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Johannes 19,29

Johannes 19,29

Andachten

Sie füllten einen Schwamm mit Essig, und hielten es ihm dar zum Munde.
Als der HErr Jesus bei Seiner Hinausführung zur Kreuzigung auf den Richtplatz Golgatha gekommen war, gaben sie Ihm, wie Matthäus Kap. 27,34. erzählt, Essig zu trinken mit Gallen vermischt. Allein Er nahm’s nicht an. Er schmeckte den Essig, oder nahm etwas davon in den Mund, wollte aber, ungeachtet Ihn sehr dürstete, nichts davon trinken, oder hinunterschlucken, weil Sein Leib keine Labsal durch diesen Trunk bekommen hätte, und Er Seine Sinnen durch die Myrrhen nicht betäuben wollte.

Der HErr Jesus hatte also schon damals einen großen Durst, und die Bosheit Seiner Feinde verstattete Ihm nicht, vor der Kreuzigung denselben zu löschen. O wie angenehm wäre Ihm damals ein Trunk kalten Wassers gewesen! Aber Er bekam Keinen. Sein Durst währte fort, als Er am Kreuze hing, und es wurde erfüllt, was Ps. 22,16. geweissagt war: meine Kräfte sind vertrocknet, wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen. Er litt diesen Durst stillschweigend. Endlich, als Er wusste, dass schon Alles vollbracht war, dass die Schrift erfüllt würde, sprach Er: Mich dürstet. Er wusste also, dass Er aus der Tiefe Seines Leidens, wodurch Er Alle davon handelnde Weissagungen der Propheten erfüllt hatte, nunmehr allmählig heraufsteigen dürfe, und begehrte also durch das Wort: Mich dürstet, etwas zu trinken. Da stand nun, wie Johannes ferner erzählt, ein Gefäß voll Essig, dergleichen die Soldaten in den heißen Ländern zu trinken pflegten. Einer aber, der sah, dass man Seinen Mund mit einem Krug nicht erreichen konnte, füllte einen Schwamm mit Essig, und legte ihn um einen Ysopen, dessen Stängel hohl, und also ein Rohr war, und hielt es ihm dar zum Munde. Hier war also weder Myrrhe noch Galle. Es war Essig, vermutlich mit Wasser vermengt, wodurch ein Durstiger, der nicht zärtlich ist, gelabt werden kann. Ein gewisser Mann, vermutlich ein Soldat, wendete auch Fleiß und Mühe an, Ihm diese Labsal beizubringen: wiewohl Er und Andere hierbei die Spottrede: halt, lass sehen, ob Elias komme, und Ihm herabhelfe, vorbrachten. Jesus nahm den Essig, und saugte zur Anfeuchtung Seines Mundes etwas aus dem Schwamm heraus; weil Er aber bei der Einsetzung des heil. Abendmahls gesagt hatte, Er werde von dem Gewächs des Weinstocks nicht mehr trinken usw., so ist gewiss, dass dieser Essig seinen Ursprung nicht vom Weinstock, sondern von einer andern Pflanze gehabt habe. Dank sei unserem HErrn für Seine geduldige Ertragung Seines großen Dursts, wodurch Er unsere Lüsternheit und Übermaße im Essen und Trinken gebüßt hat. Der Heiland hat, als Er noch unter den Menschen wandelte, auch gefastet (Ps. 69,11.) und zwar nicht nur an den allgemeinen jüdischen Fasttagen (denn darüber wäre er nicht verspottet worden), sondern außerordentlich und nach Seinem eigenen Belieben. Seinen heiligen Kasteiungen, Seinem erlittenen Hunger und Durst haben wir’s nun zu danken, dass wir mit Danksagung essen und trinken dürfen, ja, dass wir in der seligen Ewigkeit mit dem verborgenen Manna gespeist, und mit Wasser des Lebens getränkt werden. (Magnus Friedrich Roos)

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