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Lukas 24,26

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Andachten

Christus musste leiden und zur Herrlichkeit eingehen. Luk. 24, 26

Christus musste leiden, weil er als der Herzog unserer Seligkeit voranging durch die tiefste Tiefe zur höchsten Höhe, weil er in wesenhafter Vollkommenheit den Willen des Vaters erfüllen, den wunderbaren Ratschluss Gottes ausführen sollte.

Wir müssen leiden, weil wir auf keinem andern Wege zubereitet werden können für unsere hohe Bestimmung, die da ist: umgewandelt zu werden in Jesu Bild und einst teil zu haben an der Herrlichkeit des neuen Jerusalems.

Wohin kämen wir ohne Leiden? Wenn alles uns immer nach Wunsch ginge, wie selbstsüchtig, wie selbstzufrieden, wie unausstehlich wären wir! Nur durch Demütigungen, durch Leiden, durch innere Sterbeswege kann der göttliche Meister seine Schüler vorwärts bringen. Was würde aus unsern Kindlein werden, wenn die erziehende und strafende Hand des Vaters nicht wäre!

Wir finden auch vielsagende Bilder in der Natur. Ich stand im Garten und sah zu, wie der Gärtner kleine wertvolle Spalierbäume beschnitt. O, wie kräftig griff das Messer hinein! Schoss um Schoss, Zweig um Zweig fiel zur Erde. „Was machen Sie doch da?“ rief ich. „Sie verderben ja das schöne Bäumchen ganz!“ Ich war zornig über den Mann, der so rücksichtslos in die schönen Zweige hineinschnitt.

Freundlich blickte er mich an, als achte er meines Unmuts nicht. „Ich muss es tun“, sagte er, „sonst geht der Baum zu Grund. Diese unnützen und so üppig sprossenden Triebe müssen abgehauen werden, sonst gibt es keine Frucht.“

Ich hatte allen Grund, dem Gärtner zu vertrauen; ich schwieg und ging traurig von dannen.

Als aber im Herbst die Bäumlein voll goldener Früchte hingen, da erinnerte ich mich an des Gärtners Wort. Ich dachte an die grünen glänzenden Blätter, die hatten fallen müssen, weil sie den Saft verzehrt hätten, dessen der Baum zur Hervorbringung der Frucht bedurfte. Der Gärtner wusste, was er tat, und was er tat war gut.

Und mit der Zeit lernte ich verstehen, welche tiefe Bedeutung solche Vorgänge in der Natur für die innere Welt haben. Ich dachte an Dinge in meinem Leben: begeisterte Triebe, glänzende Hoffnungen, hochschwellende Wünsche. Der Herr hatte sie oft mit scharfem Schnitt entfernt, oder sie leise verwelken lassen, aber auch Gnade und Kraft gegeben, sie abzuhauen. Und ich sah, wie im Verklärungslicht, dass das alles sein musste, dass das ohne das scharfe Messer des Leidens das Glaubenspflänzlein wohl gar kümmerlich geraten und ganz unfruchtbar geblieben wäre.

Habe Dank, guter, treuer Gärtner, für deine Zucht! Wenig genug sind der Früchte an dem Baum, um den du dich so zärtlich bemüht hast. Aber er ist doch noch da, steht in deiner Pflege, und du wirst das Werk vollenden. (Dora Rappard)

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