Markus 16,15
Andachten
“Geht hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur!“
Alle Welt - so fahren wir zum Vorigen fort - soll stille sein vor dem HErrn, um zu hören, um das Evangelium zu vernehmen. Unter dem Saus und Braus dieser Welt, unter dem Stürmen und Toben und Schreien und Jammern und Wehklagen, wie mans allerwärts hört, hat man kein Ohr für das Evangelium. Denn alles Tröstliche geht da nebenhinab. Und doch soll’s alle Welt vernehmen, denn es ist ein Heiland da für alle Kreatur! Der HErr, der in Seinem heiligen Tempel ist, der hat es im Sinne, aller Welt Gutes zu tun. Seine Liebe will überallhin wirken, möchte auch nicht eines verlorengehen sehen! Da muss vor allem Stille herrschen, die denn auch der HErr nach innen und außen zu machen weiß, damit`s dem Wort gelingen möge. Die Predigt selbst aber sollen wir, die wir das Wort haben, ausrichten.
„Geht ihr hin, prediget ihr, eure Sache ist’s“, will der Heiland sagen. Wir - wenigstens manche Christen - sind oft so, dass wir denken: „Wie doch? Das ist nicht unsere Sache! Das soll der liebe Gott selber tun! Er soll’s machen, dass die Leute das Evangelium hören!“ Jedenfalls scheinen viele, weil sie gar nicht mithelfen wollen, vorauszusetzen, dass sich alles von selber machen müsse, ohne dass man so viele Forderungen an die Christen stellen müsse. Da tun sie, wie wenn der liebe Gott überallhin Engel schicken sollte, die’s den Leuten sagen sollen, ohne dass unsereins sich auch dafür hingegeben hätte, von Mitgefühl durchdrungen.
Nun wissen wir zwar wohl aus der Schrift, dass Gott Engel schickt. Er tut das aber nur, um die Leute anzutreiben; wie Er den Engel zu Kornelius sandte, der an Petrus gewiesen wird; und ihn zu Paulus sandte, dass er den Mazedoniern helfen soll! Aber predigen, das Evangelium verkündigen, das sollen solche Engel niemals. Sondern das bleibt uns und denen überlassen, die berufen werden, sei’s von Gott oder nach menschlicher Ordnung. Und wir setzen uns einer Verantwortung aus, wenn wir saumselig sind!
Nach der Erfahrung bleibt auch das gewiss: Tun wir’s nicht, so geschieht’s nicht! Gehen wir nicht, so vernehmen sie’s nicht! Predigen wir ihnen nicht, so bleiben sie ferne vom Reiche Gottes! Das zeigt die Geschichte bis auf den heutigen Tag. Wo niemand hinkommt, da ist Finsternis! Und wo niemand predigt, da ist Unwissenheit! Versäumen wir’s also hartnäckig, so ist der Schaden unermesslich groß, obgleich Gott immerhin im stillen viel tut; namentlich weiß Er Kleines und Weniges, oft nur Stückchen Papier, darauf etwas zu lesen ist, wunderbar zu segnen. Legen wir die Hände in den Schoß, so schläft alles ein und geht’s nicht weiter! Darum sagt auch Paulus (Röm. 10, 14): „Wie sollen sie aber anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?“ Hätte die Christenheit allezeit nur auch so viel getan, als jetzt seit 60 Jahren geschehen ist, da man bereits fast in der ganzen Welt herumgekommen ist: wie gar anders stünde es in der Welt! Am fühlbarsten ist unsere Nachlässigkeit den Heiden selbst oder den Bekehrten aus denselben, deren einer einmal nach Europa geschrieben hat, am Jüngsten Tage werde Gott den stummen Götzen - deren allein die Hindus 330 Millionen haben - eine Sprache geben, um die Christenheit anzuklagen, dass sie den Heiden das Evangelium, das ihnen doch auch gehören würde, so lange vorenthalten hätten.
Nun, wir beten immer wieder: „Lieber Gott, mach Du’s!“. Und der liebe Gott sagt zu uns: „Ihr Leutlein, macht ihr’s!“ Er wird unsere Bitte erhören - wir aber wollen uns auch von Ihm sagen lassen! Wir müssen besser dran, so wie wir’s nun eben können. Und da gebe uns der Heiland Verstand und Willen dazu, dass wir nichts versäumen! Und er gebe uns ein Herz, das fühlt: so werden wir das, was uns obliegt, schon zustande zu bringen wissen! (Christoph Blumhardt)
Der Missionscharakter unserer Zeit wird immer deutlicher. Allerlei andere Rettungsarbeit und Wohlfahrtspflege muss der von christlichen Gedanken beeinflusste Staat den Gläubigen abnehmen, damit dieselben entlastet werden und ihre ganze Kraft und ihr gesteigertes Interesse in diesen letzten Zeiten auf die Mission verwenden können. Ist das Jesu Wille, dann werden Segnungen offenbar, sobald man ihn anhebt zu erfüllen. Eins der wirksamsten Mittel, um eine tote Gemeinde, aber auch um eine tote Familie lebendig zu machen, ist die fleißige Beschäftigung mit der Mission. Da merkt man den Unterschied zwischen Manöver oder Krieg, zwischen Gewohnheitschristentum oder Glaubensleben, und die Liebe Christi fängt an zu drängen. Messe ein jeder sein Alltagsleben, seine Erholungen und Ferienausgaben, sein Benehmen gegen seine Nächsten an der Missionsaufgabe. Das gibt Bußestunden und Antriebe zur Selbstverleugnung. Dann, wenn so unser Alltagsleben in Missionsbeleuchtung steht, braucht man uns am Missionsfest nicht extra anzufeuern - dann ist es ein Fest dankbarer Freude für das, was die Mission uns getan.
