Johannes 15,17
Andachten
Das gebiete ich euch, dass ihr euch unter einander liebt.
Der Herr hat es uns ausdrücklich geboten, dass wir uns untereinander lieben sollen. Zwar wissen wir wohl, dass uns auch die allgemeine Liebe anbefohlen ist; nach derselben wollen wir alle Menschen, auch die rohesten Sünder, auch die abgesagtesten Feinde der Wahrheit mit herzlichem Mitleiden und mit innigstem Erbarmen ansehen lernen; wir wollen auch die Bösen tragen lernen; wir wollen darauf losgehen, dass wir sie mit Sanftmut überzeugen und mit Wohltun gewinnen mögen; wir wollen unsern liebreichen Erlöser bitten, dass er uns hierzu die nötige Weisheit, Kraft und Gnade schenken wolle. Können wir aber bei der allgemeinen Liebe nicht immer unseren Zweck erreichen; will die Welt unsere guten Absichten nicht einsehen und annehmen; will sie sich durch alle Liebesbeweise nicht überzeugen und gewinnen lassen, und uns unsere Liebe mit Hass und Undank belohnen, so wollen wir unsere Herzen desto mehr zusammenfassen in der brüderlichen Liebe. Wir wollen als Kinder eines Vaters einander brünstig liebhaben aus reinem Herzen. Wir wollen einander Handreichung tun in allen leiblichen und geistlichen Nöten, die uns zustoßen können. Wir wollen allen Neid, Argwohn und alles Afterreden aus unserer Mitte verbannen. Aller Hochmut und Ehrgeiz müsse ferne von uns sein. Die Liebe Jesu müsse unsere Herzen durchdringen, heiligen, entzünden und zu allem Guten munter und geschickt machen. Seht, das ist der Wille und Befehl unsers Erlösers: „Ich gebiete es euch, dass ihr euch unter einander liebt. Das wird uns einen kräftigen Trost und Aufmunterung geben unter dem bitteren Hass der Welt; dadurch wird uns reichlich ersetzt, was wir bei ihr verloren haben. Haben wir ihre eitle Kameradschaft verlassen müssen, so sind wir dagegen eingetreten in die Gemeinschaft so vieler Kinder Gottes, die mit uns gen Zion wallen. Haben wir die Freundschaft und Gunst der Welt verschüttet, so haben wir die Liebe derer gefunden, die Jesum lieben. Werden wir in der Zeit der Not von den Kindern dieser Welt verlassen, so werden wir dagegen von dem Gebet und der Liebe derer unterstützt, die mit uns im Geiste verbunden sind als Mitglieder an dem lebendigen Haupte Jesu Christo. Das sind ehrliche, redliche Leute, bewährte Freunde, deren Freundschaft nicht auf Nutzen und Vorteile, auf Essen und Trinken, sondern auf die Liebe Jesu gegründet ist; eine Liebe und Freundschaft, die nicht sobald wieder aufhört, sondern sich in die lange Ewigkeit hinein erstreckt. In dieser göttlichen Liebe wollen wir bleiben; in derselben wollen wir eingewurzelt werden; in derselben wollen wir wachsen und immer näher an das Herz Jesu hinanrücken! (Immanuel Brastberger.)