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Johannes 19,4

Johannes 19,4

Andachten

Da ging Pilatus wieder heraus und sprach zu ihnen: Seht, ich führe ihn heraus zu euch, dass ihr erkennt, dass ich keine Schuld an ihm finde. Also ging Jesus heraus, und trug eine Dornenkrone und Purpurkleid. Und er spricht zu ihnen: Seht, welch ein Mensch!
Pilatus, der kalte Zweifler, der entschiedene Weltmann, fühlt eine menschliche Rührung und will eine solche in den Herzen der Juden erwecken. „Seht da, diese Gestalt voll Jammer und Schmach! Unschuldig, und so mitgenommen! Ich bin ein verworfener Heide, wie ihr Juden meint, und er dauert mich; und ihr, die ihr mit euren frommen Gefühlen und Gesinnungen so hoch tut, wollt ihr denn kein Mitleid mit ihm haben, der dazu eures Geschlechts ist?“ Pilatus macht hier noch einen Versuch, die Juden gegen Jesum besser zu stimmen, allein umsonst; der Anblick des Misshandelten und Gemarterten vermehrt ihre Wut, und sie schreien: „Kreuzige, kreuzige!“ Fürwahr, er hatte keine schöne Gestalt; wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte (Jes. 53, 2). Und doch: Christus mit der Dornenkrone, er steht auch vor uns - ein Bild wahrer Größe und Schönheit. So unwert und elend eine Gestalt ist, so kann doch ein Adel, eine Anmut und Lieblichkeit herausblicken. „Kreuzgestalt den äußeren Sinnen, und lichte Herrlichkeit von innen,“ die aber durchbricht. Und wo mehr, wo herrlicher, als bei unseren Dorngefrönten? Er steht auf Gabbatha in tiefster Erniedrigung, mit Schmach und Jammer ordentlich überschüttet; aber was leuchtet doch aus seiner Gebärde, aus seinem ganzen Wesen wie Himmelsschein? Vor allem seine Unschuld, sein reines, unbeflecktes Bewusstsein. Es ist, als ob Pilati Zeugnis mit hellen Buchstaben auf dem Purpur geschrieben stände, der sein Herz deckt: Ich finde keine Schuld an ihm, und es sticht seinen Verfolgern in die Augen hinein, dass sie eben immer verbissener und wahnwitziger werden: Ich finde keine Schuld an ihm. Und wenn wir in das schuldlose Angesicht unter dem Dornenkranz blicken, es ist bleich und blutig, aber so sanft und mild. Da fährt kein Zornstrahl aus dem Auge, die Frevler und Mörder zu verzehren; da drängt sich kein Fluch über die Lippen, die Donner des Himmels auf sie herabzurufen; denn sein treues Herz hat diese und alle Sünder in seinen Friedensrat aufgenommen und wünscht nichts mehr, als dass sie, wenn des Vaters Ratschluss erfüllt ist, den sie unwissend mit ihrer Bosheit vollbringen helfen, sich alle bekehren möchten zu seiner versöhnenden Liebe, auf dass er sie alle selig machen könne. Blicket hin auf seine zitternde Hand, sie hält den Rohrstab, den der Mutwille hineinlegte, sie wirft ihn nicht unwillig und entrüstet weg. Er fügt sich in den Willen ihres Spottes; er hält seinen Rücken dar denen, die ihn schlagen, und seine Wangen denen, die ihn raufen, sein Angesicht verbirgt er nicht vor Schmach und Speichel. Alles ist bei ihm Gelassenheit, heilige Stille und Ergebung in Gottes Rat und Führung. Unter dem frechen Hohn der Heiden, unter dem erhöhten Mordgeschrei der Juden, unter den brennenden Schmerzen an Rücken und Haupt hört man keine Wehklage, - er kann sie noch zurückpressen, gewahrt man keine Zeichen, keine Spur der Unzufriedenheit über sein herbes Geschick. All' seine Schmach und Schmerzen, seine Wunden und Striemen fasst er zusammen in den Gedanken, in das Gebet, womit er sie als Opfer an seines Vaters Thron niederlegt: Mein Vater, was mir beschieden ist, was ich tragen soll zur Erlösung der Welt, das trage ich gern! Seht, welch ein Mensch! in seiner Niedrigkeit wie erhaben, in seiner Hässlichkeit und Schande wie lieblich und hehr! Jesu, bist doch, bist auch auf Gabbatha der Schönste unter den Menschenkindern, holdselig sind deine Gebärden!

Kann ich dich im Purpurkleide, In der Dornenkrone seh'n, Bist du, wenngleich Spott der Leute, Meinem Herzen göttlich schön. (Wilhelm Redenbacher.)

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