in mir kein Verlangen, das ohne mich zur Erfüllung kommt. Zur Tat wird meine Begierde erst, wenn sie durch meinen Entschluss bestätigt und durch meine Zustimmung in Kraft verwandelt ist. Nun liegt die Schuld an ihrem richtigen Platz; nun liegt sie auf mir, und weil ich sie als die meine erkenne, ist sie mir vergeben. Lege ich sie dagegen auf Gott, dann hängt sie unvergeben an mir.
Herr, ich preise Deine Gerechtigkeit allein, auch wenn ich an jene Stunden denke, in denen ich mich falsch entschied. Alles würde dunkel, wenn in der Erinnerung an jene dunklen Stunden auch Dein Angesicht mir dunkel würde. Du aber warst auch damals gerecht und mein Unrecht war mein eigenes Werk. Denn ich hörte auf meine Lust und nicht auf Deinen Willen. Dein Werk ist es, dass ich an meinem Sündigen nicht starb, sondern lebe, und in meiner Nacht Dich nicht verlor, sondern zu Dir kommen kann und bei Dir bleiben darf. Das ist Dein göttlich großes Vergeben, Dein väterliches Werk. Amen. (Adolf Schlatter)
Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde, denn Gott ist nicht ein Versucher zum Bösen; er versucht Niemand.
Wenn man Feuer in ein eisernes Haus wirft, brennt es doch nicht. Wenn der Feind seine Pfeile in ein heiliges, reines Herz würfe, so müssten sie erlöschen, ohne Schaden zu tun. Aber das ist unsre Schuld, dass in uns selbst ein Teil wohnt, welcher den Versucher und die Versucherin willkommen heißt. Auch dein Gott stellt dich auf Scheidewege; er probiert dich und prüft dich mit Allem, mit Glück und Unglück, mit Reichtum und Armut, mit der Menschen Freundschaft und Feindschaft, mit Lob und Tadel, und noch im Tode! (Friedrich Ahlfeld.)