Lukas 19,8
Andachten
Zachäus aber trat dar und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte meiner Güter gebe ich den Armen, und so ich Jemand betrogen habe, das gebe ich vierfältig wieder.
Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. Zachäus hat eine andere Liebe gefunden, als die Geld- und Weltliebe, und wen die Liebe Christi dringt, der scheidet sich auch von der Ungerechtigkeit. Daran erkennt der Herr die Seinen. Und nicht nur von ferneren Ungerechtigkeiten will Zachäus sich scheiden, auch was von seinem früheren Leben noch gut zu machen ist, auch dazu will er sich freudig entschließen. Wer den Heiland gefunden hat, sieht mit helleren Augen in das frühere Leben, als wer noch sich selber gefällt. Zachäus erschrickt über die verborgenen Sünden, die um ihn herum wie aus dem Boden steigen; und der Glaube an Jesum pflanzt Tugenden in sein Herz, die das gerade Gegenteil seiner vorigen Schoßsünden sind. Die Armen sollen nun an ihm einen Vater finden; nicht als wolle er von seinem gefundenen Heil etwas abbezahlen, aber er kann seine irdischen Schätze entbehren, er will sie wenigstens besser verwenden als früher, nun da er einen Schatz im Himmel hat. Außerdem fällt ihm Jemand ein, den er früher betrogen hatte, so will er vierfältig wieder erstatten, was er Jahre lang auf dem Gewissen hatte. Die Sünde, als Sünde, ist freilich nicht mehr zurückzunehmen, denn was geschehen ist, ist geschehen; aber je mehr man dem Herrn gibt, was man ist und hat, je mehr kommt man aus des Satans Schlingen und erfährt: Geben ist seliger als nehmen. Die Gewissenhaftigkeit Zachäi ist ebenfalls ein sicheres Zeichen seiner Bekehrung; je größer der Opfersinn, je wahrer der Glaube. Wir sehen auch, dass das beste Mittel, eine Schoßsünde los zu werden, darin besteht, viermal mehr die entgegengesetzte Tugend zu üben, bis sie zur Gewohnheit und zur zweiten Natur geworden ist. Zachäus fühlt, was er selber erhalten hat, und wie sollte er da nicht das Zeitliche, das er hat, mit seinen Brüdern teilen? was ist alles Gold der Welt gegen den ewigen Gewinn einer geretteten Seele? (Friedrich Lobstein)