2. Korinther 5,8
Andachten
Wir haben vielmehr Lust auszuwandern aus dem Leibe und daheim zu sein bei dem Herrn.
Aus dem Leibe auszuwandern, kann für Gottes Kinder nur Gewinn sein. Ihr innerer Mensch ist erneuert, er drängt hinauf zu Gott. Die „Heiligen und Geliebten“ wollen daheim beim Herrn sein. Wie lange schon ist der Christ auf der Wanderung? Seit dem Tage der Übergabe an Jesus! Daheim! O welch ein schönes Wort! Und doch verspüren wir's, es gibt nur ein Daheim. Solange wir nicht beim Herrn sind, solange wir nicht Sein Angesicht schauen können, sind wir eben nicht daheim. Das lieblichste Familienverhältnis, das schönste Heim hienieden, auch das angenehmste Leben kann die Heimat dort oben nicht ersehen, kann das Sehnen nach dem Bräutigam nicht stillen. Aus Gott Geborene sind Kinder Gottes. Nur im Anschauen Gottes ist ihr Herz ganz gestillt. Daheim beim Herrn hört alles Seufzen auf, dort fühlen und wissen sich Seine Kinder nicht mehr beschwert. Der müde Leib ist zurückgelassen. Seele und Leib bereiten heute viele Schmerzen. Die Bande sind nicht mehr, wie sie sein sollten. Das Naturleben ist anormal, die Sünde hat Verwicklungen und Verirrungen verursacht, die Schmerzen nach sich ziehen. „Du sollst des Todes sterben!“ Dieses Strafwort hat Lösungen und Zersetzungen gebracht, welche auch im sonst gesunden Menschen zahllose Bangigkeiten und Leiden auslösen. Was Wohlsein ist, werden nur diejenigen erfahren, die daheim sind beim Herrn. Ja, nur Auferstandene haben ein ganz normales Leben! Wer den Geist hat, steht mit der Heimat, mit dem himmlischen Thron in Verbindung. Nach dem Vaterhause „ebnet sich das Kind. (Markus Hauser)
“Wir sind aber getrost und haben vielmehr Lust außer dem Leibe zu wallen und daheim zu sein beim Herrn.“
Der Weltmensch klebt an des Daseins süßer Gewohnheit; der bloße Gedanke an ein Ende dieses Erdenlebens erzeugt den kalten Schauer der Todesfurcht. Wie anders Paulus! Ihm ist das Leben „außer dem Leibe“, jenseits des Todes eine solche Gewissheit und eine so selige Aussicht, dass er bei solchem Gedanken zweimal kurz nacheinander betont: wir sind getrost. Dann muss der Gedanke an solche Zukunft einen starken Reiz im Gefolge haben. Daheim sein beim Herrn Jesu Christo! Das ist keine Gefühlssteigerung eines müßigen Träumers, sondern die klare Aussicht eines Mannes, der hier auf Erden mehr gearbeitet hat als sie alle! Jetzt mit aller Kraft sich täglich einspannen in die Arbeit, dem Reiche Gottes Wege in alle Welt zu bahnen, als gäbe es nichts anderes und zu gleicher Zeit, als sein zartes, süßes Geheimnis, das Heimweh nach der Herrlichkeit der ewigen Vollendung in der Brust tragen - das macht starke, freie Persönlichkeiten. Das ist unser Trost, dass alles, was wir jetzt unter Tränen und im Kampf arbeiten, ein Echo in der ewigen Herrlichkeit haben soll. In dem Maß, als wir uns dem Arbeitsvorbild des Apostels nähern, wächst auch jenes heilige Ruhebedürfnis nach dem Feierabend.
Tröste uns, Herr Jesus, jetzt im Sturm und Regen der Fremde damit, dass jeder erkämpfte Schritt uns der Heimat näher bringt. Dann wollen wir getrost sein und niemals über Lasten klagen. Es geht doch nach Hause zu dir! Amen. (Samuel Keller)
Wir haben Lust, außer dem Leibe zu wallen, und daheim zu sein bei dem HErrn.
