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Kolosser 1,10

Kolosser 1,10

Andachten

Wandelt würdiglich dem HErrn zu allem Gefallen und seid fruchtbar in allen guten Werken.

Es ist merkwürdig, wie das Wort Gottes, wenn es uns zum Halten Seiner Gebote antreiben will, stets auf alle Gebote es abhebt, wie hier, da wir dem HErrn zu allem Gefallen und in allen guten Werken fruchtbar sein sollen. Nie finden wir's angedeutet, als ob Gott zufrieden wäre, wenn wir etwa nur einen Teil Seiner Gebote hielten, da Er uns um dessen willen für die andern durch die Finger sehen wolle, dass es Ihm also nichts ausmachte, wenn wir nur in Manchem, sei's in Vielem, ob nicht gerade in Allem, recht wären. Vielmehr steht's immer so da, als ob Alles nichts wäre, wenn's auch nur an Einem fehle. Denn unser ganzer Sinn steht noch schief, wenn wir wirklich leichten Sinnes auch nur über Ein Gebot uns hinwegsetzen wollten.

Wir können's besonders bei unserem Spruch verstehen. Würdiglich wandeln wir dem HErrn gewiss nur dann, wenn wir in nichts Anstoß geben. Denn geben wir nur in Einem Punkte wirklich Anstoß, so befleckt's unsern ganzen Wandel. Da gibt's dann gleich Leute, die sagen: „Auf die halten wir schon nichts.“ In Allem muss man uns trauen dürfen, dass wir wenigstens Sinn und Gemüt und Willen für alles hätten, wenn's etwa auch an der Übung in Allem noch fehlt. Die, die auf uns sehen, müssen sich in Allem zu uns versehen dürfen, dass sie in nichts mit Sorglichkeit uns nahe kommen, ob sie an uns in diesem oder jenem auch wirklich den rechten Mann fänden. Ist jemand sanft, demütig, freundlich, leutselig, so tuts den Andern allerdings wohl, und gewinnt auch der Fernerstehende Zutrauen zu ihm. Merkt man aber, dass er gerne empfindlich wird, böse wird, wenn man ihm Unangenehmes sagt, so fängt man schon an, scheuer gegen ihn zu werden. Merkt man ferner, dass er Beleidigungen behält, ganz heimlich es auch fühlen lässt, dass er beleidigt ist, so ist der üble Eindruck von ihm noch stärker. Merkt man vollends, dass er ungerne in die Tasche greift, wo er sollte, gleich gar genau rechnet und sich besinnt, wenn's ums Mein und Dein sich handelt, kurz, dass er den Geiz hervortreten lässt und lieber nimmt als gibt, so kann's geschehen, dass man einen wahren Ekel an ihm bekommt, und nur um so mehr, weil man sich eines Bessern zu ihm versehen und gerade hierin ihn sich besser gedacht hatte. Mit nichts kann's ein frommer Christ mehr verderben, und kann er mehr Anstoß geben, als wenn man sieht, dass er den Spruch: „Niemand sehe auf das Seine, sondern auf das, das des Andern ist,“ nur auch gar nicht versteht. Da fehlt's auch wirklich noch weit an einem dem HErrn würdigen Wandel.

Die Ermahnung des Apostels sagt uns also, dass wir ausdrücklich es auf Alles abheben, Alles wichtig, Alles wirklich in die Übung nehmen sollen, damit es nicht bloß bei einem guten Willen zum Guten verbleibe, sondern dieses sich immer völliger zeige. Ein rechter Christ darf sich in nichts gehen lassen, und muss sich in Acht nehmen, dass die natürliche Unart des Herzens nicht unvermerkt wieder da und dort hervorbreche, muss sich darum gleich geschlagen fühlen, wenn's in Einem Stück nicht recht geworden ist, und muss es besser zu machen suchen. Ach, in welch gar anderem Kredit stünden Christen und Christentum, wenn wir uns alle wirklich übten, würdiglich zu wandeln dem HErrn zu allem Gefallen, und fruchtbar zu sein in allen guten Werken.

Zusatz. (Alle guten Werke.)

