Römer 8,9
Andachten
“Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein.“
Röm. 8, 9
Das ganze Christentum vieler sogenannter Christen besteht nur darin, dass sie Vorkehrungsmaßregeln treffen, um nicht in die Hölle zu kommen. Es kann einem gruselig werden in ihrer Nähe. Ob es nicht daher kommt, dass sie schon so etwas wie Hölle spüren, während sie die Sandsäcke schleppen zum Dammbau gegen die künftigen Fluten des Verderbens? Dicht neben ihrer angstvollen Strandarbeit schaukelt des Glaubens Schiff auf den Wellen. Bin ich darauf, dann wird jene Hochflut nicht schaden können. Das Schiff ist für solche Wellen eingerichtet. Der jetzt eben mir schon Vergebung, Friede und Freude durch seinen Geist gewährt, hat mehr und Schöneres mit mir vor, als mich bloß mit knapper Not an einem ewigen Tode vorbeischlüpfen zu lassen. Solches Angstchristentum ist gewiss nicht nach seinem Herzen. Der Geist Christi ist etwas anderes als solche geschraubte Angst. Aus Liebe zu Jesu ihm folgen; an ihm hängen und ihn meinen und suchen und wollen - das ist eher von seinem Geist gewirkt als Höllenangst. Furcht ist nicht in der Liebe; Furcht hat Pein. Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet.
Nein, Herr Jesus, wir haben durch deinen Geist die große Gewissheit erhalten, dass uns nichts von dir scheiden soll. Lass aus solcher Freude starke Triebe der dankbaren Liebe wachsen, dass unser Leben voll wird von deinem Lobe! Amen. (Samuel Keller)
Wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht Sein.
Paulus hatte vor diesen Worten gelehrt, dass diejenigen, die in Christo Jesu sind und Christo angehören, von dem Gesetz, von der Herrschaft der Sünde und des Todes so ganz frei gemacht seien, dass nun nichts Verdammliches mehr an ihnen zu finden sei (Röm. 8,1.2.); denn Gott habe, was dem Gesetz unmöglich war (sintemal es durch das Fleisch, durch die natürliche Beschaffenheit des Menschen geschwächt war), selbst getan oder veranstaltet, und Seinen Sohn gesandt in der Gestalt des sündlichen Fleisches zu einem Sündopfer, und die Sünde im Fleisch verdammt oder an Seiner Menschheit gestraft, auf dass die Gerechtigkeit, vom Gesetz erfordert, in uns erfüllt würde, wenn wir nur nicht mehr nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist leben (3.4.). nach dem Fleisch dürfen wir freilich nicht leben; denn die fleischlich seien, seien auch fleischlich gesinnt; hingegen die geistlich seien, seien geistlich gesinnt; aber fleischlich gesinnt sein, sei Tod und Verderben: geistlich gesinnt sein, Leben und Friede. Denn fleischlich gesinnt sein, sei eine Feindschaft wider Gott, sintemal das Fleisch dem Gesetz Gottes weder untertan sei noch sein könne. Daher auch die fleischlich sind, Gott nicht gefallen mögen. Nun macht er die Anwendung auf seine gläubigen Leser: ihr aber seid nicht fleischlich sondern geistlich, so anders Gottes Geist in euch wohnt. Das muss aber sein, Gottes und Christi Geist müsst ihr haben, wenn ihr Ihm angehören wollt. Denn wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht Sein. Christi Geist haben heißt aber nicht, zuweilen gute Rührungen bekommen, und nach denselben gute Vorsätze fassen, und diese bald wieder aufgeben. Der Geist Christi und Gottes will in uns wohnen, und freilich alsdann auch das Regiment über unsere Seele führen, und unsern ganzen Wandel nach Gottes Wohlgefallen einrichten. Ein wahrer Christ hat den Heiligen Geist, auch wenn er schläft, auch wenn er mit irdischen Geschäften bemüht ist, auch wenn er in einer tödlichen Schwachheit sich seiner nicht bewusst ist. Nichts verursacht Ihn, die Seele als Seinen Tempel wieder zu verlassen, als die neue halsstarrige Neigung derselben zu der Welt. Da nun nach dieser Lehre Pauli zum Seligwerden nötig ist, dass der Mensch nicht nur durch die Wiedergeburt geistlich worden sei, sondern auch den ewigen Geist Gottes empfangen habe, so mache ich billig diese Fragen an mich selber: bin ich nicht fleischlich, sondern geistlich? lebe und richte ich mich nicht mehr nach dem Fleisch, nach der natürlichen Beschaffenheit, die eine Feindschaft wider Gott, Gottes Gesetz zuwider, Gott missfällig, und eben deswegen der gerade Weg zu Tod und Verderben ist, sondern nach dem Geist, dessen Herrschaft zum Leben und zur Seligkeit führt? habe ich Gottes und Christi Geist in mir wohnend? bin ich mithin Sein? bin ich durch den Glauben in Christo Jesu, stehe ich in Gemeinschaft mit Ihm? habe ich als ein Angehöriger Jesu Christi Gottes Gnade, Freiheit von den Strafen der Sünde und ewige Seligkeit zu gewarten?
Diese Fragen sind doch gewisslich alles meines Nachdenkens wert. Wer aber den Geist Christi nicht hat, ist nicht Sein Kind, Schaf, Untertan, Eigentum, Miterbe, folglich höchst unglücklich und verloren. Ich will die Worte Pauli nicht brauchen, Andere zu richten, sondern mich selber zu untersuchen. (Magnus Friedrich Roos)