Nur diejenigen können so sagen, die im Glauben wandeln und nach dem Schauen sich sehnen, und die ihr Leben auf Erden für eine Wallfahrt halten, und dabei wissen, dass sie ein Vaterland im Himmel haben, wo sie bei dem HErrn daheim sein werden. Allein was ist jenes Schauen, oder was ist dasjenige, das man durch das Schauen genießen wird? Was enthält das himmlische Vaterland? Wer ist der HErr, bei dem man daheim sein soll? Dieses Alles weiß Niemand, als wer davon eine Empfindung bekommen, oder wer die Kräfte der zukünftigen Welt geschmeckt hat, dass der HErr freundlich sei, wie Petrus 1 Petr. 2,3. sagt; denn alle wahren Begriffe entstehen aus Empfindungen. Freilich wird Niemand bei Leibesleben das ganze Gewicht der himmlischen Herrlichkeit mit einem völligen Eindruck erkennen, oder die ganze Fülle der himmlischen Freuden empfinden, aber etwas davon soll man doch erkennen und empfinden, und durch dieses Etwas nach dem Ganzen begierig werden. Wehe dem, der noch keine Freude geschmeckt hat, als diejenige, welche die Augenlust, Fleischeslust und das hoffärtige Leben gewähren kann! Wehe dem, dessen Seele noch nichts ergötzt hat, als was durch den Leib sie berührt hat! Ein solcher Mensch verlässt freilich die Erde ungern und begehrt außer dem Leib, an dem die Seele mit ihrer ganzen Lust angeheftet ist, nie zu wallen. Und doch wird er bald von der lieben Erde weggerissen und der Ausspruch Gottes: du Narr, diese Nacht oder diesen Tag wird man deine Seele von dir nehmen, wird an ihm erfüllt. Wie bitter aber ist alsdann das Sterben! Und wie schrecklich die Folge desselben! Zwar gibt es Leute, die zu sterben wünschen, wenn es ihnen übel geht, allein diese Leute denken an nichts als an das Ende des mühseligen Lebens, über dasselbe aber sehen sie nicht hinaus. Sterben wollen sie, oder vielmehr nimmer leiden, was auf ihnen liegt, ohne zu bedenken, wie es ihnen hernach ergehen werde. Ist aber dieses nicht Unvernunft? Ein Christ hat Lust außer dem Leibe zu wallen, weil er weiß, dass seine Seele außer dem Leibe die himmlische Freude und Ruhe, wovon er schon einen Vorschmack empfunden hat, ungehinderter und völliger genießen werde. Er stellt sich also den Zustand der Seele nach dem Tod nicht als fühllos, düster oder gar peinlich vor. Die Seele wird bei demselben ohne Sorge auf die Auferweckung ihres Leibes warten und zwar keinen Leib, aber doch ein himmlisches Haus haben, welches sie bewohnen und zugleich als ein Kleid anziehen wird, wie Paulus 2 Kor. 5,1-4. lehrt. Übrigens aber wird sie bei dem HErrn daheim sein, und wie dieser kurze Ausdruck anzeigt, an ihrem rechten Ort in der Ruhe sein und den HErrn durchs Schauen erkennen und genießen. Ein Christ darf also bei seinem Sterben denken, nun endige er eine beschwerliche Pilgrimschaft, nun gehe er heim, nun komme er zu dem HErrn, an den er geglaubt habe, ohne Ihn zu schauen und den er geliebt habe, ohne Ihn zu erblicken: nun werde er aber zu Ihm kommen, und bei Ihm zu sein und Seine Herrlichkeit zu sehen. Der uns aber zu diesem Heimgehen bereitet, ist Gott, der uns auch das Pfand oder das Angeld der himmlischen Herrlichkeit, nämlich den Geist gibt, V. 5. (Magnus Friedrich Roos)
Wir sind aber getrost, und haben viel mehr Lust außer dem Leibe zu wallen und daheim zu sein bei dem Herrn. Darum fleißigen wir uns auch, wir sind daheim oder wallen, dass wir ihm wohlgefallen.
O wie wenig verstehen doch diejenigen den Christenglauben, die ihm den Vorwurf machen, dass er den Menschen verleite, sich aus dem Ernst und den Pflichten des wirklichen Lebens in eine erträumte Welt zurückzuziehen, und der Wirklichkeit der Dinge zu grollen, weil diese mit ihren unerbittlichen Anforderungen sich den Träumen und Ansprüchen einer überspannten Einbildungskraft nicht anpassen wolle! Ein Mensch, der da weiß, dass die Welt mit ihrer Lust vergeht, der wird wohl innerlich los zu werden suchen von ihren Eitelkeiten, von dem verführenden Zauber ihrer Lüste, aber nicht los von dem Ernst ihrer Pflichten, von der Willigkeit, die Lasten des Lebens zu tragen, den strengsten Ansprüchen des Berufs und der Nächstenliebe gerecht zu werden, wie auch Johannes bezeugt: ein jeglicher, der solche Hoffnung hat, der reiniget sich, gleichwie auch er, der Herr, rein ist“ 1. Joh. 3.3. Denn weil der Hinblick auf die himmlische Heimat, wo keinerlei Sünde geduldet wird, die höchste sittliche Vollendung fordert, so wird der Christ sich auch in seinem Ringen nach Heiligung niemals genug tun; er wird an keiner schon erreichten Stufe sich genügen lassen, und am wenigsten durch schnöden Weltsinn ein Erbe verscherzen, dessen seliger Vorgeschmack schon hier seine ganze Seele erfüllte!
