Sie befinden sich hier: Andachtsbibel » nt » Matthäusevangelium » Matthäus 26,14
Zuletzt angesehen: Matthäus 6,1 Matthäus 26,14

Matthäus 26,14

Matthäus 26,14

Andachten

Da ging hin der Zwölfen einer, mit Namen Judas Ischarioth, zu den Hohenpriestern.
Dem herrlichen Lichtbild der hingebenden Liebe tritt hier eine grause Gestalt der Finsternis entgegen. Als Maria so, wie sie es getan, dem Herrn ein Lob- und Dankopfer für seine heilige Passion dargebracht, - als Jesus so, wie er getan, sich über diese heilige, hingebende verständnisvolle Liebe ausgesprochen hatte, - da ging Judas hin, da überwand er die letzten Bedenken, da gewann der böse Geist in ihm die Überhand. Es wird damit ein furchtbarer innerer Zusammenhang zwischen der Tat des Weibes und der Tat des Judas angedeutet. Grade an der Liebe des Weibes hat sich der Hass des Judas zur lodernden Höllenflamme entzündet.

Auch die andern Jünger hatten ja das, was Maria tat, nicht verstanden; auch sie waren mit Judas bestraft worden. Aber jeder Lehrer kann es erfahren, wie dieselbe Strafe, die er einer Anzahl von Schülern, die gemeinsam eine und dieselbe Untat verrichtet haben, erteilen muss, dennoch bei den Verschiedenen einen ganz verschiedenen Erfolg hat. Die Einen, die aufrichtig sind, werden sich schämen, ihr Unrecht beklagen und beweinen und sich ernstlich vornehmen, nicht wieder so zu handeln. Andere, nämlich die, die keine Zucht wollen, werden sich gegen den Lehrer erbittern, werden sich, mit geheimen Rachegedanken, in dem Bösen verfestigen und sich etwa nur vornehmen, in Zukunft schlauer und vorsichtiger zu handeln.

So war es auch hier. Dass die elf Jünger sich geschämt haben über sich selbst, dass sie sich das Weib zum Vorbild genommen haben, - das erkennen wir schon daraus, dass sie uns diese Geschichte, ihnen selbst zur Schande und der Maria zur Ehre, so einfältig und treuherzig berichtet haben. Bei dem Judas war's umgekehrt. Sein Verderben war, dass er von Vorneherein darüber aus war, seine Sünde zu verhüllen vor dem Herrn und den andern Jüngern. Während diese sich gaben wie sie waren, zu Folge dessen schwere Demütigung erfahren mussten, aber durch die strafenden Worte des Herrn nun auch über ihr eigen Herz und Wesen Licht empfingen, statt dessen hatte sich Judas immer mit seiner Sünde ins Dunkle zurückgezogen. Er hatte das mit so viel Klugheit und Geschick getan, dass seine Mitjünger von dem bösen Grund seines Herzens keine Ahnung hatten. Bei der Feier des letzten Passahmahles noch, als der Herr ausspricht, dass Einer von ihnen ihn verraten werde, denkt Jeder ebenso gut an sich wie an den Judas. So wenig haben sie ihn erkannt. Ja, er ist so geschickt gewesen seine Gesinnung zu verdecken, dass selbst Jesus ihm nie mit einem offenen Tadel beikommen konnte. Das einzige Mal aber, wo dies möglich war, (nämlich in unserer Geschichte,) hat Judas alle anderen Jünger mit in seinen bösen Sinn hereinzuziehen gewusst. Dennoch spürte Judas wohl, dass der Tadel Jesu ihn vornehmlich traf; er fühlte, dass er vor dem Herrn offenbar und enthüllt war. Das schon machte ihn grimmig. Dazu kam, dass die Worte Jesu keinen Zweifel darüber ließen, dass Leiden und Sterben eine beschlossene Sache seien; endlich, dass grade der willenlose, hingebende Liebessinn des Weibes der Herzenszustand sei, der einzig und allein Jesu gefalle und in sein Reich passe. Judas aber musste sich sagen, dass seine kalte Selbstsucht exakt das Gegenteil dieser Gesinnung sei; dass er total umkehren oder das letzte Band zwischen ihm und Jesu abschneiden müsse. Er entschloss sich zu diesem Letzteren.

Wir wollen demnächst von Judas mehr sagen und heute nur betonen, dass an der echten Christusliebe der Maria der Christushass des Judas entzündet wird. Das ist auch noch so. Wo die Jünger des Herrn in wahrhaftiger Nachfolge Christi leben und dieselbe durch ihre ganze Gesinnung, Wort und Werk beweisen, da wird Zweierlei offenbar werden: Die Aufrichtigen, (die aber den Herrn noch nicht kennen,) werden solche Werke sehen und den Vater im Himmel darüber preisen. Sie werden grade dadurch angeregt werden, Jesum ernstlich zu suchen. Die aber, die nicht aus der Wahrheit sind und ihren Lüsten leben wollen, werden: grade umgekehrt Hass, Grimm, Verachtung, Spott und, wenn sie können Verfolgung auf jene echten Bekenner Jesu wälzen. Jesus hat Beides vorausgesagt, darum muss es wahr sein. Man merkt freilich heutzutage an den meisten Orten entsetzlich wenig von Verfolgung, wo aber Hass und Verfolgung sind, da stammen sie oft mehr aus der Torheit, Engherzigkeit und Unlauterkeit Derer, die das Panier Christi äußerlich hochhalten, als aus den Werken ihrer Liebe. Andrerseits gibt es so ein Allerweltschristentum, was jedem gefällt und Niemand ärgerlich ist, weil es Niemand innerlich straft und züchtigt, was aber auch Niemand erbaut, weil ihm Licht und Salz, Liebe und Ernst fehlen. Prüfe Dich wohl, lieber Leser, ob nicht etwa auch dein Christentum so beschaffen ist. Ärgernis und Anstoß zu geben durch unlauteres Christentum ist eine schreckliche Sache; wer Aber Niemand zum Anstoß ist, dessen Christentum wird auch wohl nicht echt sein. „Alle, die gottselig leben wollen, müssen Verfolgung leiden,“ wenn's auch in den verschiedenen Zeiten des Reiches Gottes mit der Art der Verfolgung feiner oder grober, offener oder versteckter ist. Das wahre Christentum hat zu aller Zeit die Menschenherzen revolutioniert; es musste und es muss die Abgrundstiefen und die geheime Gottesfeindschaft aufrühren und erwecken und andrerseits die Licht- und Wahrheits-Elemente anziehen und beleben. Dafür ist es da! Das besinne ein Jeder.

Mach', Herr, den Gedanken bange,
Ob das Herz es redlich mein',
Ob es treulich an dir hange,
ob es Wesen oder Schein. (Otto Funcke)

Predigten

Diese Website verwendet Cookies. Durch die Nutzung der Website stimmen Sie dem Speichern von Cookies auf Ihrem Computer zu. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzbestimmungen gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
nt/40/matthaeus_26_14.txt · Zuletzt geändert: von aj
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain