Johannes 14,5
Andachten
Spricht zu ihm Thomas: „Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst, und wie können wir den Weg wissen?“ Jesus spricht zu ihm: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich.“
Solange nur die Natur zu uns spricht, gibt es für uns kein Ziel, und wenn es kein Ziel gibt, so gibt es auch keinen Weg. Wir brauchen einen Weg erst dann, wenn es ein Ziel gibt, zu dem wir wandern. Thomas aber kannte das Ziel. Wie könnte er Jünger sein, ohne dass ihm das Ziel mit seinem leuchtenden und lockenden Glanz erschienen wäre? Zum Vater kommen, das ist das Ziel. Jetzt wird aber die Frage dringend: was ist der Weg? Ein Ziel vor Augen haben, ohne einen Weg zu sehen, das ist nicht Hilfe, sondern vertiefte Not. Jesus sagt zu Thomas: wie blind bist du! Du siehst den Weg nicht? Ich bin der Weg. Der ist mein Weg, der mich zum Vater bringt. Das tue ich dir, sagt Jesus, und darum bin ich dein Weg. Wie gehe ich den Weg? Wann bin ich auf jener seligen Wanderung, die der entlaufene Sohn antrat, als er sich entschloss, zum Vater zu gehen? Ich bin der Weg, sagt Jesus; weil du mit mir in Verbindung bist, wanderst du auf dem Weg. Weichst du von mir, so verlässt du den Weg; bleibst du bei mir, so bist du auf dem Weg. Was von Jesus zu uns kommt, bewegt uns. Sein Wort erstarrt nicht in uns, als wäre es eine ruhende, unbewegliche Habe. Es zieht, treibt, drängt mich. Ist Jesu Wort das, was mich bewegt, dann schreite ich auf dem Weg voran, auf dem Weg zu Gott. Sein Wort beschäftigt mich nicht einzig mit Gottes Werk, das ich beschauen und verstehen darf. Sein Wort ist Gebot und beruft mich zur Tat und Tat ist Bewegung, die nach dem Ziel strebt. Wann ist mein Handeln wirklich eine voranschreitende Bewegung, die auf dem Weg bleibt und daher auch zum Ziel führt und mich zum Vater bringt? Ich bin der Weg, sagt Jesus; bewahre mein Gebot; tue, was ich dich tun heiße; folge mir nach. Du läufst umsonst und mühst dich mit deinem Werk vergeblich ab, wenn es deinen Willen erfüllen soll. Du baust dir nicht selbst die Straße, die dich zum Vater bringt. Du kommst durch mich zu Ihm.
Die Wege des Menschen, Herr, heiliger Gott, führen nicht zum Ziel. Bewahre mich davor, dass ich Zeit und Kraft auf eigenem Weg verzehre. Ich wende mich zu Deiner Gnade, die mir verspricht, Du wollest mich führen, weg vom Schein hinein in die Wahrheit, weg vom Tod hinein in das Leben und mich ans Ziel bringen. Von Dir kommt unser Leben, zu Dir strebt es. Du bist das Ziel. Amen. (Adolf Schlatter)