Gelobt sei, der da kommt, ein König, in dem Namen des Herrn!

Als der Herr Jesus, nach Luk. 19,37. ff. gen Jerusalem zog, und nahe hinzukam und den Ölberg hinabzog, fing der ganze Haufe seiner Jünger an, mit Freuden Gott zu loben mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatten, und sprachen: „Gelobt sei, der da kommt, ein König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und in der Höhe!“ Wer den Herrn Jesum und sein Reich kennt, wer aus eigener Erfahrung weiß, welch ein seliger Stand es ist, von der Obrigkeit der Finsternis errettet und in das Reich des Sohnes Gottes versetzt zu sein: sollte der sich nicht freuen und Gott loben, wenn er irgendwo den Herrn und sein Reich kommen und offenbar werden sieht? Wer könnte lügen, dass er seine Mitmenschen liebe, wenn er kalt und gleichgültig zusieht, in welcher schmähligen Knechtschaft sie sich befinden: wie der Eine dem Mammon dient, der Andere den Bauch zu seinem Gott macht; wie dieser von der Eitelkeit der Welt bezaubert ist, und jener als der Menschen Knecht sich von jedem Wind menschlicher Lehre wiegen und wägen lässt; wie hier ein Leichtsinniger sich aller ernsten Gedanken entschlägt, und dort ein Schwermütiger durch Furcht des Todes im ganzen Leben ein Knecht sein muss; und Alle als Sünder ohne einen Heiland dem Tod, dem Gericht und dem Verderben entgegen gehen? Wer sollte sich nicht freuen, wenn er hie und da einen Schläfer erwachen sieht und fragen hört: „Was soll ich tun, dass ich selig werde?“ wenn hier und da durch Buße und göttliche Traurigkeit dem Herrn der Weg in die Herzen der Menschen bereitet, wenn sein Wort gehört, seine Liebe empfunden, seine Gnade ergriffen, und er so als Herr und König offenbar wird? Soll man sich nicht aus Erden freuen, da im Himmel und vor den Engeln Gottes Freude ist über einen Sünder, der Buße tut? - Doch siehe, während die Jünger in ihrer Freude Gott lobten, traten die Pharisäer mit sauren Gesichtern und verdrießlichen Herzen dazwischen und sprachen: „Meister, strafe doch deine Jünger!“ Sie decken den bösen Grund ihres Herzens auf, sie zeigen, dass sie zu des Teufels Reich gehören, weil sie sich an der Offenbarung dessen ärgern, der gekommen ist, die Werke des Teufels zu zerstören. Und so wird es denn noch heutiges Tages daran offenbar, welches Reichs Genossen die Menschen sind, ob sie sich über die Zeichen, die das Kommen des Herrn und seines Reichs begleiten, über die Regungen und Äußerungen des christlichen Lebens freuen oder ärgern, ob sie darüber loben oder lästern. So war es, so ist es, so wird es sein. Indessen singt man doch mit Freuden vom Siege in den Hütten der Gerechten: „Die Rechte des Herrn ist erhöht, die Rechte des Herrn behält den Sieg!“ bis es heißen wird: „Es sind die Reiche der Welt unseres Gottes und seines Christus geworden, und er wird regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ (Carl Philipp Johann Spitta)