Epheser 4,15
Andachten
Lasst uns wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus, aus welchem der ganze Leib zusammengefügt ist und ein Glied am anderen hängt durch alle Gelenke, dadurch eins dem anderen Handreichung tut nach dem Werk eines jeglichen Glieds in seinem Maße, und macht, dass der Leib wächst zu seiner selbst Besserung, und das alles in der Liebe.
Alles, was in der Christenheit Wert hat und Frucht schafft, hängt an Christus; das ist das eine, was uns Paulus sagt. Zum Bestehen und Gedeihen der Kirche ist die Arbeit aller unentbehrlich; das ist das andere, was uns Paulus sagt. Vom Haupt aus wächst der Leib, nicht gelöst von ihm, nicht in eigener Kraft, sondern durch das, was er vom Christus empfängt. Er gelangt aber dadurch zum Wachstum, dass er ineinander gefügt und zum gemeinsamen Leben verbunden ist. Jeder Lebenslauf ist mit dem der anderen verschlungen. Vor Christus steht jeder als ein Glied des Ganzen und wird als solches von Ihm behandelt. Die Gabe, die Ihm dargereicht wird, erhält Er nicht für sich allein, sondern als ein Teil des Leibes, als ein Glied der Gemeinde. In der engen Verbundenheit, in der wir alle miteinander stehen, die uns alle wechselseitig zu Gebern und Empfängern der göttlichen Gabe macht, wird die Gemeinde Jesu zum Ort der Liebe. Das wäre nicht so, wenn der eine nur regierte, der andere gehorchte, der eine die Arbeit täte, der anderen nur in der Ruhe bliebe. Nun aber, weil Christus jeden als Glied seiner Gemeinde in Seine Gnade aufnimmt und jeden dazu begabt, dass alle durch ihn gesegnet werden, und jedem die ihm zugeteilte Arbeit gibt, jetzt hat die Liebe auf unserer friedlosen Erde eine Heimat gefunden.
Gepriesen bist Du, unerschöpflicher reicher Gott, dass Du uns den einzigen Sohn Deiner Liebe zum Haupt gegeben hast, der über dem ganzen Leibe steht und für alle seine Glieder sorgt. Gepriesen bist Du, Gott der Geduld, dass Du allen, auch uns Kleinen, an Deinem Werk einen Anteil gibst, dass auch wir am Wachstum Deines Leibes teilhaben dürfen und empfangen und geben, hören und reden, Liebe erhalten und Liebe spenden nach Deinem Willen, der uns reich und selig macht. Amen. (Adolf Schlatter)
„Wachsen in allen Stücken an Dem, der das Haupt ist, Christus.“
Manche Christen bleiben unentwickelt und zwerghaft in geistlichen Dingen, so dass sie Jahr um Jahr denselben Zustand wahrnehmen lassen. Sie bleiben an Dem, doch sie „wachsen“ nicht „in allen Stücken an Dem, der das Haupt ist.“ Aber sollten wir beim „Gras“ stehen bleiben, wo wir könnten in „die Ähren“ treiben, und vielleicht gar zum „vollen Weizen in den Ähren“ heranreifen? Sollten wir‘s dabei bewenden lassen, dass wir an Christum glauben und sagen: „Ich bin geborgen,“ und nicht viel mehr wünschen, aus eigener Erfahrung mehr von der Fülle kennen zu lernen, die sich in Ihm vorfindet? Es soll allerdings nicht so sein, wir sollen als kluge Kaufleute auf dem himmlischen Markt danach streben, reich zu werden in der Erkenntnis Jesu Christi. Es ist ganz recht und gut, wenn man anderer Leute Weinberg hütet, aber nur dürfen wir darüber nicht unser eigenes geistiges Wachstum und die Förderung unserer Reife vernachlässigen. Warum sollte es denn in unseren Herzen stets öder Winter bleiben? Wir müssen eine Saatzeit haben, das ist wohl wahr; aber, o, dass doch ein Frühling käme, ja, noch mehr, ein fruchtbarer Sommer, der uns eine reichliche und frühe Ernte verheißt! Wenn wir unter der Gnade reif werden wollen, so müssen wir zu Jesu kommen, in seine Gegenwart, müssen zeitigen in dem Sonnenschein seines milden Lächelns. Wir müssen liebliche Gemeinschaft mit Ihm pflegen. Wir müssen den Anblick seines Angesichts aus der Ferne aufgeben und nahe herzutreten, und wie Johannes das Haupt an seinen Busen schmiegen; alsdann werden wir erfahren, dass wir zunehmen in der Heiligung, in der Liebe, im Glauben, in der Hoffnung, ja, in jeder köstlichen Gabe. Gleichwie die Sonne zuerst nur den Gipfeln hoher Berge aufgeht, und sie mit ihren Strahlen vergoldet, und so dem Auge des Wanderers einen unvergleichlichen Anblick bereitet: so ist‘s eine der wonnevollsten Erfahrungen in der Welt, wenn man die feurige Glut vom Lichte des Geistes das Haupt eines Heiligen verklären sieht, der in geistlicher Gestalt, einem Paulus gleich, alle seine Genossen überragt, bis dass er gleich einem mächtigen, schneebedeckten Alpenriesen vor seinen Miterwählten die Strahlen der Sonne der Gerechtigkeit wiederstrahlt, und den Schimmer seines Glanzes hoch aufleuchten lässt, dass alle es sehen und ihren Vater im Himmel preisen können. (Charles Haddon Spurgeon)