Lukas 9,61
Andachten
Und ein Anderer sprach: Herr, ich will dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, dass ich einen Abschied mache mit denen, die in meinem Hause sind. Jesus aber sprach zu ihm: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes.
Seht da einen Sporn für die phlegmatischen, bequemen Seelen, die Zauderer und Bedenklichen, die zwar wohl einen redlichen Willen haben, nur kommen immer tausend wenn und aber, tausend Vorsichten und Rücksichten dazwischen. Jedes Wort hier bezeichnet den bedenklichen, den behaglichen, den phlegmatischen Menschen. „Herr, ich will“, fängt er an; ja der Wille ist gut, aber bei diesem Willen hat es sein Bewenden; „ich will“, heißt's heut, „ich will“, heißt's morgen, „ich will“, heißt's noch in einem Jahr und in einem Jahrzehnt. „Ich will dir nachfolgen, aber“. - Ja, diese Aber, diese Bedenklichkeiten des Fleisches, die kommen hinter so manchem guten Vorsatz einher, wie der hinkende Bote hinter der erlogenen telegraphischen Botschaft, oder wie das fressende Ungeziefer hinter der schönen Baumblüte.
Ja Gott soll auch etwas erlauben, soll billig sein, soll mit sich handeln lassen, soll ein Einsehen haben, soll auch phlegmatisch sein, wie sein Menschenkind auf Erden. - „Erlaube mir zuvor;“ ja zuvor die Welt, hernach Gott, zuvor das Zeitliche, dann das Ewige, als hätte der Herr nicht gesagt: Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes. Dass ich einen Abschied mache.“ Ja, vorher die Lust der Welt noch genießen, vorher die Stimme der Welt einholen, vorher fragen, was sagen auch die Weltleute dazu? stoß' ich nicht an? mach' ich mich nicht lächerlich?
Lasst's uns nur gestehen, das ist auch unsere Art oft, damit halten auch wir unsern Heiland und unsere eigene Seele nun seit Jahren, seit Jahrzehnten hin - und es kommt zu keinem Abschied, zu keinem Entschluss, und bei diesem Abschiednehmen hält uns die Welt immer wieder an der Hand fest, bis endlich der letzte Abschied kommt, aber nicht ein freiwilliger, sondern ein gezwungener, nicht ein Abschied zum Leben, sondern ein Abschied zum Tode.
Jesus aber sprach zu ihm: wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes.“ Ja, was wäre jemals tüchtiges geschehen fürs Reich Gottes, wenn die, welche der Herr berief, also gezaudert und gezögert hätten! Hätte Andreas damals, als der Herr ihm und seinem Bruder Petrus zurief: ich will euch zu Menschenfischern machen, auch vorher noch einen Abschied gemacht mit den Seinen, wer weiß, ob er wieder gekommen, ob er noch angenommen worden wäre vom Herrn? Hätte Paulus sich mit Fleisch und Blut besprochen, als ihn der Herr zu seinem auserwählten Rüstzeug berufen hatte, schwerlich hätten die alten Freunde ihn ziehen. lassen, die Pharisäer ihn losgelassen aus ihren Netzen. Wollte jeder Christ vor seiner Bekehrung anfragen bei seinen alten Freunden: habt ihr auch nichts dagegen, seid ihr auch damit einverstanden? keine Seele käme zum Herrn. Und wollte man bei jedem guten Werk, das man tun will zur Ehre Gottes und zum Besten der Menschen, vorher nach links und rechts, nach oben und unten sich umsehen, ob's auch niemand übelnehme, ob's auch niemand falsch verstehe nichts gutes und großes käme jemals zu Stande. Nein, himmelan das Aug', ob's recht ist vor Gott, und dann die Hand an den Pflug und vorwärts in Gottes Namen! Die Hand ans Werk, die Herzen himmelan! So wird allein ein gutes Werk getan. (Karl von Gerok)