Lukas 19,6
Andachten
Und er stieg eilends hernieder, und nahm ihn auf mit Freuden.
Zachäus muss vom Baum herunter, damit Jesus bei ihm einkehren könne. Dazu versteht sich nun Zachäus gern; es war ihm ja nicht um den Maulbeerbaum, sondern um den Herrn selber zu tun. Kämen wir doch auch so leicht von unsern falschen Höhen herunter, als sich hier Zachäus der Stimme Jesu ergibt! Aber man lässt sich lieber von einem Baum herunter, als dass man die hohen Gedanken fahren lässt, die man von sich selber hat. Wenn Jesus das von uns verlangt, nehmen wir ihn auch auf mit Freuden? Man sagt oft von einem Menschen, der früher in Flor gelebt hatte, und bei dem das Blatt sich gewendet hat: Wie sehr ist der heruntergekommen! Aber das Verwundern ist viel größer, wenn der Herr einem Andern, der früher Jedermann von oben herab betrachtete, gesagt hat: Komm herunter, und solch ein hoffärtiger Geselle den Ruf Christi verstanden hat! Das rechte Verhältnis zu Christo ist das: Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen. Dazu versteht sich freilich nicht Jeder. Zuerst möchte man in der Welt etwas gelten, dann unter Christen. Das sicherste Zeichen einer wahren Bekehrung ist, wenn man mit Freuden kann die Demütigungen annehmen, die der Herr den Seinen zuschickt. Je mehr man vor sich selber herunter kommt, je mehr kommt es auch zu einer Einkehr Christi. Den Hoffärtigen widersteht der Herr, aber den Demütigen gibt er Gnade. Der hohe Maulbeerbaum hatte den kleinen Zachäus doch nicht größer gemacht; ebenso lassen alle hohen Gedanken uns ja doch nicht an Wert gewinnen; wir verlieren ja den Heiland, wenn wir nicht herunter wollen, um uns zu erkennen für das, was wir sind. Zachäus nahm Jesum auf mit Freuden. Wem es um den Herrn selber zu tun ist, der lässt gern alle falschen Stützen fahren; Jesus ist reich genug, um uns Alles zu ersehen, das wir um seinetwillen weggeworfen haben. (Friedrich Lobstein)