Epheser 1,18
Andachten
Gott gebe euch erleuchtete Augen eures Verständnisses, zu erkennen, welches da sei die Hoffnung eures Berufs.
Gleichwie einem Blinden nicht geholfen ist, wenn die Sonne hell scheint, oder ein Licht angezündet wird, weil es ihm an der Tüchtigkeit zum Sehen fehlt, also ist einem natürlichen Menschen nicht damit geholfen, wenn ihm Gott die Wahrheit in Seinem Worte vorlegt, weil er als ein solcher nichts vom Geist Gottes vernimmt. Soll ihm diese Wahrheit klar und heilsam sein, so muss ihm Gott auch einen Sinn oder Verstand dazu geben (1 Joh. 5,20.), die Augen öffnen (Ps. 119,18.), das Verständnis öffnen, um die Schrift zu verstehen (Luk. 24,45.), und so erleuchtete Augen des Verständnisses geben. Christus heißt deswegen nicht nur ein Lehrer, sondern auch ein Licht, und zwar in demjenigen Verstand, in welchem der Täufer Johannes, der doch viel Gutes predigte, nicht das Licht war (Joh. 1,8.9.). Auch betete David, ob er schon das geschriebene Wort Gottes vor sich hatte, noch besonders um die Öffnung seiner Augen (Ps. 119,18.), und Jakobus, hieß Kap. 1,5. Gott um die Weisheit bitten, die er Kap. 3,15.17. die Weisheit von oben nennt. Auch wünschte Paulus Eph. 1,18., dass der Gott unsers HErrn Jesu Christi, der Vater der Herrlichkeit, den Ephesern (die an der Lehre keinen Mangel hatten) den Geist der Weisheit und der Offenbarung zu Seiner selbst Erkenntnis gebe. Lasst uns also auf unsern natürlichen Verstand nicht stolz sein, denn er ist nicht fähig, geistliche Dinge zu erkennen und zu fassen. Lasst uns nicht damit uns beruhigen, dass die Sonne der geoffenbarten Wahrheit uns scheint, und uns in der Bibel und andern guten Büchern das Licht aufgesteckt ist, denn es muss uns auch die Fähigkeit von Gott geschenkt werden, dieses Licht zu sehen. Wir haben insonderheit erleuchtete Augen des Verständnisses nötig, um die Hoffnung unseres Berufs zu erkennen. Wir sind nämlich zum ewigen Leben, oder zur himmlischen Freude und Ruhe berufen, und dürfen dieses Alles vermöge unseres Berufs hoffen. Diese Hoffnung des Berufs erkennen, ist eine selige Sache; denn man erkennt sie mit einem erquickenden und stärkenden Eindruck, mit einer Gewissheit, die auch im Tode getrost macht, und mit einem Vorschmack der Kräfte der zukünftigen Welt, welcher den Gläubigen zuweilen gegeben wird. Ebenso verhält es sich mit allen andern Artikeln des christlichen Glaubens, wie denn Paulus Eph. 1,19 – 23. mehrere anführt. Wer sie recht erkennt oder versteht, wird dadurch getröstet, gestärkt, bestraft, geheiligt, und zur Gemeinschaft mit Gott dem Vater und Seinem Sohn Jesu Christo geleitet. Dazu hat man aber geöffnete Augen des Verständnisses nötig, denn durch diese allein kann das göttliche Licht, welches ein Licht des Lebens heißt, folglich kräftig und wirksam ist, in die Seele eindringen. Wir wollen also fleißig, wie David mit allen Heiligen getan, und Jakobus befohlen hat, um geöffnete Augen und Weisheit bitten. Wir wollen aber auch mit dem Wort Gottes fleißig umgehen, und dasselbe gern hören, lesen und betrachten, weil Gott mit demselben und durch dasselbe die Erleuchtung wirkt und Seinen Geist mitteilt. Übrigens wollen wir der Wahrheit auch gehorsam sein, weil die Weisheit nicht in eine boshaftige Seele kommt und Gott, wenn Er durch Sein Wort erleuchtet, heilige Leute bilden will. Sein Licht war und ist noch das Leben der Menschen. (Magnus Friedrich Roos)
Gott gebe euch erleuchtete Augen eures Verständnisses, dass ihr erkennen mögt, welcher da sei der Reichtum Seines herrlichen Erbes an Seinen Heiligen.
