Markus 15,27
Andachten
Und sie kreuzigten mit Ihm zween Mörder, einen zu Seiner Rechten und einen zur Linken. Da ward die Schrift erfüllt, die da sagt: Er ist unter die Übeltäter gerechnet.
Unter den Menschen ist der Stand eines Übeltäters der allerniedrigste, und wer die Freiheit zu wählen hat, wird immer wünschen auf dem Bett zu sterben, sollte es auch nach großen Schmerzen geschehen. Der Stand eines Übeltäters wird nämlich durch die große Schmach, die auf ihm liegt, sehr bitter gemacht. Er muss sehen, hören und fühlen, dass man ihn für einen Auswürfling halte, der nicht wert sei, länger unter den Menschen zu leben. Er wird also unter das ganze zu seiner Zeit lebende menschliche Geschlecht herabgewürdigt, und dieses wird ihm nicht nur durch die Hinrichtung, deren er sich gemeiniglich mit einem gesunden Leib unterwerfen muss, sondern auch durch fürchterliche Anstalten und Auftritte zu erkennen gegeben. Auch der Ort, wo ein Übeltäter hingerichtet wird, vermehret sein Grauen. Es ist ein unehrlicher Platz, ein Platz, auf dem schon Viele, die man für solche Auswürflinge gehalten hat, hingerichtet worden, und wo zuweilen noch ihre Leichname oder Gebeine vorhanden sind. Wird Jemand hingerichtet, der gegen die Ehre ein empfindsame Seele hat, so vermehrt es seine Schmach, wenn er mit andern ehrlosen Personen zur Hinrichtung hinausgeführt und hingerichtet wird. Dieses Alles ist nun dem hochgelobten Sohn Gottes Jesu Christo widerfahren, denn Er wurde, wie Jesaias Kap. 53,12. geweissagt hat, unter die Übeltäter gerechnet. Wer jemals über einen Übeltäter das Todesurteil hat sprechen hören, und ihn auf den Richtplatz hinausführen, und da hinrichten sehen, erinnere sich, dass es dem Heiland der Welt auch so gegangen sei. Wenn es nur um die Schmerzen zu tun gewesen wäre, die der Heiland für uns leiden sollte, so hätte Er sie insgeheim leiden, und unter großen Qualen irgendwo sterben können: Er sollte aber gerichtlich zum Tode verdammt, Er sollte in den schmählichen Stand eines Übeltäters versetzt werden, und zwischen zwei Mördern öffentlich sterben, damit Sein Leiden und Sein Tod Zeugen hätten, und damit Er auch dasjenige für uns litte, was in der heiligen Schrift Schande oder zu Schanden werden heißt. Wir verdienen, öffentlich zu Schanden gemacht und im Beisein aller Engel gerichtet, verdammt und ins höllische Feuer hingewiesen zu werden. Diese Schmach hat Jesus übernommen, um uns, die wir an Ihn glauben, von derselben zu erlösen. Darum will Ihm der himmlische Vater wie Jes. 53,12. gesagt wird, eine große Menge (auserwählter Menschen, an denen Er Seine Lust hat) zur Beute geben, und was die starken bösen Geister anbelangt, welche die Menschen gefangen hielten, so will Er ihnen ihren Raub entreißen, weil Er Sein Leben in den Tod gegeben hat, und den Übeltätern gleich gerechnet ist, und Er Vieler Sünden getragen hat, und für die Übeltäter gebeten hat. Gelobt sei der HErr Jesus für die Schmach, die Er in der Gesellschaft der Übeltäter williglich getragen hat. Er nehme auch mich und die Meinigen als eine Beute hin und verhelfe uns zu der Ehre, ewiglich Seine Knechte und Erben zu heißen. In dieser Welt wollen wir gern Seine Schmach tragen und uns erniedrigen, damit Er uns in jener Welt erhöhen könne. (Magnus Friedrich Roos)