Lukas 6,32
Andachten
Und so ihr liebt, die euch lieben, was Danks habt ihr davon? Denn die Sünder lieben auch ihre Liebhaber.
Die Selbstsucht verbirgt sich am allerschlauesten in der Liebe. Es gibt eine äußerst zärtliche Selbstsucht, eine Selbstsucht voller Aufopferungen, auch eine Selbstsucht zu zwei, wenn zum Beispiel Ehegatten, Handelsfreunde, sich wollen glauben machen, sie lieben einander, da es eigentlich Jedem nur um den Genuss seiner selbst zu tun ist. Jeder zehrt an dem Andern, saugt ihn aus, und der Andre macht es eben so, und so lang beide auf diese Weise ihre Befriedigung finden, dauert das gute Verhältnis fort; allein wenn zuletzt nur noch die Knochen da sind, da gestaltet sich die Sache anders. So ihr liebt, sagt der Herr, die euch lieben, was Danks habt ihr davon? Ihr liebt euch nur um des Vorteils, um der Rückerstattung willen, und der gemeinste Sünder kann ja dasselbe tun. Liebe aber ist nicht Selbstgenuss, sondern Selbstverleugnung. Von Gott heißt es: Er hat seines Eingebornen nicht verschonet, sondern ihn für uns Alle dahin gegeben; von Christus: Er entäußerte sich selbst, nahm Knechtsgestalt an, ward gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz. Hat unsre Liebe denselben Gehalt? Was suchen mir, wenn wir lieben? man gehe sich doch immer recht auf den Grund. Können wir auch ohne allen Lohn lieben, auch den Unliebenswürdigsten, ja gerade den, weil ihn niemand liebt, und er mehr als jeder Andre der Liebe bedarf? Man gehe doch recht bei Jesu in die Schule, und man wird inne werden, dass das Liebesbedürfnis seinen Lohn in sich selber findet, und nicht in der Errungenschaft des Gegenstandes, den man liebt. Gott ist die Liebe, und in ihm selber, in seinem Lieben liegt die Seligkeit, nicht anderswo. (Friedrich Lobstein)