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Johannes 3,2

Johannes 3,2

Andachten

Nikodemus kam zu Jesu bei der Nacht.

Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinaus stoßen. Johannes 6,37. Die Straßen Jerusalems sind finster und menschenleer, denn es ist Nacht. Hier und da zerren sich wilde Hunde über dem Kadaver eines gefallenen Kamels. In bestimmten Zwischenräumen schreiten starke Wachtposten römischer Soldaten, die von der Burg Antonia ausgehen, durch die Straßen der Stadt, die allezeit Revolution brütete. Hier und da sieht man einzelne liederliche Gesellen, die von schwelgerischen Gelagen heimkehren. Sonst sind die Straßen öde und stille. - Aber was ist das für ein alter Herr, der in vornehmer Haltung, tief in seinen Mantel gehüllt, ängstlich und eilig dahinschreitet? Schauen wir ihm ins Angesicht, so braucht er uns nicht erst zu sagen, dass er ein Gelehrter ist. Es ist Nikodemus, der dem kleinen Hause zuschreitet, wo Jesus wohnt.

„Aber, Freund, (so möchten wir rufen), warum denn in der Nacht? Weißt du denn nicht, dass Nachts die Leute schlafen? Wie magst du das tun, dass du den Rabbi aus seinem Schlummer weckst?“ Jesus hatte dieselben leiblichen Bedürfnisse wie wir, und wenn öfter erzählt wird, er habe die Nacht im Gebete zugebracht, so wird damit doch jedenfalls nur das gesagt, was die Ausnahme von der Regel war. Doch wir kennen Den wohl, den Nikodemus sucht. Er entzieht sich keiner nach Wahrheit und Leben hungernden Seele. Wer zu ihm kommt, ob er auch des Nachts kommt, - den stößt er nicht hinaus. Dafür ist sein ganzes Leben ein großes Zeugnis. Dass Jesus auch leibliche Bedürfnisse hatte, dass auch er sich oft nach Erquickung, nach Ruhe, nach Einsamkeit, nach Gemeinschaft sehnte, - das war seine Niedrigkeit; dass er aber alle seine eigenen leiblichen und seelischen Bedürfnisse sofort fallen lässt, wenn er irgendwie einem Menschen helfen kann, das war seine Hoheit. Wer das Leben Jesu kennt, dem werden hier gleich viele liebliche Beispiele in den Sinn kommen; wer es aber noch nicht kennt, der soll sich schnell hinsetzen und diesen Spiegel aller Gottes- und Menschen-Herrlichkeit betrachten. Da wird er sehen, wie Jesu jederzeit Alle willkommen sind, die nur zu ihm kommen, - wie Jeder, der kommt, „zur guten Stunde“ kommt, ob er ihm auch seine Ruhe, seine Bequemlichkeit, seine Arbeit, seine Pläne stört. Nikodemus darf also getrost eintreten, auch auf die Gefahr hin, dass er den Meister wecken muss.

Und wir diesem Bilde gegenüber? O, wir müssen auf den Boden blicken in tiefer Scham: „Herr Christe, wie sind wir dir noch so gar unähnlich!“ Ist es nicht so? Sind wir nicht oft vielmehr darüber aus, die Menschen zu benutzen, als ihnen zu nützen? Wie freundlich nehmen wir Die auf, die uns etwas bringen; wie ungeschickt kommen uns meist Die, die etwas von uns fordern! Wie verstimmt sind wir leicht, wenn wir von einem Menschen über einer eiligen Arbeit gestört werden; er muss das entgelten, und er konnte doch nichts davon wissen. Wie wurmt es uns, wenn uns Jemand aus unserer „notwendigen Ruhe“ aufschreckt; (und der arme Mensch konnte es doch nicht wissen!) oder wenn wir uns grade ein kleines Vergnügen gönnen wollten, und es sollte uns doch das größte Vergnügen sein, unseren Mitmenschen Rat und Trost und Hilfe zu gewähren! Ach, dass wir lernten, so wie Jesus Christus, jedes Mal, wenn's an unsere Türe klopft, zu denken: „Den, der da kommt, schickt dir dein Gott! Wach auf, mein Herz, und lasse deine Liebe strahlen!“ Nicht wahr, so wäre es liebenswürdig? Ja wohl, und so wäre es auch christlich. Du siehst, dass christlich sein und liebenswürdig sein in einander liegt. Warum glaubt „die böse Welt“ das nicht, dass die Christen die liebenswürdigsten Menschen sind? Frage dich selber, lieber Christ, und dann flehe zu deinem Heiland, dass Er dir Liebe gebe aus seiner Liebe. (Otto Funcke)

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nt/43/johannes_3_2.txt · Zuletzt geändert: von aj
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