Nur als unlautere Werkheiligkeit erscheint es, wenn Gutes als vereinzelt, für sich allein, wollte dargestellt werden. Denn ist etwas wirklich gut, so kommt's aus einem Herzensstande, der nach allen Seiten hin gut sein möchte; und es zeugt mithin von einem Sinn und Willen für Alles. Wo es das nicht ist, ist Einer mit seinem vereinzelten Guten Pferden gleich, denen man ein Scheuleder an die Augen legt, damit sie nur geradeaus auf Eines sehen und die Aufmerksamkeit für Anderes verlieren. So ist's bei einem Christen, der nur etwas Gutes, also Helle nur nach Einer Seite hin, will. So will er's aber offenbar, um in dem Einen sich spiegeln und brüsten zu können, da mans deutlich sieht, dass bei ihm Alles aus Eigenliebe und Selbstgefälligkeit kommt, aus dem Buchstabendienst, nicht aus dem Geiste, nicht aus lauterer Liebe und Furcht Gottes, dass also sein Gutes nichts Echtes ist. Manche sind's gar zufrieden, wenn sie meinen, sich in etwas loben zu dürfen, dabei sie aber in sehr wichtigen Dingen ganz gleichgiltig bleiben. Sie wissen sich in Einem groß zu machen und glänzend vor der Welt darzustellen; und selbst dieses ihr Gutes, auf das sie alle ihre Kraft und Aufmerksamkeit verwenden, so dass sie für Anderes gleichsam nichts mehr übrig haben, kann für sie Ursache werden, dass sie nach andern Seiten hin die größten Lücken lassen, schon mit dem Versäumen wichtiger Schuldigkeiten. Während Andere, die allseitiger gewissenhaft sind, immer mit sich unzufrieden sind, und immer sich vor Gott als Schuldner fühlen, gegenüber von dem, was nach allen Seiten ihr Herz recht machen möchte, strecken jene den Kopf hoch in die Höhe, und tun, als ob sie fertige Leute wären, meinend, dass ihnen Gott ihr vermeintliches Gutes so hoch anschlage, dass Er bei ihnen ob allem Anderen, das an ihnen gefehlt hat, die Augen zudrücken werde, wie sie es gemacht haben. Wie blind kann doch der Mensch werden; und wie wichtig ist's, ihm es recht ernst vorzuhalten, dass seine Sache nichts ist, wenn er nicht Alles in Angriff nimmt, was zum neuen Leben nach dem Geiste gehört!

Wirklich Gutes setzt ein Licht im Herzen voraus, das, wenn es brennt, nach allen Seiten seine Strahlen auswirft; und wenn es auch nur schwach brennt, so geht schon der schwache Schimmer nach allen Richtungen, weckt mit einem Worte die Reime zu allem Guten. Solches Licht aber wird vermittelst des Glaubens an JEsum durch die empfangene Gnade angezündet; und von Christen, in welchen der Geist Gottes wirkt, kann's gefordert werden, dass sie den Schimmer des Lichts auf all ihr Tun fallen lassen, zur Demütigung, wenn's fehlt, und zum Sporn aufs Bessere. Daher, dass Jakobus (2,10) sagen kann: Jemand das ganze Gesetz hält, und sündiget an Einem, der ist's ganz schuldig,“ dass es überhaupt im Gesetz heißen konnte (5 Mos. 27,26): „Verflucht sei, wer nicht alle Worte dieses Gesetzes erfüllet, dass er danach tue.“ Denn Geringschätzung gegen Eines setzt Geringschätzung des Ganzen voraus.

Solches darf uns aber nicht erschrecken. Denn wir sehen auch wieder, wie leicht es ist, es in Allem zu etwas zu bringen, wenn man nur einmal anfängt, in Einem recht zu werden. Man verliebe sich nur nicht gleichsam in dieses Eine, mit Hintansetzung des Andern, sondern lasse sich durch dieses Eine zu immer Weiterem, ja zu Allem führen, wie das möglich ist. Denn um Eines recht zu machen, muss ich Gott lieben und fürchten, muss böses Gelüste überwinden, muss mich zusammennehmen, muss um Kraft bitten, muss Liebe auch gegen Andere beweisen, muss durchweg in den Schranken der Zucht verbleiben; denn sonst bringe ich es schon mit Einem nicht fertig. Ganz das Nämliche brauchts bei allem Andern; und es steht, wenn's für Eines da ist, schon auch für alles Andere bereit, dass mir's unwillkürlich auch für dieses Aufmerksamkeit und Treue einflößt, und ich mein Gewissen verletze, wenn ich mich von irgend einem Guten ablenke. Solches hat auch schon Johannes der Täufer gefühlt, welcher denen, die fragten, was sie nun zu tun hätten, immer nur Eines, wie es gerade für Jeden angemessen war, anriet, überzeugt, dass sie, wenn sie in diesem treu waren, eben damit auch zu allem Anderen, das Gott gefällig ist, geleitet werden würden. Zum Volk, das gleichsam verlegen war, wie es nun machen, dass sein Wandel fortan Gott wohlgefällig würde, sagte er ganz allgemein: „Wer zween Röcke hat, der gebe dem, der keinen hat; und wer Speise hat, tue auch also.“ Zu den Zöllnern sagte er: „Fordert nicht mehr, denn gesetzt ist.“ Zu den Kriegsleuten sagte er: „Tut Niemand Gewalt noch Unrecht und lasset euch begnügen an eurem Solde.“ So ließ Johannes die Leute mit Einem den Anfang machen; und er konnte versichert sein, wer gewissenhaft diesem Einen vor Gott nachkomme, der habe keine Ruhe, bis er's auch in allem Anderen nach Vermögen recht mache. Mach's auch so, lieber Christ, und halte dich nicht an der großen Forderung auf, dass du in allen guten Werken sollest fruchtbar sein. Fang mit Einem an, wie es gerade dein Stand erfordert, und du kannst von diesem Einen aus ohne viel Kampf und Mühe es, dass ich so sage, zur Vollkommenheit bringen, d. h. wirklich würdiglich wandeln dem HErrn zu allem Gefallen. Mit Einem kann Alles gemacht werden, gleichwie, wenn Eines fehlt, Alles nichts ist. (Christoph Blumhardt)

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