Herr Jesus, vergib uns unsere alten Missionsschulden, und lehre uns, das Interesse deines Reiches als die wichtigste Frage unseres neuen Strebens und Wirkens betreiben. Gib uns mehr Liebe, damit wir uns mehr in dein Werk hineinstellen können. Amen. (Samuel Keller)
Zur Zeit des Alten Testaments konnte ein Israelit singen: der HErr zeiget Jakob Sein Wort, Israel Seine Sitten und Rechte. So tut Er keinen Heiden, noch lässt sie wissen Seine Rechte. Halleluja, Ps. 147,19.20. Der HErr Jesus aber sagte vor Seiner Himmelfahrt zu Seinen Aposteln: geht hin in alle Welt, und predigt das Evangelium aller Kreatur. Keine Gegend der Welt war also den Aposteln verschlossen, keinem Volk war das Evangelium versagt. Wer den Namen einer Kreatur führte, durfte es hören, und dadurch selig werden: ja auch auf unvernünftige und leblose Geschöpfe sollte ein Nutzen vom Evangelio ausfließen, weil ihnen darin eine Befreiung vom Dienst des vergänglichen Wesens verheißen war. Weil nun Christus den Aposteln einen so uneingeschränkten Beruf gab, so gab Er ihnen auch am Pfingstfest das Vermögen, mit fremden Sprachen zu reden, weil sie das Evangelium in vielen Sprachen predigen mussten. Zwar sind die zwölf Apostel wegen der Kürze ihres Lebens, und wegen der vielen Hindernisse, die ihnen vorkamen, nicht in der ganzen Welt herumgekommen, und haben nicht allen Völkern das Evangelium gepredigt: der HErr Jesus hätte aber dasselbe nach Seiner ausgebreiteten Liebe allen Völkern und allen Menschen gegönnt, und deswegen hat Er Seinen Aposteln einen so uneingeschränkten Beruf gegeben. Die Hindernisse, welche der völligen Ausrichtung dieses Berufs im Wege standen, kamen von der Bosheit der Menschen her, welche sich vom Satan antreiben ließen, die Apostel zu verfolgen und zu töten. Ob nun gleich heut zu Tag keine Apostel mehr leben, so ist man doch noch immer berechtigt, das Evangelium nach dem Maße der Gnade, welche den jetzt lebenden Knechten Gottes gegeben ist, einem jeden Volk, bei dem die Vorsehung Gottes es möglich macht, zu predigen: denn weil der HErr Jesus Seinen Aposteln befohlen hat, das Evangelium aller Kreatur zu predigen, so darf man es noch jetzt aller Kreatur predigen, weil Seine Liebe noch so ausgebreitet ist, als sie ehemals war. Das Evangelium ist nichts Schreckliches, nichts Schädliches. Es ist die Lehre Christi, die christliche Religion, die ganze heilsame Wahrheit, welche die Menschen erleuchten, heiligen und selig machen kann. Wer es glaubt und getauft wird, wird selig, wer es nicht glaubt, wird verdammt werden. Auch zu unsern Voreltern ist dieses Evangelium gekommen, aber freilich später als zu andern Völkern. Nun ist es aber leider Vielen, die es gehört haben, entleidet und unwert worden. Sie erdichten sich eine andere Religion: sie werfen ihnen selber Lehrer auf, nachdem ihnen die Ohren jücken. Der größte Haufe aber wandelt, ohne sich über die Religion zu besinnen, nach seinem Herzensdünkel und nach seinen Lüsten. Wir aber wollen das Evangelium immer für unser Licht, für unsern Schatz, für eine von Gott ausgeflossene Wahrheit, und für eine Gotteskraft halten, welche Alle selig macht, die daran glauben. Das Evangelium soll uns durch die Knechte Gottes, durch welche es verkündigt wird, nicht verächtlich werden; denn obgleich dieselben mangelhafte Menschen sind, und heutiges Tages wider Viele derselben Vieles einzuwenden ist, so ist doch das Evangelium, das sie predigen, ein Wort Gottes, und hat seine Glaubwürdigkeit, seine Kraft und sein Ansehen von Gott selbst. Wem es gepredigt wird, der darf und soll es glauben, und auf sich selbst deuten. Der Heilige Geist schließe uns den Inhalt desselben immer weiter auf, und lasse uns seine Kraft zu unserer Seligkeit empfinden. (Magnus Friedrich Roos)