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Matthäus 5,21

Matthäus 5,21

Andachten

Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Racha, der ist des Rats schuldig; wer aber sagt: du Narr, der ist des höllischen Feuers schuldig.
Eben zu denjenigen, zu welchen der Herr gesagt hatte: Ihr seid das Salz der Erde, ihr seid das Licht der Welt! sagt Er nun auch die obigen und die darauf folgenden Worte der Bergpredigt, nämlich zu seinen wahren Jüngern. Es ist daher nicht nach dem Sinne des Herrn, wenn die Vorschriften, welche Er in derselben gibt, zur Richtschnur für die weltlichen Obrigkeiten gemacht werden, da diese es meist mit ganz anderen Leuten zu tun haben, als mit wahren Jüngern Jesu. Ja, der Herr gibt in der Bergpredigt überhaupt keine äußerlichen Verhaltungsmaßregeln, sondern Er zeigt darin, welches sein und seiner wahren Jünger Sinn ist in den verschiedenen Beziehungen des Lebens, woran sich denn Jeder, der sein Jünger sein will, prüfen kann, in wie weit seines Meisters Sinn in ihm zur Herrschaft gelangt ist. Auch will der Herr keineswegs das Gesetz verschärfen, wenn Er sein: „Ich aber sage euch!“ dem gegenüberstellt, was die Alten gesagt; sondern er will nur die abschwächenden pharisäischen Auslegungen des Gesetzes abweisen, wie sie jedes Mal beim Vorlesen des Gesetzes demselben beigefügt wurden, was bewirkte, dass das Gesetz von Jedermann nur im Lichte der pharisäischen Auslegung verstanden wurde. Hiergegen wollte Jesus seinen Jüngern den wahren geistigen Sinn des Gesetzes ausschließen; Er wollte es weder verschärfen noch weiter ausbilden, sondern nur richtig auslegen. Ein solcher pharisäischer Erläuterungszusatz zu dem Gebote: „du sollst nicht töten“ war der: „wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein, wodurch gesagt sein sollte, dass der Totschläger vor Gericht gebracht werden sollte, welches in jeder jüdischen Stadt bestehend, aus sieben Richtern gebildet war, und das Recht hatte, auf die Todesstrafe mit dem Schwerte zu erkennen. Durch diese Auslegung ließen die Pharisäer kein anderes Verständnis des Gebotes: „du sollst nicht töten“ aufkommen, als das, dass in demselben nur der äußerliche grobe Totschlag verboten sei. Dem entgegen schließt nun der Herr den wahren Sinn des Gebotes auf, wie er von Gott gemeint gewesen und wie ihn seine wahren Jünger verstehen müssten. „Ich aber, spricht Er, sage euch, wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig.“ Also schon die Gemütsverfassung, welche zu einem körperlichen Morde führen kann, und aus welcher ein solcher stammt, und nicht bloß der körperliche Mord selbst, ist eine Übertretung dieses Gebotes, und sie ist vor Gott ebenso strafbar, wie dieser letztere selbst, weil durch den Zorn die brüderliche Liebe, welche wir einander schuldig sind, aufgehoben und vernichtet ist. Eine noch härtere Strafe aber, nämlich die Todesstrafe, wie sie der hohe Rat zu Jerusalem das Recht hatte zu verhängen, die Strafe des Steinigens, hat der vor Gott verdient, welcher zu seinem Bruder sagt: Racha, d. i. du leerer, nichtsnutziger Mensch! Denn dadurch bekundet er, dass sein Zorn bereits eine solche Höhe erreicht hat, dass er nicht mehr im Gemüt verschlossen werden kann, sondern sich in einem Worte Luft macht, welches seinem Bruder einen schmerzhaften Stich ins Herz versetzt, und wodurch er ausdrückt, dass die persönliche Würde und Geltung seines Bruders in seinen Augen vernichtet und getötet sein soll. Die höchste Strafe aber, die Strafe des höllischen Feuers und ewiger Verwerfung hat der verdient, welcher seine Gemütsstellung zum Bruder in das Wort kleidet: du Narr! d. i. du Abtrünniger, Gottloser, Unverbesserlicher! denn durch dasselbe drückt er (nach damaliger jüdischer Anschauung) aus, dass er bereits in seinem Herzen über seinen Bruder das Urteil ewiger Verwerfung ausgesprochen habe. Das Urteil über den Bruder kehrt also auf sein eigen Haupt zurück. Es gilt dies freilich nur von sündlichen Zorneswallungen, welche aus verletzter Selbstliebe hervorgehen, keineswegs aber von dem Zorne, von welchem auch der Herr Christus erfasst wurde, da Er um seines Vaters Ehre eiferte. Wer aber von denen, die dies lesen, würde sagen können, dass er stets nur mit göttlichem Eifer gezürnt habe, und wer also könnte sich nach diesen Aussprüchen des Herrn von der vor Gott verschuldeten Todesstrafe, ja, von der wohlverdienten Strafe ewiger Verwerfung frei dünken?! (Anton Camillo Bertoldy)

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