„… das habt ihr mir getan.„
Der Becher kalten Wassers, in einer bald vergessenen Stunde einem der Seinen aus seiner Liebe gereicht, steht vor Ihm unvergessen. Das unscheinbarste Wort, das aus Herzenstiefen eine Seele sucht; die flüchtige Zeile eines unbedeutenden Briefes, der einem armen Menschen Trost geben will; die Freundlichkeit, die in des Nächsten Antlitz noch ein Hoffen erweckt; die Gütigkeit, die in der Kümmernis noch Licht streut — alles dies ist bei Ihm unvergessen. Er ist nicht ungerecht, daß er vergäße eure Liebe, eure Mühe und euern Dienst, den ihr den Heiligen tut. Wir werden es an seinem Tag erst sehen, welch ein Gedächtnis er hat, wenn uns allerlei entgegenblüht, das nicht bedeutsam war, und ist doch eine Größe vor ihm. (unbekannt)

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt Einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.
Wer die armen Glieder der christlichen Kirche ansieht als Christi Brüder, wer Alles, was er ihnen tut, seinem Herrn zu Liebe tut: dem sind die köstlichsten Verheißungen zugesprochen. Jede Hilfe, jedes Almosen, jedes Stücklein Brot, jeder in Treue erteilte gute Rat soll aus der Liebe zum Herrn quillen. In jedem Hilfsbedürftigen, und wenn er dein Todfeind wäre, soll dein Herr Christus vor dir stehen. Er will dir deinen Feind verklären, dass du ihn nicht mehr siehst, sondern in ihm den, der aus Liebe für dich gestorben ist, also dass du dem, welchem du gar nicht helfen möchtest, um seinetwillen von Herzen gern hilfst. So kann aber das Herz nur bestellt sein, wenn es von der innigsten Liebe zum Heilande brennt. Brennen kann es nur von dieser Liebe, wenn es sich in ihn gesenkt hat. Demnach kannst du dem Gerichte nur entgehen durch den Glauben an den Herrn, der Sünde vergibt, der vom Tode errettet. Israel hatte Freistätten diesseits und jenseits des Jordans. In Christo haben wir eine Freistatt diesseits und jenseits des Todes. In Israel flohen die Verfolgten in den Tempel und erfassten dort die Hörner des Altars. Wo ist der Altar, dessen Hörner du erfassen kannst, an dem du Gnade findest? Gott hat Christum vorgestellt zu einem Gnadenstuhl durch den Glauben in seinem Blut. Fliehe ja nicht in deine eigene Gerechtigkeit. Fliehe in das Verdienst Jesu Christi! Vor Gott ist keine Flucht als nur zu ihm. Wenn das Kind dem Vater ans Herz sinkt, kann er es nicht schlagen, und wenn er die Hand schon dazu aufgehoben hätte.

Herr, gib uns solchen Glauben und solche Liebe, welche die Verheißung deiner Belohnung haben. Erfülle damit unsere Herzen so sehr, dass keine Anfechtung und kein Ärgernis seitens der Welt sie uns nehmen könne. Lass auch heute in unserm ganzen Verhalten gegen den Nächsten uns treu bleiben deinem heiligen Vorbilde, damit wir dir immer ähnlicher werden, und du dereinst dein Bild in uns findest. Amen. (Friedrich Ahlfeld)