Lukas 13,33
Andachten
Doch muss ich heute und morgen und am Tage danach wandeln; denn es tut's nicht, dass ein Prophet umkomme außer Jerusalem. - Jerusalem! Jerusalem! die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt werden, wie oft habe ich wollen deine Kinder versammeln, wie eine Henne ihr Nest unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt! - Seht, euer Haus soll euch wüste gelassen werden. Denn ich sage euch: Ihr werdet mich nicht sehen, bis dass es komme, dass ihr sagen werdet: Gelobt ist, der da kommt in dem Namen des Herrn!
Das ist die Wehklage der heiligen Liebe! sie dringt durch Mark und Bein einem Jeglichen, der noch nicht ganz kalt und tot ist. „Und ihr habt nicht gewollt!“ das ist der Lohn für all' Dein Suchen, Du guter Hirte! für Dein Umherziehen und Gesundmachen, Du himmlischer Arzt! für Dein herzliches Erbarmen, Du sanftmütiger Heiland! und nun wandelst Du noch heut' und morgen und bis an den dritten Tag, und dann nimmt es ein Ende mit Dir, ach, und welch' ein Ende! Die Du sammeln wolltest unter Deine Flügel, die stoßen Dich aus, und ihr Widerwille bereitet Dir den bittersten Tod, den Tod am Kreuze. Das hat Dir getan Jerusalem, die Auserwählte, die bis an den Himmel erhoben war! und nun ist ihr Haus wüste gelassen; sie hat nicht erkannt die Zeit ihrer Heimsuchung, nun bleibt ihr nichts anderes, als ein Warten des Gerichts, das anbrechen soll, wenn die Deinen Dich sehen werden und grüßen mit dem seligen Adventsgruß: Gelobt ist, der da kommt in dem Namen des Herrn! O, meine Seele! geht sie Dich nicht auch an die Wehklage der heiligen Liebe? drängt es nicht auf Dich ein wie mit Schwertesschärfe, und wie mit aufgehobenen Händen der Verkläger: „Und Du hast nicht gewollt!“ wer wäre denn wohl, den es nicht träfe? Deine suchende, sammelnde, Lockende Jesusliebe geht durch jedes Menschenleben, und Deine Flügel sind ausgebreitet, jedes Küchlein einzunehmen; aber das Nichtwollen, das Widerstreben, die Unlust, die Trägheit sind unsere schwere Verschuldung, deren wir uns anklagen müssen mit heißen Tränen. Ach, mein Jesus, nun wandelst Du noch mit mir heute und morgen und bis an den dritten Tag, das ist meine Gnadenfrist und nun soll es meine Klage sein: Ach, dass ich Dich so spät erkennt, Du hochgelobte Schönheit, Du! und meine Bitte: Hier bin ich, breit aus die Flügel beide, und nimm dies Küchlein ein! zur guten Nacht jetzt und zur ewig sichern Ruh' einst! (Nikolaus Fries)