Matthäus 5,38
Andachten
Die ganze Anweisung lautet: erdulde jegliche Verletzung, die ausgehalten werden kann um des Friedens willen und befiehl Deine Belange der Pflege des Herrn an. Und zusammengefasst bedeutet dies, dass Christen es vermeiden müssen, zu streiten und erbittert zu kämpfen. Wenn jemand sagt, Fleisch und Blut könnten nicht heil aus solch eine Auseinandersetzung hervorgehen, dann erinnere ihn daran, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht erben werden; und jene, die nach den richtigen Prinzipien handeln, werden den besten Frieden und Trost finden. (Matthew Henry)
Ihr habt gehört, dass da gesagt ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel; sondern so dir jemand einen Streich gibt auf deinen rechten Backen, dem biete auch den andern dar.
Also du sollst so sanftmütig das Unrecht leiden, dass du lieber die Wiederholung desselben duldest, als dich rächst. Damit berührt der Herr einen tiefen, schreienden Fehler unseres bürgerlichen und geselligen Umgangs. Wenn wir von irgend jemandem beleidigt, verleumdet, an unserm guten Namen gekränkt werden: was ist da in der Regel unser erstes Gefühl und Verhalten? Wir sind entrüstet, es kocht der Zorn in unserm Busen, es glüht der vielleicht noch verhaltene Hass immer heißer und heißer, es steigen Gedanken von Ehrenerklärungen, von Rache, von Sühne und Genugtuung durch Wiedervergeltung, vielleicht gar durch Blut und Tod, in uns auf; wir stellen diese Selbstrache als Zeichen der Selbstachtung, der Kraft und Gerechtigkeit dar; wir sagen wohl gar: „Wie du mir, so ich dir! wer nicht von Herzen hassen kann, der kann auch nicht von Herzen lieben“; wir fürchten, uns nur noch größerem Unwillen auszusehen, wenn wir unsere gekränkte Ehre nicht wieder gut zu machen suchen; der Beleidiger müsse daher bestraft werden, oder er erstarke nur noch mehr. in seiner Bosheit. Seht, so suchen wir wohl gar noch unser Tun zu rechtfertigen und unsere Vernunft zu missbrauchen, um desto ungestörter unseren ungezähmten Leidenschaften dienen zu können. Solch Benehmen ist aber durchaus unchristlich und selbstsüchtig. Jesus vielmehr sagt: „Räche dich nicht, leide lieber doppelt Unrecht, als dass du einmal Unrecht tust und durch Rache dich dem Beleidiger gleich stellest“. Und sein Apostel ermahnt: „Rächt euch selbst nicht, meine Liebsten, sondern gebt Raum dem Zorne Gottes; denn es steht geschrieben: Mein ist die Rache, ich will vergelten, spricht der Herr. Vergeltet nicht Böses mit Bösem, oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern dagegen segnet, und wisst, dass ihr berufen seid, dass ihr den Segen erbt“. (Röm. 12, 19; 1. Petri 3, 9.) Seine Vorschrift bestätigt der Herr zugleich durch sein heiliges Vorbild, indem er nicht wieder schalt, wenn er gescholten ward, nicht drohete, wenn er litt, sondern alles dem anheimstellte, der da recht richtet; indem er, obgleich er alle Macht hatte, zu verderben, seinen Feinden doch kein Übels tat, und als die Jünger von ihm begehrten, dass Feuer vom Himmel fiele und den Ort der Samariter, der ihm die Aufnahme verweigert hatte, verzehrte, zu ihnen sprach: „Wisst ihr nicht, wes Geistes Kinder ihr seid? Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern zu erhalten“ (Luk. 9, 55. 56); indem er Petro, welcher Gewalt mit Gewalt vertreiben wollte, gebot: Stecke dein Schwert in die Scheide; denn wer das Schwert zieht, soll durch das Schwert umkommen„. (Matth. 26, 52.) Gibt es doch auch nichts Fürchterlicheres und Zerstörenderes, als Rachsucht; denn der Mensch erniedrigt sich damit unter das Tier, das auch von sinnlichen und äußeren Eindrücken sich fortreißen und bestimmen lässt! Und von der andern Seite gibt es nichts Lieblicheres und Wohltuenderes, als Sanftmut und Vergebung; denn der Mensch erscheint da in seiner Seelenstärke und Hoheit, in dem Adel seiner Besonnenheit, in der Kraft seiner Selbstbeherrschung! (Friedrich Arndt)