Gott hat uns das Erbe, welches den Wiedergeborenen im Himmel behalten ist, mit vielen Worten und nach mancherlei Weisen in der Bibel beschreiben lassen: es sind aber erleuchtete Augen des Verständnisses nötig, um den Reichtum dieses herrlichen Erbes zu erkennen. Warum wird es ein Erbe genannt? Ein Erbe bekommt man umsonst. Wer sich noch einbildet, er verdiene etwas, und mache Gott durch seine Werke oder Leiden zu seinem Schuldner, versteht noch gar nicht, was dieses Erbe sei. Ein Erbe bekommt man aber nach dem Kindesrecht. Wie wird man aber ein Kind Gottes? Wie empfindet und bewahrt man die göttliche Kindschaft unter den mancherlei Zufällen des menschlichen Lebens? Dieses erkennt Niemand ohne Erleuchtung und Erfahrung. Gott hat das Erbe für Seine Heiligen bestimmt. Welches sind denn die Heiligen Gottes? Wie unterscheiden sie sich von den übertünchten Totengräbern, deren jetzt die Welt voll ist? Wer versteht ihre Würde, ihre Niedrigkeit, ihre Empfindungen, ihre eigenen Leiden? Niemand, als wer erleuchtet, und selber ein Heiliger Gottes durch die Gnade ist. Das Erbe, das Gott Seinen Heiligen bereitet hat, ist herrlich, und die Herrlichkeit ist bei demselben nicht sparsam angebracht, so dass nur hie und da ein kleiner Glanz hervorleuchtete: sondern es ist ein Reichtum der Herrlichkeit vorhanden. Man sehe nur das neue Jerusalem an, wie es Off. Joh. 21. und 22. beschrieben ist. Welch’ ein Reichtum der Herrlichkeit ist an demselben wahrzunehmen! Gassen von Gold, Tore von Perlen, Gründe von Edelsteinen, Mauern von Jaspis. Freilich wird jenes Gold nicht wie unser unreines und undurchsichtiges Gold sein, auch werden die Perlen und Edelsteine den irdischen nicht gleich sein. Es wird aber ein Gold von einer himmlischen Feinheit, es werden Perlen und Edelsteine von einer himmlischen Vortrefflichkeit sein. Überdies wird der Thron Gottes, der jenes Alles übertrifft, in dieser Stadt sein. Was aber noch das Allerhöchste ist, so wird der HErr der Allmächtige und das Lamm selber der Tempel in dieser Stadt sein, die Herrlichkeit Gottes wird sie erleuchten, und ihre Leuchte wird das Lamm sein. Seine Knechte werden Ihm dienen, und sehen Sein Angesicht, und Sein Name wird an ihrer Stirne sein, und sie werden als Könige regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit. Ist dieses nicht ein Reichtum der Herrlichkeit? Und zwar der Herrlichkeit des Erbes? Denn wer überwindet, der wird’s Alles ererben. Wer erkennt aber diesen Reichtum? Kein Sterblicher erkennt ihn vollständig. Auch die Heiligen auf Erden denken und reden wie Kinder davon, und haben eine Erkenntnis, die ein Stückwerk heißt und aufhören wird. Doch haben sie eine wahre und kräftige Erkenntnis, zu deren kindischer Schwachheit sich der große Gott durch bildliche Vorstellungen und Gleichnisreden herabgelassen hat. Sie bekommen auch zu dieser Erkenntnis von Ihm erleuchtete Augen des Verständnisses. Ihnen ist also die Beschreibung des ewigen Erbes und Seiner reichen Herrlichkeit so klar und so eindrücklich, dass sie zur Beweisung der Geduld in der Hoffnung dadurch gestärkt werden. (Magnus Friedrich Roos)