Denn die Herrlichkeit dieses Erbes ragt ja schon vielfach in dies arme Leben hinüber. Die Freude an der zukünftigen Heimat ist ja bereits ein Genuss der Gegenwart; wenn schon in irdischen Verhältnissen die Vorfreude auf ein glückliches, sehnlichst erwartetes Ereignis im stande war uns über bange und sorgenvolle Stunden der Gegenwart hinaus zu erheben, wie sollte denn nicht der Ausblick in eine selige Ewigkeit einen Glanz, eine Herrlichkeit über den dunklen Pfad des Pilgers ausschütten! Wenn man erst weiß, dass das Endziel des Weges ein überaus herrliches ist, dann kommt man auch eher über die Hindernisse hinweg, die sich dazwischen legen, und wenn unter den sengenden Gluten der Mittagssonne, unter den Mühen des dornenvollen Weges der Mut einmal sinken will, man rafft sich immer wieder auf an dem Gedanken: wie große Dinge warten deiner; die Krone ist's wohl wert, dass man um sie kämpfe! Und mit der Zeit kommt man ja auch weiter; mit den Jahren rückt das Ziel nicht weiter sondern näher. In der Welt fürchtet man sich, in die Jahre zu kommen, weil dann alles an den Aufbruch mahnt, das gefurchte Antlitz, das gebleichte Haar, die Hinfälligkeit des Leibes, der sich immer verengernde Kreis der Altersgenossen; aber dem Christen macht das keine Sorge, ihm gilt das schöne Wort: „ob unser äußerlicher Mensch verwest, so wird doch der innerliche von Tage zu Tage erneuert“ (2. Kor. 4.16); wie sollte er auch die finstere Kluft fürchten, die der Tod zwischen der Zeit und der Ewigkeit auftut: er ist ja schon gestorben; die Gedanken an jenen Augenblick, wo das Auge bricht und das Herz stille steht, wo das dunkle Grab sich über der zusammenbrechenden Leibesfülle zusammenschließt, sie sind ihm nicht mehr schrecklich, er hat sie oft genug innerlich durchlebt. Das Morgenrot eines schönen Lebens im Jenseits, das über sie dahinleuchtet, hat allen Schrecken und alles Grauen von ihnen hinweggenommen. Und zu diesem schönen Lichte wollen wir oft aufschauen; wir wollen ihr freudig lauschen, der guten Botschaft aus dem Vaterhause; wir wollen an ihrer mahnenden und tröstenden Verkündigung Mut fassen, die Leiden des Lebens geduldig zu tragen und seine großen Aufgaben gewissenhaft auszurichten.
Dazu hilf uns, o Herr, durch deine Gnade; du hast uns den Zug nach der himmlischen Heimat in die Seele gepflanzt, lass ihn auch dazu wirken, uns mit himmlischem Sinn zu erfüllen, und uns hier schon in die Ordnungen deines himmlischen Reiches einzuführen; Herr, du getreuer Gott, uns verlangt nach dir, denn nur in dir kann unsere Seele Ruhe finden; so sei uns denn nahe in allen Zeiten und Stunden mit deinem Geist und mit deiner Kraft, und gründe uns immer fester in der gewissen Zuversicht, dass wir nach vollbrachtem Erdenlauf ewig gerettet nach Hause kommen, und dort dich schauen sollen von Angesicht zu Angesicht! Amen. (Julius Müllensiefen.)
Wir sind getrost und haben Lust außer dem Leibe zu wallen und daheim zu sein bei dem Herrn. Darum fleißigen wir uns auch, wir sind daheim oder wallen, dass wir ihm wohlgefallen. Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, auf dass ein jeglicher empfange nach dem er gehandelt hat bei Leibes Leben, es sei gut oder böse.
Lebe im Gedanken des Todes, der wird dich erinnern, wie viel du noch zu erfüllen, wie viel du noch wies der gut zu machen hast. Trachte nach der Krone des Lebens, nach der Herrlichkeit bei Christo, die gibt dir stets neue Kraft, wenn du ermatten willst. Die christliche Todesfreudigkeit macht treu im irdischen Beruf und getrost im irdischen Leid. Wir sind getrost und haben Lust daheim zu sein bei dem Herrn. Das Leid der Erde wird ein ganz andres, wenn ich das Ziel kenne, dahin es führt, die ewige Herrlichkeit. Ich werde versöhnt mit ihm, wenn ich weiß, dass es die Seele dazu bereiten soll, eins mit Christo zu werden. Und darum sind wir getrost im Leiden. Und wie getrost im Sterben! Dann hast du Trost an den Gräbern der Deinen, wenn du von Heimgegangenen weißt, die deiner droben warten. Dann hast du Trost im eignen Sterben, wenn du über den Schrecken des Todes die offnen Arme des Erlösers siehst. - Eins ist ganz gewiss, dass du sterben musst. Du kannst den Gedanken daran zu vergessen suchen - aber das ist nicht der Weg zum Frieden. Oder du kannst den Todesgedanken in dich aufnehmen und mit Christo also überwinden, dass er dir Kraft und Antrieb zur Heiligung wird. (Adolf Clemen)