Apostelgeschichte 17,24
Andachten
Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darinnen ist, sintemal er ein Herr ist Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln mit Händen gemacht; seiner wird auch nicht von Menschenhänden gepflegt, als der Jemandes bedürfte, so er selbst Jedermann Leben und
Odem allenthalben gibt.
Die Heiden meinten, die Götter bedürften ihrer ebenso, wie sie der Götter bedurften, sie müssen den Göttern dienen, damit die Götter ihnen wieder dienten. Aber wie vernichtet jeden Gedanken daran, jeden Wahn dieser Art das Wort des Apostels! Hat Gott Himmel und Erde gemacht und alles, was darinnen ist, wie könnten wir ihm denn etwas geben? Von ihm, durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Himmel und Erde sind sein, Engel und Elemente stehen in seinem Dienst. Er bedarf unserer nicht; wir aber bedürfen seiner; er bedarf des Himmels und der Erde nicht, aber Himmel und Erde können seiner nicht entbehren, keinen Augenblick; wenn seine Hand sie nicht hielte, sie fielen in Trümmern zusammen und würden wieder zu Staub, er ist es, der Leben und Odem gibt, allenthalben, im Himmel und auf Erden, den Engeln und den Menschen, so dass sie ohne ihn nicht jein könnten und ohne ihn nicht bleiben könnten, nicht so lange, als ein Odemzug währt. Gibt es irgend etwas, was es allen, auch den edelsten Geschöpfen, auch den Engeln im Himmel fühlbar macht, wie reich Gott ist und wie arm sie sind, dass Gott unabhängig ist von der Welt und die ganze Welt abhängig von Gott, so ist es eben dies, dass sie den Grund ihres Daseins und die Quelle ihres Lebens nicht in sich, sondern in Gott haben, dass sie ohne ihn nicht wären, aber auch ohne ihn nicht bleiben könnten, keinen Augenblick, dass jeder Odemzug sein Geschenk und seine Gabe ist, und die ganze lebendige Schöpfung nur lebt durch den Leben gebenden und erhaltenden Willen Gottes. Daraus folgt denn auch, dass jeder Gottesdienst nicht geschieht um Gottes, sondern um unsertwillen, nicht darum, weil er unserer bedürfte, sondern weil wir seiner bedürfen, dass es nicht ein Dienst ist, den wir ihm erweisen, sondern eine Gnade, die er uns erweist, und durch die er uns zuruft: wendet euch zu mir, aller Welt Ende, so werdet ihr selig!
Wenn aber Gott der Welt nicht bedarf, so fragen wir in Demut: Warum hat er sie denn erschaffen? Und darauf antwortet das ganze Wort Gottes: auch die Erschaffung der Welt ist nicht nur ein Werk seiner Allmacht, sie ist auch ein Werk seiner Liebe. Er hat sie erschaffen, damit sie ein Schauplatz seiner Liebe werde, damit Millionen Geschöpfe selig würden in seiner Liebe und reich in seinen Gaben. Und unter diesen Geschöpfen stehen die Menschen mit in der ersten Linie, denn ihnen hat er ein Herz gegeben, das ihn finden, das ihn fühlen, in dem seine Liebe wohnen kann; ihnen hat er einen Geist gegeben, der sein Licht schauen, ihnen hat er eine Seele geschenkt, in der sein ganzes Wesen sich enthüllen und offenbaren kann, wie in seinem Heiligtum. Und wenn auch durch die Sünde unser Geist verfinstert, unsere Seele erstorben und unser Herz, wo der Altar seiner Liebe stehen sollte, eine Stätte der Verwüstung geworden ist, wo das unreine Feuer der Luft brennt, und der Sturm der Leidenschaft es zu verzehrender Flamme macht, welche die Welt bewegt, so hat uns Gott doch Leben und Odem erhalten, weil er durch den, durch den er die Welt gemacht hat, durch Jesum Christum, unsern Herrn, auch die Welt erlöst hat und uns in ihm einen Heiland hat gegeben, durch den unser Geist erleuchtet, unsere Seele befreit und unser Herz wieder gereinigt werden soll zu einem Altar, an dem sein Name steht, auf dem das Feuer seiner Liebe brennt ewiglich. Lob und Dank und Anbetung sei ihm dafür in Ewigkeit! Amen. (Friedrich Mallet.)