Markus 3,5
Andachten
Was ist Verhärtung? Man ist verhärtet, wenn man von allem geistlichen Gefühl los ist, Gutes für Böses und Böses für Gutes ansieht. Unsre Arbeit soll sein, dass wir unverrückt bei Jesus bleiben, der Weltsinn verschlungen und Jesu Sinn in uns aufgerichtet werde. (Johann Albrecht Bengel)
Und war betrübt über ihrem verstockten Herzen.
Dies ist der einzige Fall, in welchem dieser Ausdruck in Bezug auf Jesus angewendet ist, (und von welch' tiefer Gemütsbewegung einer sündlosen Natur zeugt er nach dem Grundtext!). Er sah sie umher an mit Zorn! Nie trauerte Er um Sich Selbst. Seinen größten Kummer erregten die, die ihr eigenes Seelenheil verscherzten und Seinen Gott entehrten. Der fortwährende Anblick der Sünde, der Sich Seiner vollkommenen Reinheit darbot, gestaltete Sein irdisches Dasein in eine unaufhörliche Schmerzensbahn, immerwährendes Kreuz und Leiden.
Ohne Zweifel mischte sich die Teilnahme für dieser Erde tausende Leidtragende in die Tränen, die Er am Grabe Zu Bethanien vergoss; (trauernde Herzen könnten in den Stunden des Kummers eines solchen Unterpfandes nicht entbehren;) doch eine viel ausdrücklichere Ursache war diejenige, welche die weinenden Schwestern und die trauernde Menge nicht erkennen konnten; - Seine Kenntnis der tiefen und verstockten Unbußfertigkeit derer, welche so eben im Begriff waren das größte Wunder zu schauen, nur um es zu verachten, sich zu verwundern und zunichte zu werden. Jesu gingen die Augen über! Doch Sein tiefster Seelenschmerz galt dem Widerstande wider die Gnade, dem Missbrauch großer Vorrechte, der Verschmähung göttlicher Barmherzigkeit. Der göttliche Schöpfer trauerte um das zerschlagene Werk Seiner Hände; - der Allmächtige weinte um Seine zu Grunde gerichtete Welt; - der Gott-Mensch betrübte Sich über den entweihten Tempel der Seele, über die Zerstörung dessen, was Er einst Ihm zum Bilde geschaffen hatte!
Können wir in irgend einer Hinsicht so erhabene Tränen mitempfinden? Trauern wir über die Sünde, unsere eigene Sünde, die tiefe Beleidigung, welche sie Gott antut, die verderblichen Folgen, welche sie für, uns selbst mit sich führt? Betrübt uns die Sünde unserer Nebenmenschen? Wissen wir was es heißt, wie der gerechte Lot unsere Seelen von Tag zu Tag. zu quälen mit den ungerechten Werken der Welt? der groben Härte und Verstocktheit des verdorbenen Herzens, welches die Führungen der Liebe wie des Zornes, des Gerichts wie der Gnade zugleich verwirft? Ach! es ist leicht im Allgemeinen das Laster zu verdammen und die Schuldigen auf eine harte, strenge und schneidende Weise anzuklagen; es ist leicht, lieblose Bemerkungen über die Fehler und Torheiten Anderer zu machen; aber sich, wie unser Herr, zu betrüben, das ist Etwas anderes; über des Herzens Härtigkeit zu trauern, doch mit dem brennenden Verlangen, es eines Besseren zu belehren; wie Er die Sünde zu hassen, doch den Sünder zu lieben!
Leser! Sehe auf dich selbst. In einer Hinsicht passt das Beispiel Jesu nicht für unsern Zustand. Er hat seine eigene Sünde zu betrauern. Er konnte Sich nur über Andere betrüben. Dein tiefster Schmerz muss dir selbst gelten. Wie vor Alters der wachsame Levit, so sei du der Hüter vor den Toren deiner Seele. Suche deine vorwiegende Übertretung, deinen angeborenen Hang zur Sünde mit aufmerksamster Wachsamkeit zu beobachten. Lass dir den Gedanken wehe tun, auch im Geringsten nur das Missfallen des so liebevollen und mitleidigen Heilandes zu verdienen; dies sei dein heiliges Bewahrungsmittel in jeder Stunde der Versuchung: Wie sollte ich denn nun ein so großes Übel tun und wider Gott sündigen?
Traure um eine dem Verderben verfallene Welt, um eine sich sehnende und ängstigende Schöpfung, die in schweren Ketten und Banden der Eitelkeit unterworfen liegt. Tue, was du kannst, durch Arbeit und Gebet den Anbruch jener seligen Stunde zu beschleunigen, in welcher die Welt die schmutzigen Gewänder der Sünde und des Leidens ablegen wird, und, angetan im heiligen Schmuck frohlocken wird in der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. (John Ross MacDuff)