Johannes 20,27
Andachten
Danach spricht Er zu Thoma: Reiche deinen Finger her und siehe Meine Hände; und reiche deine Hand her und lege sie in Meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
Ach HErr, Du treuer Heiland! Unser Herz ist leider von Natur nicht gläubiger und besser, als das des ungläubigen Thomas. Du aber kannst und willst Dich erbarmen, unser steinernes Herz von uns nehmen und uns ein fleischernes geben, damit wir erkennen die Wunder an Deinem Gesetz und also die Frucht des Glaubens, der Seelen Seligkeit, davontragen mögen. Schreibe uns mit Flammenschrift in unsere Herzen, dass der Glaube eine gewisse Zuversicht ist des, das man nicht sieht, damit wir mit Petro freudig bekennen lernen: „Wir haben geglaubt und erkannt, dass Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (unbekannt)
Danach spricht er zu Thoma: Reiche deine Finger her, und siehe meine Hände; und reiche deine Hand her, und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.
Der ungläubige Thomas ist zum Sprichwort geworden. Was er nicht sehen und nicht greifen kann, daran glaubt er nicht. Er will nur dann glauben, wann es nicht mehr nötig ist, denn das Schauen hebt den Glauben auf. Und doch war Thomas ein Jünger Jesu, und hatte noch nicht lange (Joh. 11,16) mit seinem Meister in den Tod gehen wollen. Kann der Unglaube noch so tief auch in einem Apostel stecken? Jeder prüfe sich hierüber, ob es ihm nicht auch so geht. Wenn wir glauben müssen ohne alle Wahrscheinlichkeit der Umstände, ja, da, wo nach sichtbarem Maßstab eine reine Unmöglichkeit eintritt, wird uns da das Glauben-können so leicht? Wenn der Tod unter unserm Dach eingerissen ist und unser Familienleben einen unwiederbringlichen Verlust erlitten hat, glauben wir dennoch, dass, wenn der Herr selbst, als der Auferstandene, sich in die Lücke stellt, wir nicht nur nichts verloren, sondern noch einen überschwänglichen Gewinn davon getragen haben?
Aber die schwerste Zeit zu glauben ist oft die, wenn wir zu keiner Gewissheit über die Vergebung unserer Sünden kommen. Was dem ruhigen Weltmenschen so federleicht ist, nämlich an die Barmherzigkeit Gottes zu glauben, das wird oft einem wahren Christen noch so schwer! Es kann uns oft eine Sünde, welche es auch sei, so drücken, dass wir zu keiner ruhigen Stunde kommen. Und wenn dann der Feind in unserm ganzen Leben wühlt und das Vergangene wieder blutrot macht, da liegt ein Berg vor uns, den wir mit eigenen Kräften nicht wegheben können. In solchen Stunden will Christus auch vor uns stehen, wie vor Thomas, und uns den Ort zeigen, wo wir hinschauen müssen, um glauben zu können. Seine Wundmale sind es, in die wir schauen und gleichsam uns hineinlegen müssen, um über unsere Sünden hinaus zu kommen und unser Gewissen zu beschwichtigen. Jesus bringt hier dem ungläubigen Thomas die Blut- und Wundentheologie, die einzige, die da hilft. In jene Hände sind auch wir eingeschrieben, an jenem durchstochenen Herzen dürfen auch wir Zutrauen fassen; wir können da mit hellen Augen sehen, was der Herr für uns getan hat, und was geschehen ist, kann auch der Teufel nicht mehr ungeschehen machen. Sei nicht ungläubig, liebe Seele, sondern gläubig; du willst sehen, nun, der Herr gibt dir genug zu sehen, wenn er dir dein ewiges Lösegeld zeigt, und alle deine Sünden in seinem eigenen Grabe liegen. (Friedrich Lobstein)
Danach spricht Jesus zu Thomas: Reiche deinen Finger her und siehe meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.
