Johannes 4,42
Andachten
Sie sprachen zum Weibe: Wir glauben nun nicht um deiner Rede willen; wir haben selbst gehört und erkannt, dass dieser ist wahrlich Christus, der Welt Heiland.
Die Sichemiten hatten zuerst das Zeugnis der Samariterin gehört: Kommt, seht einen Menschen, der mir Alles gesagt hat, was ich getan habe, ob er nicht Christus sei? Aber ein angehörtes Zeugnis ist noch kein Glaube. Die Sichemiten mussten persönlich mit Jesu zusammen kommen und da gestaltete sich ihr Glaube bald anders, da wurde er zu einer eigenen inneren Erfahrung. Wen der Heilige Geist erleuchtet, dem teilt er auch Jesum selber mit als lauter göttliche Kraft und göttliche Weisheit. Viele Christen haben einen Glauben, der nur ein Hörensagen ist. Sie sprechen nach, was ihnen vorgesprochen oder vorgepredigt wird, und meinen, wenn sie sich fremde Gedanken aneignen, so sind es dann ihre eigenen geworden. Solch ein Nachahmungschristentum nimmt aber ein trauriges Ende, wenn Stöße kommen. Der Glaube ist nicht ein Wort, sondern ein Werk; nicht eine Sache der Nachäffung, sondern der innerlichen Verarbeitung. In vielen frommen Familien und christlichen Städten gibt es einen Glauben, der erst zusammenbrechen muss, ehe er kann der rechte werden. Man ist christlich erzogen worden, man hat von jeher in einer frommen Luft gelebt, aber das reicht noch nicht aus. So auf den Schultern getragen zu werden, beweist noch nicht, dass man auf eigenen Füßen stehen kann. Die Frage ist nicht: Was hat man gehört? sondern: Was hat man erfahren? Christus musste mit den Sichemiten selbst reden; das Zeugnis des Weibes war noch nicht ihr eigenes Zeugnis. Sie werden Alle von Gott gelehrt sein, heißt es von den wahren Rechtgläubigen. Es liegt in unserer gefallenen Natur, dass wir Alles veräußerlichen; unser ganzer natürlicher Zustand ist eine Verweltlichung. Das Reich Gottes ist aber inwendig in uns, wenn es das rechte Gottesreich ist. Unser Evangelium, schreibt Paulus den Thessalonichern, ist bei euch gewesen, nicht allein im Wort, sondern beides in der Kraft und in dem Heiligen Geist und in großer Gewissheit. Dann kann man von Christo nicht nur sagen: Ich glaube an ihn, sondern: Ich habe ihn und bin auf ihn gegründet und in ihn gewurzelt. Solch einem Christfest muss Jeder entgegengehen. Heute wissen Viele noch nicht, ob sie einen Heiland haben; aber es wird durchs Feuer offenbar werden; Gott hat für uns Alle seine Schulen. (Friedrich Lobstein)