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Matthäus 27,41

Matthäus 27,41

Andachten

Desgleichen auch die Hohenpriester spotteten seiner, samt den Schriftgelehrten und Ältesten, und sprachen: Anderen hat er geholfen, und kann ihm selber nicht helfen. Ist er der König Israels, so steige er nun vom Kreuz, so wollen wir ihm glauben. Er hat Gott vertraut, der erlöse ihn nun, lüstet es ihn; denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn.
Verspottet zu werden ist für einen edeldenkenden Mann vielleicht das bitterste Wehe, welches ihm durch Menschen widerfahren kann. Man kann beneidet und gehasst sein, das ist nicht so schwer. Darum kann man doch in der Welt eine hochgeachtete Stellung einnehmen. Aber Verspottung und Verachtung liegen hart nebeneinander. Verspottung ist ein geistiges „mit Füßen treten“. Leichter verwindet man einen Zornesblick wie ein spöttisches Lächeln, und ein roher Faustschlag tut nicht so wehe wie ein spitzes Wort. - Wenn aber der Spott schon überhaupt etwas Erbitterndes hat, so wird er vollends Grimm und Rachedurst in der Seele wecken, wenn er uns trifft in Leidenstagen, ja, wenn wir grade wegen des Leidens, das uns schon an und für sich so schwer ist, verspottet werden. Sind wir im Leiden, so erwarten wir alle die liebevolle Teilnahme unserer Mitmenschen. Wir finden es unverzeihlich, wenn sie dann auch nur kalt und gleichgültig an uns vorübergehen. Aber einen Leidenden zu verspotten, wegen seines Leidens, das scheint uns satanisch.

Nun hat aber nie ein Mensch so den Spott über sich müssen ergehen lassen, wie Der, der allein aller Anbetung wert war. Und gerade sein Leiden, sein Opfertod, seine freiwillige Hingabe in der Menschen Hände, diese seine heilandsmäßige und hohenpriesterliche Liebe, gerade dies machte man zum Gegenstand des Spottes. Schon an dem gefangenen Jesus hatten sich die Lästermäuler der Hochwürdigen, Hochgeborenen und Proletarier meisterlich versucht. Am bittersten aber wird der Spott unter dem Kreuz; und gerade wegen seines Kreuzesleidens wird Jesus so schmählich verspottet. Wieder tönt die bekannte Stimme Satans: „Bist du Gottes Sohn?“ (Matth. 4,3-6.) Daraus aber, dass Jesus sich nicht selber hilft, (also gerade aus dem höchsten Erweis seiner Liebe,) schließt man, bitter höhnend, dass er sich nicht selber helfen könne. Giftige Pfeile ohne Zahl schießt man in das Herz des sterbenden Mannes.

Wir sehen aber hier auch, dass der Spott ansteckt. Von den Männern der Bildung und des Standes gehen die feinen sarkastischen Bemerkungen aus. Dann will das Volk auch nicht zurückbleiben; denn wer wollte nicht gern einen guten Witz machen? Auch die römischen Soldaten entdecken nun, dass sie ihre Langeweile am besten vertreiben, wenn sie mit dem gekreuzigten Judenkönig ihre Narrenpossen machen. Endlich reckt sogar der eine Schächer, der neben Jesu blutet, seine giftige Zunge aus und spottet mit dem ganzen Chor. Ja, Spott steckt an, sicherer und gefährlicher wie Scharlach, Cholera und Blattern. Hüten wir uns darum „zu sitzen wo die Spötter sitzen“. Haben wir nicht Mut oder Fähigkeit, mit offenem Wort gegen den Spott zu zeugen, so sollen wir wenigstens durch unser Fortgehen protestieren. Mit einem Zweifler soll man sanftmütig und geduldig reden; mit einem Spötter aber soll man ohne alle Zärtlichkeit brechen. Ein Spötter ist nie ein Wahrheitsfreund.

Forschen wir genauer: Was ist das denn eigentlich, was grade dem Hohn über das Heilige so einen besonderen Trieb und Reiz verleiht? Wir können es unter dem Kreuz Christi am besten lernen. Der Spott ist nichts Anderes, wie der Stachel des Gewissens auf den Lippen und auf der Zunge. Die Feinde Jesu fühlen in ihrem tiefsten Inneren, dass sie sich selber verworfen haben, da sie Jesum verwarfen. Der Spott soll nun das Werk des Unglaubens verteidigen und das verdammende Zeugnis Gottes, das ins Gewissen dringt, übertönen, abwehren oder ersticken. So treibt der Unglaube, der bewusste Widerstand gegen die erkannte Wahrheit, zum Spott. Der Unglaube lebt recht eigentlich vom Spott; wovon sollte er auch sonst leben? Darum, je tiefere Eindrücke der Wahrheit ein Mensch empfangen hat, desto heftiger wird er spotten, falls er sich nicht unter die Wahrheit beugen will. Denn Manches in der Welt kann man totschweigen, nicht aber das lebendige Christentum. Wer Christo so nahe kam, dass ihm das „Entweder - Oder“ in seiner Person klar geworden ist, der muss sich beugen oder sich empören, er muss anbeten oder spotten. Eine „goldene Mittelstraße“ gibt es nur für Solche, die noch träumen und schlafen. Alle Diejenigen aber, die tiefer in den Grund der Dinge geschaut haben, können nicht neutral bleiben. Die Spötter sind wie die verwundeten Eber, die nur um so wilder toben und wüten, je mehr ihre Wunden sie schmerzen. Sie hoffen so der inneren Qual ledig zu werden; sie hoffen so den Stachel im Gewissen stumpf zu machen.

Insofern ist es uns gar nichts Unerklärliches oder Wunderbares, sondern leider nur zu Natürliches, dass gerade gegenüber dem Kreuz Christi, (da gleicher Zeit Gottes höchste Liebe und das heilige Gericht Gottes über die Sünde der Menschen offenbar werden,) dass gerade hier der Spott auf seiner Höhe erscheint und eine empörende Bitterkeit annimmt.

Wie aber hat Jesus geantwortet? Was hat, solchem teuflischen Hohn gegenüber, sein Herz empfunden? Ohne Zweifel hat auch Ihm, ja gerade ihm, solcher Spott Mark und Bein durchschnitten. Aber Er hat überwunden. Wenn sich in dem Spott unter dem Kreuz aller Christushass und alle Feindschaft wider die Wahrheit zuspitzten, so zeigt uns die Antwort Jesu, die Antwort, die er in den sieben Worten gibt, die höchste Höhe und den höchsten Triumph seiner Liebe und Erbarmung. Diesen sieben Worten wollen wir nun lauschen, denn sie enthüllen uns die ganze Herrlichkeit des Kreuzes.

Du, ach du hast ausgestanden
Lästerreden, Spott und Hohn,
Speichel, Schläge, Strick und Banden,
Du gerechter Gottessohn,
Mich Elenden zu erretten
Von des Teufels Sündenketten.
Tausend, tausendmal sei dir,
Liebster Jesu, Dank dafür. (Otto Funcke)

Predigten

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