Zunächst hat Christus den schwergläubigen Jünger acht Tage warten lassen; und das mögen acht betrübte Tage gewesen sein. Der Traurige ging neben denen, deren Freude vollkommen geworden war; der Sucher neben denen, die gefunden hatten. Aber warum hat er ihn denn warten lassen? Konnte er ihm denn nicht am nächsten Tage erscheinen? Das ist so seine Weise. Die Menschen sollen erst erfahren haben, was sie an ihrer Sünde haben. Sie sollen erst wissen, wie dieselbe ihr Verderben ist. An dem Herzen des Thomas sind die acht Tage nicht verloren gewesen. Wir sehen, wie er sich wieder zu der kleinen Gemeinde der Jünger hält. Wir können daraus schließen, dass er sich auch herzlich sehnte, ihre Festigkeit und Freude im Glauben zu teilen. Die acht Tage sind um. Jesus tritt wieder zu den Jüngern ein, er hat es aber nur mit der einen Seele, mit Thomas zu tun. Er sprach mit dessen eigenen Worten: „Reiche deine Finger her, und siehe meine Hände; und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite; und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Wer hat ihm denn gesagt, dass Thomas so geredet hatte? Seine heilige allwissende Liebe, die dem armen Sünder nachgeht bis in die verborgensten Kammern seines Herzens, hatte es ihm verraten. O wir freuen uns, dass wir einen solchen Heiland haben. Ja er sucht auch das einzelne verlorene Schäflein in allen Winkeln der Welt und des eigenen Denkens, wohin es sich verlaufen und versteckt hat.
Herr Jesu Christe, du hast den Thomas gesucht, wie man ein einziges Kind sucht. Deine ganze Liebe ist wieder aus dem Grabe gekommen und ihm nachgegangen. Herr, du weißt, dass es noch so manchen Zweifler gibt, der an deine und seine Auferstehung nicht glaubt. Führe uns recht ein in die Armut, die jeden drücken muss, der den gestorbenen, auferstandenen und erhöhten Heiland nicht hat. Herr, lass dein Erscheinen vor dem Thomas ein Erscheinen vor uns werden. Führe es uns recht zu Herzen, dass weil Thomas gezweifelt hat, und weil du ihn aus Gnaden aufs Bündigste überzeugt hast, Niemand fortan mehr ein Recht zum Zweifel hat. O gib, dass wir auch die Strafe unseres Unglaubens und unserer Trägheit so gern tragen wie Thomas die seine. Lass es wie bei ihm eine Strafe zum Leben werden. Amen. (Friedrich Ahlfeld)
Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her, und siehe meine Hände; und reiche deine Hand her, und lege sie in meine Seite;
und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.
Du glaubst an das Dasein Gottes; aber wo ist dein Gott, wenn es gilt, dich allein an ihn zu halten? Du hast nie an der Vorsehung gezweifelt; aber wo bleibt das Vertrauen auf Gottes väterliche Fürsorge, wenn die Menschen, wenn dein eigenes Herz dich verlässt? Du glaubst an die Kraft des Gebets, an die Wahrhaftigkeit der Verheißungen, aber wenn du warten musst, wenn ein Abgrund den anderen ruft, wirst du nicht schreien: „Wird denn der Herr ewig verstoßen und keine Gnade mehr erzeigen? Ist's denn gar aus mit seiner Güte? Und hat die Verheißung ein Ende?“ Aber einen Fall gibt es, ernster als alle diese. Thomas will seine Finger in die Nägelmale und seine Hand in die Seite Jesu legen. Das ist der Augenblick, in dem sich eine Seele der Vergebung ihrer Sünden versichern will. Heute glauben wir vielleicht daran; es gibt nichts einfacheres in unseren Augen, als diese seine Gnade, die uns gewährt wird. Aber warte, bis eine jener Stunden kommt, in denen deine Sünden auf dir lasten, wie ein entufertes Meer, dann wird dir alles leichter scheinen, als an diese Vergebung zu glauben. Jesus Christus muss bei verschlossenen Türen eintreten, um dir selbst zu sagen: „Reiche deinen Finger her, und siehe meine Hände; und reiche deine Hand her, und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“
Wenn die Macht des Unglaubens dieser Art ist, gibt's denn keinen Unterschied zwischen einem Weltkind und einem Jünger? Die Schrift antwortet hierauf: „Jede Pflanze, die der himmlische Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerissen werden“; aber wir, die wir glauben, sind von der Macht Gottes beschützt, durch den Glauben das Heil zu empfangen. Das Weltkind ist schwach, wenn es stark ist; der Christ, wenn er schwach ist, ist stark. Der Erstere zeigt oft in derselben Anfechtung mehr Glauben, als der Zweite; aber dieser Glaube ist kein Werk Gottes, und was nicht aus Gott geboren ist, stirbt. Dies Schicksal erreicht den Jünger nicht. Oft ist er gleich einem Sterbenden, und doch lebt er noch; als ein Gezüchtigter, und doch stirbt er nicht davon. Es ist seine Schwäche, die ihn erhält. Hier verherrlicht sich Gott. So arm und kleingläubig er auch sei, Gottes Macht beschützt ihn. Wenn wir uns selbst beschützten, würden wir sterben, aber es sind nur die Schwachen, die Gott beschützen will. Er lässt uns irdene Gefäße“ sein, auf das die überschwängliche Kraft sei Gottes und nicht von uns.“ Wir können nur zitternd vorschreiten, aber wir schreiten vor, und weil wir zittern, darum schreiten wir vor. Unser Kleinmut hält uns nahe beim Herrn. Die Zedern des Libanon fallen, das schwankende Rohr wird nicht zerstoßen. So reinigt sich unser Glaube, bis nur Christus allein übrig bleibt. Nicht wir, sondern er ist die Kraft unsers Lebens. Und das macht uns glücklich, wenn unser Fleisch und unser Herz schwach wird. Wir sind durch einen Stärkeren, als wir sind, gehalten. Ein nichts an uns selbst, sind wir allmächtig durch Christum; wir fürchten nichts, sondern gelangen zum Ziel. Der Anfänger unsers Glaubens ist auch sein Vollender. Überzeugt, dass er die Kraft hat unsere Beilage bis zu jenem Tage zu bewahren“, wollen wir gern das Gefühl unsers Elends tragen, um dem alle Ehre zu geben der uns geliebt hat. Wenn unser Glaube diese Beschaffenheit hat, dann ist er von gutem Gehalt; wir haben dann das Wort des Herrn verstanden: „Sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Und also gläubig werden wir die Herrlichkeit Gottes schauen. (Friedrich Lobstein.)
Jesus aber sprach zu Thoma: Reiche deine Finger her und siehe meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig. Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr! und mein Gott!
Das ist ein rechtes Wunder der göttlichen Liebe, dass sich Gott so gar sehr zu unserem Elend herablässt, und es so macht, wie man es in der Schwachheit haben will. Thomas wollte den Leib des gekreuzigten Christus selbst sehen und betasten, und erlangte es auch. Denn zu diesem Ende hat der Herr seine Wundmalen erhalten, sowohl die schwachen Jünger, als auch hernach die Ungläubigen zu überzeugen, wie Eusebius schreibt: der Herr hat ihm deshalb seine Wundmale vorbehalten, damit er dadurch die Herzen der Jünger heilte, und indem er an sich selbst auf die Wunden des Fleisches wies, auch die Striemen ihres Gemütes wegnähme. - Solche erweckende Kraft erwies der auferstandene Heiland an Thoma, da er ihn durch seine langmütige Zeugnisse so vor sich beugte und seinen Eigensinn darnieder legte, dass er sprach: mein Herr! und mein Gott! Ja, die Natur muss manche scharfe Demütigung ausstehen, bis sich der ganze Mensch ernstlich vor Christo beugt und seine Herrschaft annimmt. O dass wir doch stets mit dem Auge des Gemüts auf den Wink des Herrn sehen, vor seinem Angesicht wandelten und redlich wären in einfältiger und unverfälschter Treue des Herzens. (G. Arnold.)